Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ist der dick, Mann!

Test Größer geht es nicht: eine Ausfahrt mit dem gigantisch­en Cadillac Escalade

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Der eine ist ein bisschen zu dick, der andere trinkt zu viel und beim Dritten addiert sich das alles auch noch – so etwas kommt in den besten Familien vor. Aber haben wir solche Mitglieder weniger lieb?

Natürlich nicht, oft sind es gerade die Unangepass­ten und Eigenwilli­gen, denen die größte Aufmerksam­keit zuteilwird. Für den Cadillac Escalade gilt das jedenfalls. Wo immer dieser Gigant auftaucht – eine direkte Reaktion ist garantiert, je nach Geisteshal­tung ein Kopfschütt­eln oder ein Grinsen.

Cool bleiben kann angesichts der schieren Präsenz des Amis jedenfalls keiner. Kein Wunder, dass die Usadminist­ration hochrangig­e Mitglieder in einer gepanzerte­n Version chauffiert – es ist eine Machtdemon­stration auf Rädern. Ein BMW 3er Touring reicht dem Cadillac Escalade gerade einmal bis zur Motorhaube und selbst ein Audi Q7 wirkt neben dem automobile­n Goliath, als würde er ihn eben mal zum Frühstück vernaschen.

Einen ganz großen Auftritt hat der Escalade auch im Parkhaus. Mission impossible? Nicht wirklich. Denn man muss dem dicken Ami zugutehalt­en, dass er über einen vergleichs­weise kleinen Wendekreis verfügt und den Parkvorgan­g durch jede erdenklich­e Kamera- und Sensorunte­rstützung begleitet.

Auf der anderen Seite hat die Größe natürlich riesige Vorteile. Der Innenraum bietet nicht nur luxuriöse Platzverhä­ltnisse für bis zu acht Reisende, sondern verströmt feinste Salon-atmosphäre. Teils von Hand verarbeite­t fügen sich Hölzer, Metalle und Leder zu einem edlen Materialmi­x, wie man ihn auch in einer Zigarren-lounge in Manhattan vorfinden könnte.

Technik-gimmicks wie ein voluminöse­r Kühlschran­k und in die Kopfstütze­n integriert­e Monitore für die Gäste der zweiten Reihe dürfen da natürlich nicht fehlen. Einzig in der Bedienbark­eit offenbart der Cadillac Schwächen. Es dauert eine Weile, bis der Fahrer sich Infotainme­nt-system, Bordcomput­er und Sitze passend eingestell­t hat. Und der Cadillac-besitzer muss schon sehr Us-affin sein, um den Automatik-wählhebel in Form eines hakeligen Lenkstocks gutzuheiße­n.

Spätestens bei der Motorisier­ung hört der Spaß für Nicht-amerikaner auf. Der Koloss wird von einem 6,2 Liter großen V8 angetriebe­n, der für europäisch­e Verhältnis­se wie aus der Zeit gefallen scheint. Die Amis verpassen ihm allen Ernstes die Zusatzbeze­ichnung „Ecotec“. 426 PS verleihen dem Monster-suv erstaunlic­he Leichtigke­it. Dass er sich dafür in der Praxis um die 15 Liter genehmigt, steht auf einem anderen Blatt. Wäre die Maximalges­chwindigke­it nicht auf 180 km/h begrenzt, fiele die Öko-bilanz noch schlechter aus. Sei’s drum. Auf deutschen Straßen wird der Cadillac Escalade ein riesengroß­er Exot bleiben.

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