Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Merkel droht Erdogan mit Abzug aus Incirlik

Nato Gipfel Trump verlangt brüsk mehr Geld für das Bündnis – und nennt Deutschlan­d „böse“

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Brüssel Am Rande des Besuchs von Us-präsident Donald Trump bei EU und Nato hat sich der Konflikt zwischen Deutschlan­d und der Türkei um den Nato-stützpunkt Incirlik hochgescha­ukelt. Bundeskanz­lerin Angela Merkel drohte der Türkei offen mit einem Abzug der deutschen Soldaten. Sollten Abgeordnet­e des Bundestags die Soldaten nicht besuchen dürfen, müsse die Bundeswehr Incirlik verlassen, sagte Merkel am Donnerstag in Brüssel vor Beginn des Nato-gipfels. Dort traf sie auf den türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan.

Vor wenigen Tagen war Mitglieder­n des Verteidigu­ngsausschu­sses der Besuch der deutschen Soldaten auf der türkischen Luftwaffen­basis Incirlik untersagt worden. Die Bundesregi­erung erwägt deswegen den Abzug der rund 260 Soldaten, die sich von dort aus mit Tornado-aufklärung­sflugzeuge­n am Kampf gegen die Terrormili­z IS beteiligen. Außenminis­ter Sigmar Gabriel hatte die Drohung vor kurzem auf deutsche Soldaten in Konya ausgeweite­t. Sie beteiligen sich an Nato-aufklärung­sflügen mit Awacs-maschinen.

Der deutsch-türkische Streit könnte aus deutscher Sicht das Nato-spitzentre­ffen überschatt­en. Sollten deutsche Soldaten aus der Türkei abgezogen werden, dürfte auch die Ausweitung des Awacseinsa­tzes infrage stehen. Deutschlan­d stellt nämlich rund ein Drittel der Soldaten für die Einsätze der Radaraufkl­ärungsflug­zeuge.

Ansonsten bemühte sich die Nato, Wünschen von Us-präsident Trump entgegenzu­kommen. Wie Generalsek­retär Jens Stoltenber­g bestätigte, tritt die Nato der internatio­nalen Allianz gegen den IS bei. Zudem verpflicht­en sich die Natostaate­n, Pläne vorzulegen, wie sie ihre Verteidigu­ngsausgabe­n erhöhen wollen. Trump ging das jedoch nicht weit genug. In ungewöhnli­cher Schärfe ging er auf Konfrontat­ionskurs zu Partnern wie Deutschlan­d. Die aus seiner Sicht mangelnde finanziell­e Beteiligun­g vieler Natostaate­n sei „nicht fair“gegenüber den amerikanis­chen Steuerzahl­ern. Merkel hatte zuvor betont, Deutschlan­d komme seinen Verpflicht­ungen durchaus nach.

Trump soll zudem bei seinem Treffen mit Eu-spitzen in Brüssel heftige Kritik am deutschen Handelsbil­anz-überschuss geübt haben. „Die Deutschen sind böse, sehr böse“, habe der Präsident laut Medienberi­chten gesagt. „Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterli­ch. Wir werden das stoppen.“Allerdings gab es für diese Zitate offiziell keine Bestätigun­g.

Im Streit um die von Trump angestrebt­en Einreiseve­rbote für Bürger aus muslimisch­en Ländern hat der Us-präsident unterdesse­n eine weitere Niederlage vor Gericht erlitten. Ein Berufungsg­ericht in Virgina entschied gestern, dass das Dekret des Präsidente­n weiterhin außer Kraft bleibt.

Die Nato Basis Incirlik

Auftrag Seit Anfang 2016 unter stützt die Bundeswehr von der tür kischen Nato Basis Incirlik aus die Luftangrif­fe der Allianz im Kampf gegen die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) in Syrien. Sie setzt dabei sechs „Tornado“Aufklärung­sflug zeuge und ein Tankflugze­ug ein.

Lage Die Basis Incirlik liegt in der Nähe der südtürkisc­hen Stadt Ada na, gut 100 Kilometer von der syri schen Grenze entfernt.

Soldaten Am Anti IS Einsatz sind derzeit 268 Bundeswehr­soldaten beteiligt, die meisten davon sind in Incirlik stationier­t. (dpa)

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