Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Vapiano startet an der Börse
Essen Branchen-experten räumen der Restaurantkette gute Wachstumschancen ein. Obwohl der Kurs erst einmal fiel
Frankfurt am Main Bei Vapiano in Frankfurt ist es voll. Die Kunden sind aus unterschiedlichen Gründen hier. „Man redet mit den Köchen, die sind lustig drauf. Und man sieht, wie das Essen zubereitet wird“, sagt Ingo Hillenbrand. „Es geht einfach schnell“, findet Nathalie Adolph.
Die Pizza- und Pastakette ist einer der Vorreiter des sogenannten Fast Casual Dining in Deutschland – und der erste Spieler der Branche, der mit einem Börsengang das nötige Geld für weiteres Wachstum einsammeln
Die Restaurants passen zum Streben nach Individualität
will. Am vergangenen Dienstag ging das Unternehmen an die Börse und startete erst überraschend positiv. Den ersten Handelstag beenden die Papiere mit einem Plus von 4 Prozent auf je 24 Euro. Gestern schloss die Aktie allerdings mit 22,85 Euro. Und lag damit unter dem Ausgabepreis von 23 Euro. Acht Millionen Aktien hatte das Unternehmen verkauft und damit 184 Millionen Euro eingesammelt. Etwa 85 Millionen davon sollen direkt ins Unternehmen fließen, um das Wachstum der Kette voranzutrei- ben. Und Branchen-experten bewerten die Zukunft des Unternehmens positiv.
Der Pluspunkt sei die Individualität der Speisen. „Diese Restaurants passen ideal zum Trend, dass jeder seine Soße anders mag.“Mit einer offenen Küche könne man zudem leichter auf Lebensmittel-intoleranzen und Allergien reagieren. „Der Gast hat gefühlt mehr in der Hand.“Für Lidl haben Ketten darüber hinaus aus kaufmännischer Sicht Vorteile. Sie hängen weniger von der Person ab, die den einzelnen Laden führt. Abläufe sind standardisiert, Kosten dadurch reduziert. Vermieter schätzten diese Planbarkeit. So würden Ketten leichter Räume in Toplagen finden, erklärt Lidl. „Wenn ich ein Millionenunternehmen als Vertragspartner habe, ist mir das lieber.“
Seine Einschätzung untermauert er mit Zahlen. Demnach wächst die sogenannte Systemgastronomie mit vier Prozent pro Jahr schneller als die gesamte Gastrobranche, die auf ein Prozent komme. Innerhalb der Systemgastronomie, zu der auch Fast-food-riesen wie Mcdonald’s und Burger King zählen, seien vor allem die Fast-casual-konzepte die Wachstumstreiber – etwa die Burgerkette Hans im Glück, die Pizzakette L’osteria, die Salat- und Suppenbar dean & david und eben Branchenurgestein Vapiano. Vor 15 Jahren gründete sie Gregor Gerlach in Hamburg. Heute wird die Gastronomiekette mit etwa 553 Millionen Euro bewertet, hat 185 Restaurants in 31 Ländern rund um den Globus – und mit dem Börsengang sollen es noch mehr werden.
Bisher scheint auch zeitweilige Skepsis am Vapiano-modell dem Wachstum keinen Abbruch zu tun. Nach Berichten über Frischemängel und Manipulationen bei Arbeitszeiten 2015 setzte das Unternehmen eine Arbeitsgruppe zur Prüfung der Vorwürfe ein. Weder diese noch Kontrollen der Gesundheitsämter hätten jedoch Hinweise auf Verstöße erbracht, betonte die Firma damals. Dennoch habe man die Kontrollen danach verdoppelt und Mitarbeiter-trainings intensiviert.
Warum kommt die Branchenentwicklung erst in den letzten zehn Jahren so zu uns? In den USA sind Restaurantketten schon länger normal. „Das dauert in Deutschland immer länger“, sagt Experte Lidl. Der deutsche Markt sei konservativer. Florian Huber vom Berater Ernst & Young verweist auf eine andere Begebenheit: In Deutschland sei die Pizzeria an der Ecke eigentlich schon immer Fast-casual-dining gewesen. Es habe also den Bedarf an Ketten lange nicht gegeben. Doch die Welt sei enger zusammengerückt. Dirk Rottmüller von der Unternehmensberatung Gastro Consulting sieht zunächst aber Fernost auf dem Vormarsch: „Was vor 10 bis 15 Jahren die USA waren, in die jeder Gastronom einmal reisen sollte, um sich Trends anzuschauen, ist nun Asien geworden.“