Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Auf der Brechtbühne wird es zynisch und bitterböse: Wallenstein wird zur Galionsfigur einer illustren Charity Event Gesellschaft und ziehen dem Volk Spendengelder aus der Tasche
A? Oder hält man lieber gleich auf dem Weg bei B? Aber dann schafft man es sicher nicht mehr zu C, das beginnt ja dann, wenn B noch läuft… So denkt man am besten gar nicht. Alles muss fließen. Was kommt, kommt. Darum jetzt doch B: Beim Kunstverein im Holbeinhaus sind die Türen weit geöffnet. „Libertatem – Li(e)bertaten“heißt die Hörkunst-collage, die jetzt gleich Weltpremiere feiert. ESZSE heißt das Künstlerduo, dahinter stehen Eric Zwang-eriksson und Sascha Stadlmeier. In freier Improvisation produzieren sie Loops aus berühmten Freiheitsreden und experimentellen Klängen, türmen die Samples übereinander, bis alles wie eine Gewitterwolke im Galerieraum schwebt. Freiheit und Kampf sind Geschwister.
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Zur gleichen Zeit an anderem Ort: Aus der geöffneten Tür der Gefäng niskapelle in den von Rosen, Efeu, Stacheldraht bewachsenen Innenhof klingt das venezianische Spinett von den Betonmauern hell wider. Es sind Kompositionen alter Gefangener. Gespielt vom Organisten Roland Götz. Nicht eingesperrt fühlt man sich, während des Durchstreifens der Anlage und dem Betrachten der ausgestellten Wandmalereien und Fotografien. Vielmehr geborgen im Außerhalb des Stadttreibens im Inneren der Mauern. Auch der Ausblick in den pastellfarbenen Abendhimmel ist begrenzt und konzentriert. Man traut sich nur zu flüstern. Das schadet für 30 Minuten nicht. Die Tore stehen offen.
*** Hunger meldet sich. Vor der
Kress lesmühle geht es um Geschmacksfreiheit und Genussgrenzen. Klingt lecker. Der eine bekommt an der Kasse einen chilenischen Pass und zügig Sekt und Falafel serviert. Der andere hält einen marokkanischen Pass in der Hand – und wartet hinter Absperrband. Das Angebot eines Schleusers weist er zurück, letztlich kaut er auf Weißbrot. Satt wird, wer frei durch die Welt reisen kann.
*** Von der noch leeren Bühne im Gol denen Saal sieht das bestimmt gut aus: Die Reihen gut besetzt, versucht sich ein jeder, wie er kann, Frischluft zu verschaffen. Ein Fächel-flashmob im Prunksaal. Ein Konzert mit iso-polyphonem Chorgesang albanischer Männer verspricht das Programm – was immer das wird, es klingt auf jeden Fall wie eine tolle Antwort auf die Montagmorgen-bürofrage „Und, was hast du am Wochenende gemacht?“. Auftritt der Sänger: Fünf Männer in weißen Röcken. Nein, natürlich nicht. Es sind nur die Hemden der traditionellen Tracht, die bis über das Knie reichen. Dazu kommen: ein breiter Stoffgürtel und knappe, reich bestickte Westen in Schwarz und Rot. Und: rote Bommel auf den Schuhen. „Ja, süß! Mach ein Foto!“, hört man von links. Dann geht es los – und die Hitze ist fast vergessen. Der Gesang ist scheinbar überall. Hypnotisierend, überraschend, spannend. Am Ende großer Applaus – und Künstler mit vor Schweiß nassen Haaren. Iso-polyphoner Chorgesang ist Ganzkörpersport.
*** Auf dem Elias Holl Platz liegen nur noch die Hälfte der Stangen. Ob er Junge. Baseballcap, leuchtend blaue Dreiviertelhose, rote Wangen. Er packt den Döner aus dem Alupapier, möchte schon abbeißen. Da ist die Straße einen Moment unbefahren und Verdi klingt über den Gehweg. Der Junge lässt sein Abendessen sinken und lauscht. Man begegnet sich in gegenseitiger Betrachtung.
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Im Keller des Grandhotel Cosmopolis steht die Luft. Die Fenster sind verrammelt, die Augen gewöhnen sich ans schummrige Licht. Eine Frau schwenkt einen Fächer, ein Mann nimmt auf dem roten Perserteppich Platz und windet die nackten Füße wie viel Freiheit wohl in der Einsamkeit, der Abkehr zu finden ist. Auch Melancholie kann heilsam sein. Der Sphinx in der Toskanischen Säulenhalle jedenfalls scheint es zu gefallen. Sie lässt Zuschauer wie Vortragende gewähren.
*** Ob er schon oben ist? Ein letztes Mal auf den Elias Holl Platz. Julian Bellini ist schon beim Abstieg. Den Höhepunkt haben wir versäumt – wie so vieles in dieser Nacht.
*** Und endlich ist es auch dunkel genug für „Sternenzeit“: Das Theater Anu aus Berlin schickt uns im Fron