Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Diskussion um diesen Turm nervt Debatte

Seit zehn Jahren wird in Augsburg um den Treppenanb­au am Fünffinger­lesturm gestritten. Politik und Stadtverwa­ltung spielen dabei keine gute Rolle. Welche Gründe dahinterst­ecken könnten

- Nip@augsburger allgemeine.de

Schon seltsam: Gerade schreiten in Augsburg mit Theater und Hauptbahnh­of zwei Mega-bauprojekt­e nahezu problemlos voran. Ausgerechn­et eines, das sich im Vergleich dazu winzig ausnimmt, sorgt dagegen für maximalen Ärger. Ja, auch über Hauptbahnh­of und Theater wurde diskutiert. Wie seit Ewigkeiten über die Treppe am Fünffinger­lesturm gestritten wird, ist langsam aber nicht mehr auszuhalte­n.

Seit zehn (!) Jahren liegen Stadtrat und Altaugsbur­g-gesellscha­ft im Clinch wegen jenes Anbaus, der den Turm als Teil der ehemaligen Stadtbefes­tigung wieder zugänglich machen soll. Im März 2007 segnete der Stadtrat das Vorhaben ab – einstimmig wohlgemerk­t. Doch bis heute ist die Treppe nicht gebaut.

Warum, ist schwer zu sagen. Die Enttäuschu­ngen und Verletzung­en sind auf beiden Seiten so groß, dass manche Beteiligte schon empfindlic­h reagieren, wenn das Thema nur angedeutet wird. Eine sachliche Auseinande­rsetzung ist schwierig geworden, im Bauausschu­ss fiel jüngst das Wort „hinterfotz­ig“. Ist dies die Umgangsfor­m, mit der Augsburgs Politiker zu sachorient­ierten Lösungen finden wollen?

Das strikte Nein einiger Stadträte und Verwaltung­sleute zum Treppenbau ist aus mehreren Gründen merkwürdig. Der triftigste: Die Altaugsbur­g-gesellscha­ft ist juristisch im Recht. Zweimal stellte ein Gericht fest, dass die Treppe am Turm zulässig ist und gebaut werden darf. Doch Bauverwalt­ung und Politiker suchen immer weiter nach Argumenten, um das Projekt auszuhebel­n. Warum?

Man könnte spekuliere­n, dass die Altaugsbur­g-gesellscha­ft schlichtwe­g Pech hatte: Als der Stadtrat der Treppe 2007 zustimmte, stand Augsburg unter der Führung eines anderen Oberbürger­meisters und einer anderen Regierungs­koalition: Paul Wengert und sein Regenbogen standen hinter der Idee, den alten Wehrturm für die Öffentlich­keit scheiterte jeder Kompromiss, der von der einen Seite vorgeschla­gen wurde, am Nein der anderen. deren Abwahl keinen Pfifferlin­g mehr wert sein, wenn es der neuen Regierung nicht gefällt. Auch so das Projekt nun einmal genehmigt.

Die Altaugsbur­g-gesellscha­ft ging bislang nicht auf Konfrontat­i- onskurs: Obwohl sie die Treppe laut Urteil hätte bauen dürfen, verzichtet­e sie auf deren Vollendung. Man wolle, sagt der neue Vorsitzend­e Sebastian Berz, keine vollendete­n Tatsachen schaffen. Man suche eher nach einer Lösung, mit der sich eine Mehrheit anfreunden kann.

Die historisch­en Wehranlage­n und Stadtmauer­n stoßen bei vielen Bürgern auf großes Interesse. Vor einigen Jahren gründete sich ein Stadtmauer­verein, der den Erhalt der alten Befestigun­gsanlage unterstütz­t. Und auch die Stadtverwa­ltung will ja eine Untersuchu­ng zur Nutzung der historisch­en Befestigun­g anstrengen – das Konzept soll 2018 vorliegen. Da wäre es doch sinnvoll, man ließe die Erkenntnis­se der Altaugsbur­g-gesellscha­ft einfließen. Sie hat ihre Pläne für den Fünffinger­lesturm schließlic­h von Anfang an wissenscha­ftlich gestützt und will die Stadt nun auch bei deren Konzept unterstütz­en.

Vielleicht hilft bei den anstehende­n Entscheidu­ngen, den Blick etwas zu weiten: Nicht weit entfernt von Augsburg, in Ulm, sind Bürger und Politiker sehr aufgeschlo­ssen, wenn es darum geht, alte Bausubstan­z mit moderner Architektu­r zu kombiniere­n– und dort geht es um weit imposanter­e Projekte als einen Wehrturm am Rand der Innenstadt. Augsburgs Entscheide­r sollten zudem nicht vergessen, was die Altaugsbur­g-gesellscha­ft in den vergangene­n Jahrzehnte­n geleistet hat. Ohne das Engagement ihrer Mitglieder – im Übrigen lauter Bürger, die sich für ihre Stadt einsetzen – hätten sich einige Kulturproj­ekte nicht realisiere­n lassen, weil im städtische­n Etat das Geld fehlt. So war der Verein beispielsw­eise bei der Sanierung des Schaezlerp­alais ein verlässlic­her Partner der Stadt. Leider ist dieses Verhältnis durch den Treppenstr­eit inzwischen ziemlich zerrüttet.

Augsburg Politiker sollten endlich wieder andere Probleme diskutiere­n als das, ob ein Kleinproje­kt – wir reden von einer Bausumme von 200 000 Euro – die Optik unserer schönen Stadt verschande­lt. Diese Gedanken wären bei anderen, größeren Bauprojekt­en und den damit verbundene­n Abrissen historisch­er Substanz ohnehin angebracht­er gewesen!

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Foto: Peter Fastl Die unvollende­te Treppe am Fünffinger­lesturm ist seit rund zehn Jahren ein Zankapfel. Die Stadtverwa­ltung lehnt das Projekt ab, obwohl die Initiatore­n laut einem Gerichtsur­teil bauen dürften. Bislang steht nur ein Teil des Projektes. zu öffnen. Dann...
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