Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Gespräch mit dem Publikum
NVON RICHARD MAYR eulich blieb nach dem Theaterbesuch noch etwas Zeit. Weil hinterher ein Publikumsgespräch angesetzt war, bin ich einfach sitzen geblieben. Und ja, dieses Gespräch war so, wie so viele Publikumsgespräche sind: Genau das Gegenteil von dem, was zuvor auf der Bühne zu sehen war. Im Theaterstück wird an jedem Wort gearbeitet, wird bei jedem Satz vorher überlegt, ob er wichtig ist, ob er zum Stück beiträgt, ob er stehenbleiben kann. Da begegnet dem Zuschauer Sprache in ihrer verdichteten Form. Und alles dreht sich im besten Fall auch um einen Inhalt, der auch das komplette Publikum angeht.
Im Stück ging es um die Religion, um das Christentum, um den Islam. Und ja, es hätte vielleicht auch Gesprächsbedarf gegeben. Welcher Blick auf das Christentum und den Islam wird da geworfen? Wie viel Klischee, wie viel Stammtisch, wie viel Wirklichkeit war da drin? Aber dafür wäre auch Zeit zum Nachdenken nötig gewesen. So direkt nach dem Sehen liegen die Eindrücke des Abends noch ungeordnet und unreflektiert nebeneinander. Leider trifft man sich zum Gespräch nicht erst einen Tag später, sondern gleich im Anschluss. Was zur Folge hat, dass dieses Gespräch wie so viele Publikumsgespräche verläuft. Die Regisseurin möchte gar nichts sagen, sondern Reaktionen vom Publikum hören. Die Zuschauer antworten: spontan, ungefiltert und sehr persönlich.
War vorher im Stück alles Präzision, alles darauf ausgelegt, möglichst dicht zu sein, ist jetzt alles Zufall. Ein guter Gedanke wird durch zu viele Sätze gleich wieder zugeschüttet, eine Alltäglichkeit über Gebühr ausgebreitet. So gut und so löblich die Idee des Publikumsgesprächs auch ist, so schwierig ist es, Gespräche in so einer großer Runde zu führen, die auf dem Niveau des Theaterabends bleiben.