Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wim Wenders fischt Perlen
Interview Der bedeutende Filmregisseur inszeniert mit 71 Jahren seine erste Oper. Hier erklärt er, was er vom Kino und von sich selbst noch lernen kann für die Bühne
Sie führen zum ersten Mal Regie in der Oper. Wie fühlen Sie sich als Neuling in dem Fach? Wim Wenders: „Uffjerecht“, wo das ja nun mal in Berlin stattfindet. Ist ja aufregend, etwas zum ersten Mal zu tun. So viel auf einmal gibt es ja selten zu lernen. Im Film habe ich alles mehr unter Kontrolle. In der Oper ist der Dirigent die ausschlaggebende Person, der Regisseur die zweite Geige. Wir machen gerade die Orchesterproben, und da stelle ich mit Freude fest, wie sehr die Regie der Musik zuarbeitet.
Bizets „Perlenfischer“war die Oper, die Sie je gehört haben? Wenders: Lange Zeit kannte ich sie in der Tat nur vom Hören. Gespielt wird sie ja nicht oft, zu Unrecht. Dann habe ich sie neulich zum ersten Mal gesehen, in einer LiveÜbertragung aus der Met in New York, in einem Multiplex am Alexanderplatz. Danach wusste ich, wie ich die Oper bestimmt nicht machen will. Wenders:
Ich habe neulich überlegt, dass ich mit Menschen gearbeitet habe, die in der Stummfilmzeit ihr Metier gelernt haben. Dazu gehörte zum Beispiel ein Kameramann, Henri Alekan, der in den 20er Jahren bei „Menschen am Sonntag“in Berlin Kameraassistent war! Ich habe mit Schauspielern gearbeitet, die noch mit Fritz Lang gearbeitet haben. So habe ich noch einen Zipfel der Anfangszeit des Kinos mitgekriegt. Lang hätte „Metropolis“sicher gerne in 3D gemacht.
Bizets Oper „Die Perlenfi scher“ist ab 24. Juni im Schiller thea ter Berlin zu sehen.