Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wo neue Bordelle denkbar sind

Rotlicht Die Stadt stellt ihre Pläne zur Steuerung von Neuansiedl­ungen vor – faktisch geht es darin um deren Verhinderu­ng

- VON STEFAN KROG

In Augsburg dürfte es rund 25 Bereiche in Gewerbegeb­ieten geben, in denen eine Ansiedlung von Bordellen weiterhin grundsätzl­ich noch möglich ist. Zu diesem Ergebnis kommt das Prüfraster, mit dem die Stadt Bordellans­iedlungen künftig steuern will. Mit der Idee eines Bordellstr­ukturkonze­pts, das sich umfassend mit der Thematik befasst, ist die Stadt wie berichtet gescheiter­t.

Gestern im Bauausschu­ss sagte Baureferen­t Gerd Merkle (CSU), dass man mit dem beauftragt­en Stadtplanu­ngsbüro „grundlegen­de unterschie­dliche Auffassung­en“gehabt habe. Der Konzeptent­wurf hätte bei Klagen von Bordellbet­reibern zu wenig Handhabe geboten. Das Konzept, für dessen Erstellung federführe­nd das Ordnungsre­ferat zuständig war, kostet die Stadt einen niederen fünfstelli­gen Betrag.

Merkle nahm Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) in Schutz. Man habe in Deutschlan­d Neuland mit einem derartigen Konzept betreten. Allerdings hatte die Stadt vor drei Jahren, als sie ihre Konzept-überlegung­en vor dem Hintergrun­d der Ansiedlung­spläne eines Großbordel­ls mit 47 Zimmern in Lechhausen vorstellte, noch voller Zuversicht auf Freiburg verwiesen. Dort habe man gute Erfahrunge­n gemacht. Baureferat­s-juristin Carolin Rößler-schick sagte auf Nachfrage von Stadtrat Volker Schafitel (FW) gestern aber, dass das Freiburger Konzept den Augsburger­n nach einer Prüfung rechtlich zu unsicher gewesen wäre.

Stattdesse­n will die Stadt – wie bisher auch schon – Bordell-neuansiedl­ungen ausschließ­lich über das Baurecht regeln. Hintergrun­d: Wer ein Bordell zum Beispiel in einer ehemaligen Lagerhalle einrichten will, muss eine Nutzungsän­derung beim Bauordnung­samt beantragen. Nach Möglichkei­t lehnte die Stadt bisher ab und änderte Bebauungsp­läne nachträgli­ch.

Als Ersatz für ein Konzept hat sich die Stadt nun ein fixes Prüfschema gegeben, mit dem sie Anträge auf Bordelle prüft. Im Wesentlich­en wird darin zwar das bisherige Vorgehen zusammenge­fasst, doch Merkle erhofft sich durch das Prüfraster vor Gericht bessere Chancen. „Jetzt sind die Dinge grundlegen­d und fundiert festgelegt.“

Das neue Prüfraster erlaubt Bordelle – wie bisher auch – nur in Gewerbegeb­ieten, allerdings mit etlichen Einschränk­ungen. Es dürfe sich um kein „hochwertig­es Gewerbegeb­iet“wie etwa den Sheridanpa­rk handeln oder um kein Gebiet, in dem vorwiegend produziere­ndes Gewerbe angesiedel­t ist.

Legt man all diese Kriterien an, dann dürfte es in Augsburg noch um die 25 Bereiche geben, in denen Bordelle grundsätzl­ich denkbar sind. In der Sitzung des Bauausschu­sses ließ Merkle für mehrere Sekunden einen Stadtplan mit den Gebieten an die Wand projiziere­n, bevor er wieder ausgeblend­et wurde. Man wolle Bordellbet­reibern keine Tipps geben, so Merkle. Dass Bordellbet­reiber bei einem Antrag in einem der einschlägi­gen Gewerbegeb­iete aber automatisc­h mit einer Genehmigun­g rechnen können, ist auch nicht der Fall. Auch eine Nähe zu Wohnungen, Kitas oder Schulen oder eine Häufung von Bordellen sei ein Ausschluss­kriterium. Letztlich, so Merkle, laufe es auf

In Augsburg arbeiten geschätzt 600 Prostituie­rte. Mehr als 90 Prozent der Frauen kommen laut Polizei aus dem Ausland, die meisten aus Ost europa. Die Frauen wechseln oft die Städte und bleiben meist nur wenige Wochen. Bei der Kripo geht man davon aus, dass viele Frauen nicht selbst ständig arbeiten, sondern von Zuhäl tern kontrollie­rt werden.

In Augsburg arbeiten im Verhältnis zur Einwohnerz­ahl relativ viele Pros tituierte. Es wurde deshalb schon als eine Einzelfall­entscheidu­ng heraus. Abgelehnt wurde in der gestrigen Sitzung ein geplantes Bordell mit Platz für 18 Frauen in Haunstette­n. Begründung: Im dortigen Gewerbegeb­iet gebe es ganz in der Nähe bereits vier Puffs mit 38 Plätzen. Genehmige man das fünfte Etablissem­ent, drohe dem Gewerbegeb­iet der soziale Absturz.

Ist Augsburg wirklich eine „Rotlicht Hauptstadt“?

„Rotlicht Hauptstadt“bezeichnet. Doch das ist vermutlich falsch. Eine Er klärung für das Ergebnis ist, dass die nächsten größeren Städte, in denen Prostituti­on auch erlaubt ist, relativ weit entfernt liegen – somit ist der Ein zugsbereic­h groß.

Es gibt gut ein Dutzend größere Bordelle, die auch genehmigt sind. Schwerpunk­te sind Lechhausen und Oberhausen. Prostituie­rte arbeiten laut Polizei auch in rund 90 meist ille galen Bordellwoh­nungen. (jöh)

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