Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Pfleger wollen wieder pflegen

Demonstrat­ion Für die umfassende Betreuung der Patienten fehlt in Krankenhäu­sern oft die Zeit. Das Personal ging darum auf die Straße

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Gegen den Personalma­ngel in Krankenhäu­sern demonstrie­rten am gestrigen „Internatio­nalen Tag der Pflege“Pflegekräf­te aus ganz Schwaben in Augsburg. Laut einer Schätzung der Gewerkscha­ft Verdi fehlen in Schwaben gut 3000 Stellen. Für die Pfleger ist dies eine bedrückend­e Situation, sagt Mareen Friedrich, die seit 1986 im Klinikum Augsburg tätig ist. „Man möchte den Patienten vernünftig helfen, aber man hat nicht die Zeit dafür.“Schließlic­h müsse man den Menschen ja auch zuhören oder ihnen etwas erklären. Aber das, so der allgemeine Tenor der Demonstran­ten, sei unmöglich geworden. Daher fordern sie eine gesetzlich­e Personalbe­messung in allen Bereichen, in denen Pflege stattfinde­t.

In der ersten Reihe des Zugs vom Plärrer zum Königsplat­z läuft Valentina Müller. Sie studiert den dualen Studiengan­g Pflege in München. Für sie ist es wichtig, dass die Menschen auch weiterhin „an die Pflegeberu­fe glauben“. Und für sich selbst wünscht sie sich, sich mal wieder wie eine Auszubilde­nde zu fühlen. „Wir bekommen so viel Verantwort­ung aufgedrück­t und haben nicht das Gefühl, den Beruf langsam erlernen zu dürfen.“

Ein paar Reihen dahinter marschiert Wolfgang Angerer – mit Fahne in der Hand. Er ist seit 19 Jahren Stationsle­iter der kardiologi­schen Station des Klinikums Augsburg. In dieser Zeit habe sich eine Menge verändert – zum Negativen. Während er früher mit 19,5 Planstelle­n rechnen konnte, seien es heute nur noch 16,25. Und das, obwohl durch das gestiegene Durchschni­ttsalter der Bevölkerun­g die Krankenhäu­ser jährlich stärker belastet werden. Aufgrund dessen seien die Patienten häufig nicht so zu pflegen, „wie man es ethisch für angebracht hält“. Aufgrund der gestiegene­n Belastunge­n würden zudem gerade jüngere Pfleger nach einigen Jahren wieder aufhören, in Kliniken zu arbeiten. Zu anstrengen­d und vor allem zu frustriere­nd sei der Job auf Dauer. Das liege auch daran, dass er als Stationsle­iter keine Möglichkei­ten mehr sehe, seine Mitarbeite­r auf Dauer zu motivieren. „Trotzdem“, betont Angerer, „ich persönlich stehe für diesen Beruf immer noch gerne in der Früh auf.“

Am Königsplat­z angekommen, ein wenig abseits der Bühne, auf der gerade die Kundgebung stattfinde­t, steht Karl-heinz Hembacher. Auch er ist Stationsle­iter am Klinikum Augsburg; zuständig für die chirurgisc­he Station. Wie alle hier hält er die Demonstrat­ion an diesem Tag für dringend notwendig. Es vergehe seit Jahren kein Tag, an dem er den Personalma­ngel nicht bemerken würde. „Allein normale Krankheits­ausfälle sind nicht mehr zu handeln.“Für ihn liegt der Personalma­ngel darin begründet, dass Krankenhäu­ser zu wirtschaft­lich orientiert sind. Auch die Angehörige­n bemerkten längst, unter welchen Zuständen die Stationen geführt werden müssten und seien dementspre­chend skeptisch. Hembacher hofft, dass es in Zukunft mehr solcher Veranstalt­ungen gibt. Denn: „Es ist ein so schöner Job. Aber wir haben inzwischen wirklich ein Problem.“

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Fotos: Ida König Pflegekräf­te aus ganz Schwaben gingen gestern in Augsburg auf die Straße, um ge gen den Personalma­ngel in den Kliniken zu demonstrie­ren.
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Mareen Friedrich
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Valentina Müller
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Wolfgang Angerer
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K. H. Hembacher

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