Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der VFB firmiert bald unter einer anderen Flagge
Bundesliga Die Profiabteilung der Stuttgarter soll in eine AG ausgegliedert werden. Was ein Experte dazu sagt
Der VFB Stuttgart will seine Lizenzspielerabteilung am 1. Juni in Form einer Aktiengesellschaft ausgliedern. Stimmt es, dass dieser Schritt nur dann erfolgt, wenn der VFB in die Bundesliga aufsteigt? Dehesselles: Nein, das stimmt so nicht. Über die Ausgliederung wird in jedem Fall bei der Mitgliederversammlung abgestimmt.
Was versprechen sich Klubs im Allgemeinen von einer Ausgliederung? Dehesselles: Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt rechtliche, steuerliche, bilanzielle und strategische Gründe. Ein Hauptargument ist aber einfach: Nur wenn man eine Kapitalgesellschaft ist, kann man Kapitalanteile verkaufen. Dehesselles: Daimler hat zugesagt, im Falle des Bundesliga-aufstiegs für 11,75 Prozent der Anteile 41,5 Millionen Euro plus Sponsoring-erhöhung zu investieren. Klubs wie Hoffenheim oder Leipzig haben es auch nur mit einer Finanzspritze geschafft, nach oben zu kommen. Oder auch, um einen Bogen zum örtlichen Fußballklub zu schlagen. Den Bundesligisten FC Augsburg gäbe es nicht ohne die Anschubfinanzierung von Walther Seinsch.
Gibt es keine anderen Möglichkeiten, um an mehr Geld zu kommen? Dehesselles: Die Dinge, die ein Klub selbst beeinflussen kann, wie zum Beispiel Vermarktung und Ticketing, sind bei den meisten Klubs ausgereizt. Das Fernsehgeld wird nach Tabellenplatz verteilt, stärkt also die sportlich Erfolgreichen weiter. Um den Sprung nach oben zu schaffen, braucht man Geld von außen.
Warum will der VFB die Lizenzspielerabteilung in eine Aktiengesellschaft ausgliedern? Dehesselles: Weil das Aktienrecht klare Regeln bezüglich der Führung und Verwaltung vorschreibt. Das erleichtert das Tagesgeschäft ungemein.
War Sonntag & Partner eigentlich auch beim FCA beratend tätig? Dehesselles: Dazu darf ich mich Anwalt nicht äußern. als
Der FCA hat die Rechtsform der Gmbh&co KGAA gewählt. Was ist da anders? Dehesselles: Diese Rechtsform ist eine deutsche Besonderheit und mit ihren vielen Organen und Kompetenzzuweisungen sehr komplex, was insbesondere in Krisenzeiten zutage tritt. Führung und Verwaltung (durch die Gmbh) und das Vermögen (in der KGAA) sind auf zwei Rechtsträger aufgeteilt.
Walther Seinsch und jetzt auch Klaus Hofmann hatten und haben beim Verein (als Vorstandsvorsitzender) das Sagen und waren/sind zugleich Kapitalgeber. Ein Problem? Dehesselles: Bisher offenkundig nicht. Und mit ihren Mitteln arbeiten sie beim FCA ja ausgesprochen erfolgreich. Der Etat, wenn man den Medien Glauben schenken darf, ist ja im unteren Drittel der Liga, und die ganzen Jahre über haben sie ja sportlich gut abgeschnitten, auch wenn es in dieser Saison etwas eng ist. Wird es Hofmann FCA hat? Dehesselles: Auch da gilt, wenn Herr Hofmann, aus welchen Gründen auch immer, keine Neigung mehr hat, sich zu engagieren, dann muss er einen Käufer für seine Anteile finden, und der bestimmt den Preis. Aber das eingezahlte Kapital bleibt der Gesellschaft erhalten. problematisch, wenn Herr keine Lust mehr auf den
Die Fans haben große Angst, dass die Investoren zu viel Macht in den Klubs bekommen, wenn die 50+1-Klausel fällt. Die Deutsche Fußball Liga schließt damit bisher eine mehrheitliche Beteiligung von Investoren an Klubs bislang aus. Ist die Angst der Fans begründet? Dehesselles: Sie ist nachvollziehbar. Aber trotzdem muss das nichts grundsätzlich Schlechtes sein. Im Moment wählt die Mitgliederversammlung ein Präsidium, das alles beherrscht. Wenn die 50+1-Regelung fiele und Investoren Mehrheiten erwerben würden, läge die Entscheidung bei den Investoren, wer das operative Geschäft führt und verantwortet. Aber es ist ja kein Klub verpflichtet, Mehrheiten abzugeben. Kein Klub muss, wenn 50+1 fällt, Investoren zulassen oder ihnen Mehrheiten verschaffen. Das hat jeder selbst in der eigenen Hand. Ganz viele Klubs, wie der FC Bayern oder der Hamburger SV, haben es ja in ihrer Vereinssatzung stehen, dass sie über die Schwelle hinaus keine Anteile verkaufen dürfen. Das bleibt eine autonome Entscheidung des Klubs.
Ist RB Leipzig aus Ihrer Sicht ein positives Beispiel für ein Investoren-engagement? Das Projekt ist ja sehr umstritten. Dehesselles: Sportlich haben mit ihrem Etat gewirtschaftet. allemal. Sie sehr erfolgreich
Können sich Vereine wie zum Beispiel der SC Freiburg auf die Dauer noch in der Bundesliga halten? Dehesselles: Freiburg hat in dieser Saison ja bewiesen, dass es möglich ist. Aber der Grundsatz, dass mehr Geld im Wettbewerb hilft, den kann man nicht ernsthaft in Abrede stellen.
Dr. Thomas Dehesselles, 49, ist Fachanwalt für Steuerrecht in der Augsburger Kanzlei Sonntag & Partner. Er selbst lebt in Frankfurt. Er gilt als einer der versiertesten Experten für das Vereins- und Verbandsrecht sowie für die Rechnungslegung und Lizenzierung von Sportvereinen. Dehesselles hat eine Vielzahl von Klubs bei Umstrukturierungen begleitet und berät derzeit den VFB Stuttgart bei der Ausgliederung seiner Lizenzspielerabteilung.