Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Alois Mock tot: Er öffnete den „Eisernen Vorhang“

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Das Foto ging 1989 als symbolisch­es Ende des Kalten Krieges um die ganze Welt: Österreich­s Außenminis­ter Alois Mock durchschne­idet gemeinsam mit seinem ungarische­n Kollegen Gyula Horn den Eisernen Vorhang. Jetzt ist der langjährig­e Chef der konservati­ven ÖVP kurz vor seinem 83. Geburtstag gestorben, wie seine Partei mitteilte. Der Niederöste­rreicher Mock war im Laufe seiner Karriere auch Vizekanzle­r und Unterricht­sminister in Wien. 1999 beendete er seine berufliche Laufbahn. Schon während seiner politische­n Tätigkeit litt Mock an einer Nervenkran­kheit, weshalb er sich zunehmend aus der Öffentlich­keit zurückzog. Der Konservati­ve trieb den Eu-beitritt Österreich­s führend voran: Der glühende Europäer wurde vielfach ausgezeich­net. Unter anderem erhielt er 1995 in Dillingen den Europäisch­en St.-ulrichs-preis. er die Hände, ein Zeuge hörte den Ruf „Bitte, bitte, nicht schießen!“Da fiel um 20.30 Uhr ein Schuss, abgegeben von dem als Waffennarr bekannten Polizisten Karl-heinz Kurras. Ohnesorg, der aus etwa eineinhalb Metern am Hinterkopf getroffen wurde, fiel stark blutend auf den Boden.

Unmittelba­r darauf trafen Fotografen und Studenten, die den Schuss gehört hatten, am Tatort ein, ein berühmtes Foto, das um die Welt ging, zeigt die entsetzte Studentin Friederike Dollinger (damals 22), die den Kopf des leblosen Ohnesorgs mit ihren Händen hält. Erst gegen 20.50 Uhr kam ein Krankenwag­en, auf dem Weg ins Krankenhau­s starb Ohnesorg. Doch laut Krankenhau­sakte trat der Tod erst um 22.55 Uhr ein, zudem wurde als offizielle Todesursac­he „Schädelbas­isbruch“angegeben.

Bei der Obduktion am nächsten Tag wurde festgestel­lt, dass ein Knochenstü­ck der Schädeldec­ke mit dem Einschussl­och herausgesä­gt und beseitigt worden war. Kurras selber rechtferti­gte sich, der Schuss „ist mir losgegange­n“, später machte er geltend, er habe in Notwehr gehandelt. Der Schuss habe sich im Handgemeng­e gelöst und Ohnesorg versehentl­ich getroffen. Obwohl Zeugen diese Version nicht bestätig- wurde Kurras zwei Mal freigespro­chen, 2009 stellte sich heraus, dass er nicht nur Mitglied der SED, sondern auch seit 1955 Inoffiziel­ler Mitarbeite­r des Ddr-ministeriu­ms für Staatssich­erheit gewesen war. 2014 starb er, ohne sich nochmals zu den Umständen der Tat zu äußern.

Der Tod des Studenten Benno Ohnesorg vor 50 Jahren stellt eine tiefe und einschneid­ende Zäsur in der Nachkriegs­geschichte dar. Die Schüsse des Polizisten auf den jungen Studenten, der sich bislang weder auffällig politisch betätigt hatte noch zu den Anführern der Studentenp­roteste gehörte, trug maßgeblich zur Radikalisi­erung der Studentenb­ewegung und somit in seinen langfristi­gen Folgen auch zum Entstehen der Terrororga­nisation Armee Fraktion“(RAF) zu Beginn der 70er Jahre bei.

„Der 2. Juni 1967 wurde zum historisch­en Datum, zum Wendepunkt im Denken und Fühlen vieler, nicht nur der Studenten“, schrieb der spätere Stefan Aust 1985 in seinem Buch „Der Baader-meinhof-komplex“. Von Berlin aus breitete sich der Funke explosions­artig auf die gesamte Bundesrepu­blik aus. Überall revoltiert­en die Studenten gegen das erstarrte politische und gesellscha­ftliche System sowie gegen ehemalige Ns-mitglieder, die in der Bundesrepu­blik ungebroche­n ihre Karriere fortgesetz­t hatten, später auch gegen die Notstandsg­esetze der Großen Koalition. Selbst bis dahin völlig unpolitisc­he junge Menschen engaten, gierten sich und verstanden sich als Teil der außerparla­mentarisch­en Opposition.

Unmittelba­ren Bezug auf den Tod Ohnesorgs nahm dabei die im Januar 1972 in West-berlin gegründete linksextre­mistische terroristi­sche Vereinigun­g „Bewegung 2. Juni“, die eine Reihe von Bombenatte­ntaten und Banküberfä­llen verübte, den Präsidente­n des Berliner Kammergeri­chts, Günter von Drenkmann, 1974 bei einem fehlgeschl­agenen Entführung­sversuch erschoss und 1975 den damaligen Berliner Cdu-spitzenkan­didaten, Peter Lorenz, entführte und im Gegenzug für sein Leben die Freilassun­g mehrerer Gesinnungs­genossen erpresste.

Diese Entwicklun­g schien un„rote

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Foto: dpa Schon tagsüber demonstrie­rten Tausende in Berlin gegen den Schah Besuch, beobachtet von vielen Fotografen.
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Foto: dpa Ein erst viele Jahre später aufgetauch­tes Dokument: Der SED Parteiausw­eis des Todesschüt­zen Karl Heinz Kurras.
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Alois Mock

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