Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie ein Museum ohne Originale erfolgreich sein kann
Ausstellungen Jedes Jahr besuchen rund 20 000 Menschen das Fugger-und-welser-erlebnismuseum. Es hat fast keine historischen Stücke. Dafür soll Geschichte lebendig werden, zum Beispiel mit einem neuen Kartentisch
Einmal im Jahr, wenn das Fuggerund-welser-erlebnismuseum nachts seine Pforten öffnet, wird hier die Geschichte lebendig. Dann steigen historische Persönlichkeiten wie Jakob Fugger, Bartholomäus V. Welser oder Kaiser Maximilian I. aus den „magischen Bilderrahmen“in den Ausstellungssälen und wandeln leibhaftig zwischen den Zuschauern. Unter dem Titel „Luther und die verdammte Fuckerei“konnten die Besucher in einem umfangreichen Programm in das Zeitalter der Reformation eintauchen. Unter anderem wurden sie live – dargestellt von den Mitgliedern des Vereins „Augsburger Patrizier – Tanz und Geschichte“Zeugen des Streitgesprächs zwischen Luther und Cajetan, und erfuhren, was Luther mit seinem Angriff auf die „verdammte Fuckerei“meinte. Da- konnten sie Musik und Tänze der Renaissance erleben und kulinarische Schmankerl aus der Renaissance probieren.
„Solche Sonderprogramme sind ein wichtiger Teil des Erfolgskon- zeptes des Fugger-und-welser-erlebnismuseums“, sagt Regio Augsburg Chef Götz Beck. Seit gut zwei Jahren gibt es das Museum in Augsburg, das laut Beck eine Lücke im touristischen Angebot der Stadt geneben schlossen hat. „Die Fugger und die Welser sind das wichtigste kulturtouristische Thema für Augsburg – doch bisher wurde noch nirgends erzählt, wie diese Familien eine so große Bedeutung bekommen konnten“, sagt der Tourismuschef.
Das Konzept des Museums, das weitgehend auf originale Ausstellungsstücke verzichtet und statt dessen mit Filmen, Tonstücken und Projektionen arbeitet, komme bei den Besuchern gut an. Rund 20000 Menschen besuchen jedes Jahr die Ausstellung. Eine gute Zahl, wenn man bedenke, dass das Haus abseits der üblichen touristischen Sehenswürdigkeiten im Domviertel liegt, so Beck. Doch ebenso wichtig wie die Besucherzahlen sei die überregionale Wirkung, die das Museum erziele. „Die Besucher sind außergewöhnlich zufrieden“, sagt Beck und verweist auf das Gästebuch, das viele lobende Einträge aufweist. Auch auf Internetplattformen wie Tripadvisor bekommt das Fuggerund-welser-erlebnismuseum sehr gute Kritiken.
„In der heutigen Zeit reicht es nicht mehr, wenn ein Museum tolle Exponate hat“, so Beck. Man müsse mit den Inhalten eine Geschichte erzählen, die die Menschen animiere, sie über die sozialen Medien zu teilen. Das komme dann dem Tourismus in der ganzen Stadt zugute. „Heute sind wir bei der Regio nicht mehr Verkäufer einer Stadt, sondern Kuratoren von Themen, die sich über die sozialen Netzwerke verbreiten“, erklärt er.
Das Fugger-und-welser-erlebnismuseum sei breit aufgestellt und wende sich an Familien und Schulklassen ebenso wie an Städtetouristen. Das Erfolgsgeheimnis sei, gerade die junge Handy- und Laptopgeneration mit modernen Medien mit ins Boot zu nehmen. Die ältere Generation erfreue sich an den guten Geschichten und an Aktionen wie der Museumsnacht. Das Konzept des Museums werde ständig erweitert und fortgeschrieben, so Beck. Der jüngste Neuzugang ist ein multimedialer Kartentisch.
In dem Raum, der dem Deck eines historischen Segelschiffes nachempfunden ist, können die Besucher nun erleben, wie die Seefahrer zu Zeiten der Fugger und Welser über die Meere kamen – und wie heute navigiert wird. Wird eine der vier Karten auf den Tisch gelegt, startet automatisch ein entsprechender Film.
In seiner Kritik an den Fuggern ging es Martin Luther um die Rolle des Augsburger Handelshauses, das unter anderem mit seinem weitreichenden Netzwerk den Ablasshandel für die katholische Kirche organisierte und dem Reformator deshalb nicht geheuer war.