Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie wir die Schwänzer durchs Dorf jagten Woisch no
Die Schule war für Kinder früher kein Zuckerschlecken und das lag nicht nur am Stock des Hauptlehrers. Silvano Tuiach kam trotzdem durch und wurde Buchdrucker
VON SILVANO TUIACH Strande“kann ich heute noch auswendig. Der Lieblingsgegenstand des Hauptlehrers war sein Rohrstock, und der Schüler, an dem er ihn abschlug, musste am Nachmittag nach Augsburg zum „Mühlpoltner“fahren, um dort einen Neuen (für neue Prügeleien) zu kaufen.
Damals gab es auch noch den Typus des Schulschwänzers, was in einem kleinen Dorf (und sicherlich auch in der Stadt) eine riskante Sache war. Auf Befehl des Hauptlehrers mussten wir Braven den Schulschwänzer einfangen und zum Nachsitzen ins Schulgebäude bringen.
Während der achten Klasse (letztes Schuljahr) kam dann die „Eignungsprüfung“im Arbeitsamt, die Lehrzeit stand vor der Tür. Meine Mutter arbeitete damals als Buchbinderin und meinte: „Bua, mach Buchdrucker, die stehen nur den ganzen Tag vor der Maschine und schauen, wie da die Bogen rauskommen.“Gesagt, getan, aber so einfach gestaltete sich dieser Beruf dann doch nicht. Im September begann die Lehre und um 6.15 Uhr fuhr ich jeden Tag mit der Buslinie 25 zum Oberhauser Bahnhof und stieg dort in die Straßenbahn um, um mein Ziel Haltestelle „Englisches Institut“(heute „Mozarthaus“) zu erreichen.
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre.“Dieses viel zitierte Motto bestimmte jetzt die kommenden Jahre. Ganz zu Ende war ja die Schulzeit noch nicht, denn einmal in der Woche mussten wir in die Berufsschule. Also auf zum „Kö“. Die Haltestelle der 4er befand sich an der Parkseite, an der damals auch noch einige Geschäfte standen. Die immer völlig überfüllte 4er fuhr zur Haunstetter Straße, wo das große, alte Berufsschulgebäude stand. Unser Fachkundelehrer war ein großer Erzähler vom Krieg und seinen Erlebnissen, aber wenigstens verherrlichte er diese Zeit nicht. Die „braven Schüler“(zu denen ich mich zählte) aßen in der Mittagspause ihre Brotzeit und die „Halbstarken“gingen über die Straße zur Gaststätte „Nagelschmiede“und tranken da schon eine „Moß Goiß“. 1970 hängte ich den Beruf an den Nagel und ging auf die Berufsaufbauschule, um dort die mittlere Reife nachzuholen.
Der Autor Silva no Tuiach ist Jahr gang 1950. Er wuchs in Augsburg und Steppach auf, heute lebt er in Neusäß. Der Kabarettist auch als Herr Ranzmayr bekannt, einem „Augschburger“in Reinform. Regelmäßig ist er als solcher bei Hitradio rt1 zu hören. ist