Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Einkaufen ohne Ende
Debatte Die großen Warenhaus-konzerne leiden unter der Konkurrenz des Online-handels. Um mehr zu verkaufen, wollen sie auch sonntags öffnen dürfen. Das gefällt aber nicht allen
Augsburg Vor einem Jahr wurde Stephan Fanderl gefragt, wer eigentlich der größte Konkurrent des Karstadt-konzerns sei: der ewige Rivale Kaufhof, Modeläden wie H&M – oder doch die unzähligen Shops im Internet, in denen die Kunden rund um die Uhr einkaufen können. Die Antwort des Karstadtchefs war wenig überraschend: „Entscheidend ist ganz klar der Online-handel“, sagte Fanderl den Reportern des
Der 53-Jährige, der seine Karriere als Lehrling in den familieneigenen Edeka-filialen in Ingolstadt begonnen hat, ist der Meinung, dass der Innenstadt-handel in Deutschland benachteiligt wird. Denn, so sein Argument, während die Öffnungszeiten der Geschäfte in den Einkaufsstraßen streng begrenzt sind, dürften die Shops der Netzhändler immer verkaufen, 24 Stunden lang, sieben Tage in der Woche.
Karstadt, Kaufhof und andere Warenhaus-konzerne haben deshalb die Initiative „Selbstbestimmter Sonntag“gegründet – und damit die Debatte um das Einkaufen am Sonntag neu entfacht. Ziel der Initiative ist es, Händler selbst entscheiden zu lassen, ob sie ihre Geschäfte sonntags öffnen wollen. Kein Kaufhaus-manager werde an 52 Sonntagen im Jahr aufmachen, betonte Fanderl bei der Vorstellung des Konzepts. Aber es entspricht seiner Ansicht nach weder einem modernen Menschenbild noch der Lebenswirklichkeit, den Menschen vor sich selbst schützen zu wollen.
Glaubt man einer aktuellen Umfrage, dann sieht eine Mehrheit der Deutschen das ähnlich. In einer repräsentativen Emnid-befragung für die sprachen sich 61 Prozent dafür aus, Händlern am Sonntag mehr Flexibilität als bisher zu gewähren. 39 Prozent waren dagegen. Die Handels-initiative erhält aber auch viel Gegenwind – vor allem von der Kirche und den Gewerkschaften. Beide Lager stehen sich fast unversöhnlich gegenüber. Es ist ein Streit, in dem es nicht um ein paar Stunden mehr oder weniger geht, sondern um zwei verschiedene Weltanschauungen. „Mit uns wird es keine Rund-um-die-uhr-gesellschaft geben, wo der Mensch zum Wirtschaftsfaktor wird und jeder Sonntag nur noch ein Werktag ist“, erklärt etwa Erwin Helmer, Leiter der Katholischen Betriebsseelsorge und Mitglied in der „Allianz für den freien Sonntag“, hinter der die Ka-