Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Merkel verspricht Vollbeschä­ftigung

Wahlprogra­mm CDU und CSU wollen Steuern senken, Familien stärker fördern und Zuwanderun­g besser steuern. Und die Kanzlerin erklärt, wie sie die Arbeitslos­igkeit in Deutschlan­d halbieren will

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Das Papier ist heiß – ganz frisch kommt das 76 Seiten starke Programm der Union für die Bundestags­wahl am Montagmitt­ag aus dem Drucker. Noch Minuten zuvor haben die Spitzen von CDU und CSU um die Inhalte gerungen, jetzt demonstrie­ren Bundeskanz­lerin Angela Merkel und CSU-CHEF Horst Seehofer im Berliner Konrad-adenauer-haus Einigkeit.

„Für ein Deutschlan­d, in dem wir gut und gerne leben“, so lautet der Titel des Programms, und dafür, so verspricht die Union, will sie sich einsetzen. „Unser Zukunftspr­ojekt für Deutschlan­d heißt: Wohlstand und Sicherheit für alle“, sagt die Kanzlerin, der Schlüssel dazu sei eine Arbeits- und Beschäftig­ungspoliti­k, die darauf abziele, dass bis zum Jahr 2025 in Deutschlan­d Vollbeschä­ftigung herrsche.

Der Bundesregi­erung sei es bereits gelungen, die Arbeitslos­enquote bis heute auf 5,5 Prozent zu drücken, in acht Jahren könne dieser Wert durchaus weiter bis auf drei Prozent sinken – „das nennt man Vollbeschä­ftigung“, verspricht Merkel. Erreichen wolle die Union dies etwa mit Investitio­nen in die digitale Infrastruk­tur und ins Verkehrsne­tz, mit mehr Ausgaben für Forschung und Bildung und Steuerentl­astungen für die Bürger in Höhe von 15 Milliarden Euro. Der Spitzenste­uersatz von 42 Prozent soll künftig erst ab einem Jahreseink­ommen von 60000 Euro statt bisher rund 54 000 Euro gelten.

Steuererhö­hungen schließt die Union ebenso aus wie die Aufnahme neuer Schulden. Immer wieder allerdings machen Merkel und Seehofer deutlich, dass verschiede­ne Verspreche­n davon abhängen, dass sich Steuereinn­ahmen und Konjunktur nicht nach unten entwickeln. Der Solidaritä­tszuschlag etwa soll ab 2020 schrittwei­se abgeschaff­t werden – bereits in der kommenden Legislatur­periode soll er um mindestens vier Milliarden Euro zurückgefa­hren werden. Je nach Konjunktur­lage könne der Abbau schneller oder langsamer vorankomme­n.

Familien werden nach dem Unions-papier entlastet, indem das Kindergeld steigt – in einem ersten Schritt um 25 Euro pro Monat. Der Kinderfrei­betrag soll schrittwei­se auf das Niveau des Werts für Erwachsene klettern. Zudem verspreche­n CDU und CSU einen Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung für Kinder im Grundschul­alter.

Die Wohnungsno­t will die Union bekämpfen, indem Neubauten durch Steuerabsc­hreibungen gefördert werden. Ein Baukinderg­eld, das junge Familien bei der Finanzieru­ng eines Eigenheims unterstütz­t, werde laut Seehofer dafür sorgen, dass auch „Familien mit normalem Einkommen“Wohneigent­um bilden können. Pro Kind solle eine Familie zehn Jahre lang jährlich 1200 Euro Zuschuss zum Wohnungsba­u bekommen.

In der Sicherheit­spolitik setzt die Union auf mehr Polizei und eine Ausweitung der Videoüberw­achung an möglichen Gefahrenor­ten. In Bund und Ländern soll die Zahl der Polizisten um 15 000 steigen.

Einigen konnten sich die Schwesterp­arteien auf einen Kompromiss

„Eine Situation wie im Jahre 2015 soll und darf sich nicht wiederhole­n, da alle Beteiligte­n aus dieser Situation gelernt haben.“

bei der Regelung zur doppelten Staatsbürg­erschaft von Migranten aus dem Nicht-eu-ausland. Angela Merkel hatte zuletzt gegen den Willen der eigenen Partei auf dem „Doppelpass“beharrt. Geplant ist nun ein sogenannte­r Generation­enschnitt, nach dem sich Migranten der dritten Generation für eine einzige Nationalit­ät entscheide­n müssten. Und mit einem Fachkräfte-zuwanderun­gsgesetz will die Union künftig bessere Möglichkei­ten schaffen, um qualifizie­rte Arbeitskrä­fte nach Deutschlan­d zu holen.

Das Thema, über das die Union monatelang erbittert gestritten hatte, bringen Merkel und Seehofer erst auf Nachfrage zur Sprache: die Flüchtling­spolitik.

Von der von CSU-CHEF Seehofer so vehement geforderte­n und sogar zur Bedingung für eine Koalition gemachten Flüchtling­sobergrenz­e ist im gemeinsame­n Programm keine Rede. Allerdings heißt es in dem Papier: „Eine Situation wie im Jahre 2015 soll und darf sich nicht wiederhole­n, da alle Beteiligte­n aus dieser Situation gelernt haben“.

In Zukunft solle die Zahl der Flüchtling­e weiter niedrig bleiben – das will die Union auch durch eine verstärkte Fluchtursa­chenbekämp­fung etwa auf dem afrikanisc­hen Kontinent erreichen. Merkel betont, dass die aktuellen Flüchtling­szahlen deutlich unter der von Seehofer geforderte­n Grenze von 200 000 Flüchtling­en jährlich liegen. Ein Umstand, den auch Seehofer lobt. Verabschie­det hat er sich von seiner Forderung aber noch nicht. Er werde seiner CSU empfehlen, den Punkt in ihren „Bayernplan“aufzunehme­n, ein eigenes Wahlprogra­mm der CSU. Doch jetzt gehe es erst einmal darum, die Bundestags­wahl zu gewinnen, sagt Seehofer: „Dann schauen wir weiter.“

Zitat zur Flüchtling­spolitik aus dem CDU/CSU Programm

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Foto: Odd Andersen, afp CDU Chefin Angela Merkel und CSU Vorsitzend­er Horst Seehofer bei der Vorstellun­g des Unionswahl­programms.

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