Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Deutsche Trauerarbe­it

Anselm Kiefer Fünf außerorden­tliche Arbeiten des Künstlers ab sofort in der Münchner Pinakothek der Moderne

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München. Staatliche Mittel waren beim Ankauf nicht im Spiel – wie auch, wenn der Etat der Museen so klein ist, wie er ist. Potente Freunde, großzügige Gönner waren also gefragt. Es gibt sie: Die Michael & Eleonore Stoffel Stiftung ließ sich jüngst für den Erwerb von fünf Werken des großen deutschen Malers und Bildhauers Anselm Kiefer erwärmen – und nun darf der famose Fang „auf ewig“von der Münchner Pinakothek der Moderne gehegt und vor allem gezeigt werden.

Im Fall Kiefer ist das bitter nötig. Mit nur einer einzigen Arbeit – „Nero malt“aus dem Jahr 1974 – war der bedeutende, nun 72-jährige Erneuerer des Historienb­ilds bislang in der Pinakothek der Moderne vertreten. Und die gehört mit ihrer teerschwar­z leuchtende­n plakativen Wucht noch nicht einmal zum Besten von Kiefer, der sich seit den späten 1960er Jahren als hoch versierter Trauer-arbeiter der Deutschen einen Namen gemacht hat.

Durch die Neuzugänge, die in einem eigenen Saal präsentier­t werden, manifestie­rt sich dies nun endlich auch in der ehemaligen „Hauptstadt der Bewegung“: vom eindringli­chen „Sand aus Urnen“, einer ruinösen Backsteinl­andschaft, deren Titel auf Gedichte des Holocaustü­berlebende­n Paul Celan anspielen, bis zu klassische­n Kiefer-aufregern wie den „Occupation­s“. Die zeigen den jungen Künstler mit dem seit 1945 verbotenen Hitler-gruß. Grundlage sind Fotos seiner Abschlussa­rbeit an der Akademie in Karlsruhe, mit denen er 1969 für Skandal gesorgt hatte: Kiefer war durch halb Europa gezogen, um sich in Holland, der Schweiz, in Frankreich und Italien mit erhobenem rechten Arm aufzunehme­n, teilweise in der Wehrmachts­uniform des Vaters. Im Vergleich zu Jonathan Meeses infantiler Hitler-gruß-performanc­e war das ein schmerzhaf­tes Wühlen in den Wunden einer schweigend­en Nation.

Pinakothek der Moderne, Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, Do. bis 20 Uhr

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Foto: © Charles Duprat/bayerische Staatsgemä­ldesammlun­gen Anselm Kiefer: „Der Sand der Urnen“(2009), Mischtechn­ik auf Leinwand (beschnit ten).

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