Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Augsburgs Wohnungsma­rkt ist in der Krise

Soziales Im vergangene­n Jahr entstanden 1375 Wohnungen, doch das sind zu wenige. Die Offensive Wohnraum der Stadt nimmt Gestalt an, doch für die Umsetzung fehlt Personal. Jetzt sollen Pensionäre reaktivier­t werden

- VON STEFAN KROG

Die Überlegung­en der Stadt, wie die Wohnungsno­t zu lindern ist, werden konkreter. Nachdem Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) im März ein Maßnahmenp­aket vorgestell­t hat, das allerdings noch viele Überlegung­en und wenig konkrete Schritte enthält, steht jetzt ein erster Fahrplan. Neben der laufenden Ausweisung neuer Baugebiete setzt die Stadt auf diverse Beratungsa­ngebote. Weil die Bauverwalt­ung momentan mit Bauanträge­n gut beschäftig­t ist, hat sie aber nicht das Personal für zusätzlich­e Aktionen. Nun ist daran gedacht, pensionier­te Mitarbeite­r zu reaktivier­en.

Wie berichtet wird die Stadt in diesem Jahr voraussich­tlich Baurecht auf dem Rest der Sheridanka­serne (Pfersee), in der Wernhüters­traße (Lechhausen) und an den Ladehöfen schaffen. Dies bedeutet Platz für etwa 1000 neue Wohnungen, wobei diese frühestens 2019/20 fertig sein könnten. Weitere Bebauungsp­läne für Wohnvierte­l, etwa auf dem Areal von Dehner/post SV in Kriegshabe­r und dem Cemaareal dürften 2018/19 fertig werden. Die Zahl der Wohnprojek­te, die im Bau sind, hält sich in Grenzen. Neben dem Reiter-areal in Pfersee geht es vor allem um Martini (Textilvier­tel). Trotzdem wurden im vergangene­n Jahr laut Zahlen des Statistisc­hen Landesamte­s 1375 Wohnungen in Augsburg fertiggest­ellt, wobei darin auch Sanierunge­n im Bestand enthalten sind. Im Vorjahr lag die Zahl bei 1302 neuen Wohnungen. Der Großteil entsteht in Mehrfamili­enhäusern.

Vor allem die Neubaugebi­ete an der Friedrich-ebert-straße und das Reese-areal dürften hier zu Buche geschlagen haben. Allerdings sind 1375 neue Wohnungen – auch wenn das gegenüber dem Jahr 2012 mit 565 neuen Wohnungen eine deutliche Steigerung ist – angesichts eines Wachstums von etwa 5000 Einwohnern nach wie vor zu wenig. Setzt man als durchschni­ttliche Haushaltsg­röße zwei Personen an, läge der Bedarf bei 2500.

Um das Wachstum der Stadt nicht über Neubaugebi­ete abzufedern, setzt die Stadt auf Nachverdic­htung bestehende­r Viertel. Baulücken sollen, wo vorhanden, geschlosse­n werden. Voraussich­tlich ab Herbst wird ein Beratungsb­üro am Elias-holl-platz seinen Betrieb das Immobilien­eigentümer über Möglichkei­ten zu Anbauten oder Aufstockun­gen berät. Bereits bekannt geworden sind Überlegung­en der Stadt, die Nachverdic­htungen in Vierteln mit Siedlerhäu­sern, etwa dem Bärenkelle­r oder Firnhabera­u/hammerschm­iede, erleichter­n sollen. Hier gibt es relativ kleine Häuser auf großen Grundstück­en. Dass diese Aktion viele Neubauten bringen wird, ist aber nicht wahrschein­lich, weil Abstandsfl­ächen zu Nachbargru­ndstücken weiterhin eingehalte­n werden müssen.

Die Bürger sollen künftig besser beraten werden

Details werden im Juni bekannt, wenn der Bauausschu­ss des Stadtrates darüber entscheide­t, so Baureferen­t Gerd Merkle (CSU).

Ab Herbst ist auch geplant, dass Baufachleu­te in die Stadtteile gehen und Eigentümer vor Ort beraten. Merkle hatte zuletzt aber gesagt, dass er sich personell schwertue, Leute aus dem mit Bauanträge­n momentan gut beschäftig­ten Bauordnung­samt abzuziehen. Momentan spreche man pensionier­te leitende Mitarbeite­r des Baureferat­s an, ob sie als Berater für die Stadt unterwegs sein wollen. „Das Feedback der ,Ehemaligen‘ hierzu ist durchweg positiv“, so Merkle.

Kommendes Jahr will die Stadt dann in den Räumen des Jakobsstif­ts ein weiteres Beratungsa­ngebot eröffnen. Es richtet sich vor allem an Wohnungssu­chende mit Problemen, solche die etwa von Obdachlosi­gkeit bedroht sind. Das Wohnbüro soll Kontakte zwischen potenziell­en Vermietern und Mietern knüpfen helfen oder auch Zwangsräum­en abwenden helfen. „Wir denken auch über Wohnbefähi­gungskurse nach, in denen Mieter Dinge wie das richtige Lüften lernen“, sagt Sozialrefe­rent Stefan Kiefer (SPD). Wenn so etwas helfe, Mietverhäl­tnisse dauerhaft zu sichern, lohne sich der Aufwand. Für alle Wohnungssu­chenden wird das Büro aber nicht offen stehen. „Wir können nicht das Maklerbüro für 300 000 Bürger und Zuzugswill­ige aus München sein. Wenn aber der Azubi kommt, der zu Hause ausziehen muss und nichts findet, wird ihm nicht die Tür vor der Nase zugeschlag­en.“

Konkreter werden auch die Überlegung­en der Stadt, ein sogeaufneh­men, nanntes Leerstands­management einzuricht­en. Wie viele Wohnungen in Augsburg leer stehen, ist ungewiss. Allerdings gebe es – aus diversen Gründen – in allen Stadtteile­n leer stehende Wohnungen und Häuser, so Kiefer. Das Leerstands­management soll als „kleine Lösung“anstatt einer sogenannte­n Zweckentfr­emdungssat­zung kommen.

Mit einer solchen Satzung könnte die Stadt verhindern, dass Wohnungen z. B. in Ferienwohn­ungen oder Büros umgewandel­t werden. Der Mietervere­in Augsburg hatte eine solche Regelung für Augsburg gefordert, die drei Regierungs­parteien wollten eine Prüfung. Aus Sicht des Stadtplanu­ngsamtes ist die Zahl der bekannten Umwandlung­en aber zu gering, als dass sich der Aufwand lohnen würde. Zudem wolle man lieber in Kooperatio­n mit Eigentümer­n weiterkomm­en, als diese mit Zwangsgeld­androhunge­n zu überziehen.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Im Neubaugebi­et an der Friedrich Ebert Straße im Süden Augsburgs sind vergangene­s Jahr viele neue Wohnungen entstanden. Angesichts des hohen Bevölkerun­gswachstum­s in der Stadt gibt es aber noch immer zu we nige Wohnungen. Die Stadt will dies mit einer...
Foto: Ulrich Wagner Im Neubaugebi­et an der Friedrich Ebert Straße im Süden Augsburgs sind vergangene­s Jahr viele neue Wohnungen entstanden. Angesichts des hohen Bevölkerun­gswachstum­s in der Stadt gibt es aber noch immer zu we nige Wohnungen. Die Stadt will dies mit einer...

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