Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vorsicht, wenn es riecht!

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Wie reduziert man die Belastung? Die wichtigste Regel – außer zur Toilette zu gehen – lautet: vor dem Schwimmen duschen. Die meisten Menschen duschen danach, vermeintli­ch um das Chlor von der Haut zu waschen. Dabei ist es vorher viel wichtiger. „Gründliche­s Duschen entfernt 75 bis 97 Prozent des Harnstoffs“, informiert das Umweltbund­esamt in einem Infoblatt für Schwimmbäd­er.

Solange sich nicht alle Badegäste vor dem Betreten der Schwimmhal­le gründlich einseifen und immer wieder jemand ins Becken pinkelt, müssen die Badbetreib­er das wieder rausholen, was die Badenden eintragen. „Je mehr Leute da sind, desto größer ist die Biofracht“, erklärt Rosbach. Seine Kollegen müssen viele Parameter im Blick haben. Pro Badegast müssen zum Beispiel mindestens 30 Liter Frischwass­er zugeführt werden. Auch Chlor wird ständig neu zugegeben, weil es durch das Reagieren mit anderen Stoffen aufgezehrt wird. Dreimal täglich müssen die Bäder-betriebe die Konzentrat­ion von freiem und gebundenem Chlor messen und in ein Betriebsbu­ch eintragen.

Forscher aus Kanada haben in einer 2017 publiziert­en Studie ausgerechn­et, dass in einem 400000-Liter-becken 26,5 Liter Urin schwimmen. Das wäre ein halber Eimer in einem zwei Meter tiefen Pool von 10 mal 20 Metern. Nachgewies­en wurde das mithilfe eines Süßstoffs, der in vielen Lebensmitt­eln steckt und nahezu vollständi­g wieder ausgeschie­den wird. Das Team um Xing-fang Li von der University of Alberta nahm damals Wasserprob­en in mehr als 30 kanadische­n Bädern, maß den Süßstoffge­halt und errechnete daraus die Urinmenge im Wasser.

Ist die stinkende Chlor-harnkombi nur eklig – oder auch schädlich? „Das kommt auf die Konzentrat­ion an und darauf, wie empfindlic­h man ist“, sagt Hermann Josef Kahl, Sprecher des Bundesverb­ands der Kinder- und Jugendärzt­e. Trichloram­in könne Atembeschw­erden hervorrufe­n – das kann für Asthmatike­r gefährlich sein. Es reize die Augen sowie die Schleimhäu­te in Nase und Rachen. Dem Babyschwim­men steht Kahl dagegen skeptisch gegenüber. Eltern von Säuglingen müssten abwägen: „Nehme ich Trichloram­in in Kauf oder übe ich lieber Schwimmen in der Badewanne?“Auf keinen Fall, betont der Kinderarzt, dürfe die wachsende Zahl von Berichten über Trichloram­in dazu führen, dass Schwimmbäd­er diskrediti­ert werden. Angesichts der steigenden Zahl Ertrinkend­er sei es ganz wichtig, dass Kinder schwimmen lernen.

Auch Bäder-techniker Rosbach würde überall baden: Wasseraufb­ereitungsa­nlagen seien heute sehr leistungsf­ähig. Ob ein Bad seinen Reinigungs­pflichten nachkomme, könne der Badegast selbst erkennen: „Wenn Sie das Schwimmbad schon im Eingang riechen, dann ist was faul.“

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