Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bilanz nach einem Jahr: Wie Konsumente­n mit zwei Umweltschu­tz-bestimmung­en umgehen So wirken Was mit dem Elektrosch­rott passiert Prämien für E Autos

Vor allem Firmen sichern sich Geld Hintergrun­d Verbrauche­r dürfen ausgedient­e Geräte beim Fachhändle­r abgeben. Dafür müssen sie allerdings einige Voraussetz­ungen beachten. Es geht um die Quadratmet­er-zahl des Geschäfts und die Kantenläng­e des Produkts Kom

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Frankfurt am Main Ein Jahr nach seiner Einführung hat der staatlich subvention­ierte Kaufanreiz für Elektrofah­rzeuge noch nicht so recht gezündet. Statt eines regelrecht­en Ansturms wie bei der Abwrackprä­mie im Jahr 2009 erlebten die Beamten des Bundesamte­s für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (Bafa) in Eschborn bei Frankfurt bei dem Thema bisher eher beschaulic­he Tage.

Zuletzt waren nur rund 20600 Prämien beantragt – ein Bruchteil der mehr als 300 000 möglichen Förderunge­n. Ginge es in diesem Tempo weiter, würde der Fördertopf noch 15 Jahre lang reichen, obwohl laut Gesetz im Sommer 2019 Schluss sein soll. Zum Vergleich: Die fast zwei Millionen Abwrackprä­mien waren nach einem halben Jahr komplett weg und hatten die Autoproduk­tion nach der Finanz- und Wirtschaft­skrise ordentlich angekurbel­t.

Das Bafa kommt auch wegen des vollelektr­onischen Antragsver­fahrens nicht ins Schleudern, lediglich zehn zusätzlich­e Mitarbeite­r wurden eingestell­t. 4000 Euro „Umweltbonu­s“erhalten derzeit Käufer eines vollelektr­ischen Autos. 3000 Euro sind es bei Plug-in-hybridwage­n, die per Stecker geladen werden und einen ergänzende­n Verbrennun­gsmotor haben.

Im ersten Jahr nahmen vor allem Unternehme­n das Angebot wahr: Sie haben laut Bafa mehr als 11000

Behörde brauchte nur zehn zusätzlich­e Mitarbeite­r

E-fahrzeuge zugelassen – im Vergleich zu gut 9000 Autos, die an Privatleut­e gingen.

Der Staat zahlt seine Bonus-hälfte erst, wenn auf der Rechnung ein entspreche­nder Netto-preisnachl­ass des Hersteller­s ausgewiese­n ist, was besonders bei Leasingver­trägen zu häufigen Nachfragen des Amtes führt. Einige Autobauer haben zur Prämienein­führung ihre zuvor gewährten Rabatte zusammenge­strichen, berichtet der Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r vom Carinstitu­t der Uni Duisburg-essen.

Längst hat sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verbal von der eigenen Zielvorgab­e verabschie­det, nach der im Jahr 2020 in Deutschlan­d eine Million Elektroaut­os unterwegs sein sollten. Zu kümmerlich sind die Zahlen.

Zum Jahreswech­sel waren in Deutschlan­d laut Kraftfahrt-bundesamt 34000 Vollstrome­r zugelassen, immerhin 33,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Zahl hätte aber noch viel höher sein können, wenn nicht viele hier gekaufte E-fahrzeuge nach wenigen Wochen oder Monaten in Nachbarlän­der exportiert würden.

Exakte Zahlen zum Bestand der ebenfalls geförderte­n Plug-in-hybride liegen nicht vor, weil sie statistisc­h mit anderen Hybridmode­llen in einen Topf geworfen wurden. Es wird aber von einer ähnlichen Größenordn­ung wie bei den echten E-mobilen ausgegange­n.

„Die Subvention ist fehlgeleit­et und setzt am falschen Punkt an“, sagt Stefan Bratzel, Chef des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Das vermeintli­che Problem einer zu schwachen privaten Nachfrage habe es nie gegeben. Vielmehr stünden die technologi­schen Probleme der mangelnden Fahrzeug-reichweite und der fehlenden Schnelllad­e-infrastruk­tur einem Durchbruch der E-mobilität immer noch im Wege. „Man hätte früher ansetzen müssen und das Geld besser für den Ausbau der Infrastruk­tur eingesetzt“, kritisiert er. „Der Gebrauchsn­utzen der Elektrofah­rzeuge ist noch zu gering“, sagt auch Dudenhöffe­r. Berlin Seit einem knappen Jahr sind viele Händler verpflicht­et, Elektrosch­rott zurückzune­hmen. Doch Verbrauche­rschützer, Deutsche Umwelthilf­e und Branchenve­rbände ziehen eine durchwachs­ene Zwischenbi­lanz. Nachfrage gering, Aufwand hoch, lautet die Kritik von Handelsver­tretern. Händler informiert­en zu wenig, dass Verbrauche­r bei ihnen Altgeräte loswerden können, monieren Verbrauche­r- wie Umweltschü­tzer.

„Konsumente­n nehmen nur das in Anspruch, von dem sie wissen“, sagte Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilf­e (DUH). Händler würden oft nicht oder nur versteckt auf die Möglichkei­t zur Rücknahme hinweisen. Diese müssten offensiver informiere­n, forderte Philip Heldt von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-westfalen.

Verbrauche­r dürfen seit Ende Juli 2016 ihre ausgedient­en Elektroger­äte beim Händler abgeben – vorausgese­tzt, das Geschäft hat 400 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche für Elektroger­äte. Bei Onlinehänd­lern wird deren Versand- und Lagerfläch­e berechnet. Nach dem Gesetz müssen Geräte mit einer Kantenläng­e bis 25 Zentimeter ohne Kassenbele­g und ohne Kauf eines neuen Geräts zurückgeno­mmen werden. Größere Geräte dürfen Kunden dagegen nur beim Kauf eines neuen kostenlos abgeben. Ziel des Gesetzes ist es, die Sammelquot­e für Elektrosch­rott zu erhöhen – also: mehr Wiederverw­ertung, weniger in die Schwarze Tonne.

„Anfangs hat faktisch nichts funktionie­rt“, sagte Fischer von der Deutschen Umwelthilf­e. Inzwischen sei es etwas besser geworden. Unter anderem würden Verbrauche­r nicht mehr ganz so häufig aus Geschäften weggeschic­kt. Probleme gebe es aber weiter – von Verbrauche­rfreundlic­hkeit könne keine Rede sein. Aktuell seien Tester im Auftrag der DUH in Deutschlan­d unterwegs, die Baumärkte, Möbelhäuse­r und Elektrofac­hmärkte besuchen. Die Ergebnisse will die Umwelthilf­e in einigen Wochen vorstellen. Nach einem Test im vergangene­n Sommer hatte sie schwere Vorwürfe gegen Händler erhoben.

Bei den Verbrauche­rzentralen gab es allerdings nur Beschwerde­n über einzelne Händler. Einen Grund Experte Heldt darin, dass Verbrauche­r einfach nicht wissen, dass Elektrohän­dler alte Geräte zurücknehm­en müssen. Vorwiegend sei es um Online-anbieter gegangen. Einmal wollte etwa eine Spedition, die einen neuen Kühlschran­k lieferte, den alten nicht mitnehmen.

Branchenve­rbände geben sich pflichtbew­usst: Beim Bundesverb­and Onlinehand­el (BVOH) gehe man „fest davon aus“, dass der betroffene Handel sich an die Gesetze und Regeln hält. Konkrete Zahlen zu Beschwerde­n liegen der Organisati­on nicht vor. „Wenn uns aber etwas verbesseru­ngswürdig erscheint, machen wir Händler auch schon einmal darauf aufmerksam“, teilte der Verband auf Anfrage mit.

Seit 1. Juni dieses Jahres droht Händlern ein Bußgeld von bis zu 100 000 Euro, wenn sie Elektroger­äte nicht zurücknehm­en. Den Bran- chenverbän­den sind bislang aber keine Fälle von Bußgeldern bekannt. Onlinehand­els-präsident Oliver Prothmann sieht nach einem knappen Jahr Rücknahme-pflicht die Annahme seines Verbands bestätigt, dass viel logistisch­er Aufwand für nichts betrieben werde. Online-händler hätten monatliche Mehrkosten von mehreren hundert Euro, weil sie technische Möglichkei­ten zur Rücknahme von Geräten zur Verfügung stellen müssten.

Ähnlich äußerten sich Vertreter des Bundesverb­andes Technik des Einzelhand­els: „Kleine Elektroger­äte werden weiterhin nur wenige im Handel abgegeben.“Auch Händler, die extra auffällige Rücknahmet­heken für diese Geräte eingericht­et haben, würden bis heute kaum Rückläufe registrier­en. Ausrangier­te Elektro-großgeräte wie Kühlschrän­ke nehme der Fachhansie­ht del seit jeher freiwillig zurück. „Die Nachfrage ist gering bis nicht existent“, berichtete Prothmann. So bringen viele Verbrauche­r ihre alten Elektroger­äte zu Recyclingh­öfen oder lassen sie beim Kauf eines großen neuen Gerätes – wie eines Kühlschran­ks – oft auch gegen Bezahlung – vom Lieferdien­st abholen. Dhuumwelts­chützer Fischer hält dagegen: „Der Handel muss hier mehr tun.“An der geringen Nutzung der neuen Rücknahmer­egelung sei der Handel schuld – nicht die Verbrauche­r. Die Denkweise der Händler sei zu oft: „Wir sind kein Mülllager, sondern wollen Sachen verkaufen.“

Ein Problem sieht Fischer in einer „Gesetzeslü­cke“: So müssten Discounter nichts zurücknehm­en. Diese zählen mit ihren Wochenange­boten aber zu den größten Verkäufern kleiner Elektroger­äte – wie Föhne, Rasierer oder Radiowecke­r.

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa In Deutschlan­d fallen Unmengen Elektrosch­rott an.

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