Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der Kreis schließt sich
Confed Cup Die deutsche Mannschaft startete mit einem jungen Team und wenig Erwartungen. Nun hat sie einen Titel mehr und Joachim Löw zementiert seinen Ruf als ausgezeichneter Planer
St. Petersburg Nach dem gemeinsamen Schlussbild der Confed-cupcrew mit dem Goldpokal auf der Gangway des Charterfliegers hatten Joachim Löws übermüdete Fußballprinzen nur noch einen Gedanken: Ab in den Urlaub! Noch auf dem Rollfeld des Frankfurter Flughafens trennten sich vier Wochen nach dem Start eines einzigartigen deutschen Turnier-abenteuers die Wege jener 21 Perspektivspieler, die in Russland für den Weltmeister die Titelspur für das nächste Championat 2018 gelegt haben.
„Vor allem die Konstellation, dass wir noch nie zusammen gespielt haben, macht diesen Titel so besonders“, resümierte der 23 Jahre alte Kapitän Julian Draxler. Nach der kurzen Siegernacht in St. Petersburg fielen etliche Partymacher auf dem ruhigen Rückflug in einen kurzen Schlaf. Nur 14 Stunden nach dem mit Leidenschaft, Kampfgeist und Lars Stindls Tor erzwungenen 1:0 im hitzigen Finale gegen Chile, endete der Sommereinsatz der 21 verschworenen Überraschungssieger unspektakulär ohne offiziellen Empfang.
Beim Feiern zeigten die erfrischenden Siegertypen um den Party-taktgeber Joshua Kimmich in der Nacht, dass sie das Zeug zu Weltmeistern haben. Das mehr als konkurrenzfähige Team auf Zeit war ein vorbildlicher Botschafter in Russland. „Ich bin megastolz auf diese Mannschaft“, schwärmte der Bundestrainer nach einem „magischen Spiel“. Nicht nur Teammanager Oliver Bierhoff hatte Löw den „Spaß“angemerkt, „mal wieder mehr zu coachen“. Mehr, als das bei den ausgelernten Könnern wie Neuer, Kroos, Boateng und Co. nötig ist.
Mit dem Siegerpokal in der Hand schlenderte Löw nach dem finalen Kraftakt am Sonntagabend durch die Katakomben des Krestowski Stadions und lächelte selig. Der anfangs belächelte Confed Cup hatte plötzlich höchste Bedeutung. „Ar- turo Vidal hat vor dem Endspiel gesagt, die Chilenen wollen den Pokal gewinnen. Dann seien sie die beste Mannschaft der Welt. Deutschland ist immer noch die beste Mannschaft der Welt im Moment nach dem Weltmeistertitel 2014 und diesem Cup“, verkündete Löw vor der versammelten Weltpresse. „Dass es gerade diese Jungen geschafft haben, diesen Titel zu gewinnen, ist etwas Historisches und Einmaliges in der deutschen Geschichte“, schwärmte der Bundestrainer.
Als Löw sein Loblied anstimmte, war seine euphorisierte Boygroup, angeführt von Emre Can und Kimmich, in die Pressekonferenz gestürmt und bespritzte auch ihren Chef mit Sekt und Bier. „Campeones, Campeones“, hallte es auf Spanisch durch den Kabinentrakt, mit schönen Grüßen an die Chilenen. Für Löw ist das anfangs kritisierte Confed-cup-projekt punktgenau aufgegangen.
Die oberste Priorität für ihn hatte, Spieler Richtung WM 2018 weiterzuentwickeln. „Alle Spieler, die jetzt dabei waren, haben eine bessere Position als vor dem Confed Cup“, sagte der 57-Jährige. Im Handgepäck nach Frankfurt befanden sich neben dem Siegerpokal auch der Goldene Ball für Julian Draxler als bester Turnierspieler und der Goldene Schuh für Topscorer Werner, der vor den ebenfalls dreifachen Turniertorschützen Lars Stindl und Leon Goretzka diese persönliche Trophäe abräumte. Der Gladbacher Stindl war als Torschütze aber der größte der 13 eingesetzten Finalsieger. „Insgesamt war auch das Tor eine Mannschaftsleistung, das spiegelt das ganze Turnier wider“, sagte der 28-Jährige. Hinsichtlich der WM hat der Bundestrainer nun ein Luxusproblem: Löw hat ein Füllhorn an Spitzenkickern. Er muss die richtige Mischung aus arrivierten und unerfahrenen Spielern finden – für das nächste Happy End.