Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Papas weiß blaue Party

Freilichtb­ühne Bei Haindling geraten reifere Herrschaft­en in Verzückung. Sie schnipsen, schunkeln und klatschen

- VON ALOIS KNOLLER Foto: Fred Schöllhorn

Die Nachbarin im Publikum hatte schon recht: „Auch wenn du einen Großteil des Programms kennst, gehst du doch immer gerne hin.“Musik von Haindling nicht im Ohr zu haben, ist völlig unmöglich. Ihr Hit „Bayern, des samma mia“steht auch für den eigenen Erfolg. Seit 35 Jahren steht die Band um Hans-jürgen Buchner aus dem niederbaye­rischen Ort auf der Bühne, und dieses Jubiläum feiert Buchner ausgiebig auf der Augsburger Freilichtb­ühne.

Das siebte Mal sind die sechs Musiker schon in der romantisch­en Anlage am Roten Tor, aber dieses Jahr hätte es beinahe nicht geklappt. Das Theater wollte erst keinen seiner wertvollen Termine freigeben und dann nur unter allerstren­gsten Auflagen: Punkt 22 Uhr sollte Schluss sein, um sich nur ja keine neue Klage aus der Nachbarsch­aft wegen Ruhestörun­g einzufange­n. Haindling hat es am Montagaben­d inklusive der vier Zugaben auf die Sekunde genau geschafft – und weit über 2000 Fans im ausverkauf­ten Openair-halbrund sind aus dem Häuschen vor Glück.

„I hob di lang scho nimma gsehn“zum Abschied ist nur eins von vielen Liedern, die direkt ins Bayernherz treffen und es nachhaltig wärmen. Bei Haindling ist der Bayer – auch in seiner schwäbisch­en Ausprägung – daheim. Buchner redet, wie man bei uns halt so redet. Buchner komponiert eine Blasmusik, die hörbar in der Tradition der Wirtshausk­apellen steht: erdig bassbetont, mitreißend rhythmisch, dabei durchaus vertrackt in der Melodiefüh­rung. Dabei geht das Ganze zwanglos eine Verbindung mit Pop und Jazz ein. Elektrisch­e Sounds vom Keyboard mischen sich mal schillernd und mal rockig darunter, die E-gitarre zieht die Töne in die Höhe. Das Schlagzeug treibt zuweilen scharf an.

Hans-jürgen Buchner bedient sämtliche Stimmungsl­agen: fast besinnlich das ruhige Intro, trotzig laut und frech sein Protest gegen Plastik, melancholi­sch zu akustische­n Gitarren sein „ewiges Lied“(„Ma hat’s net leicht auf dera Welt“). Die Fans, in der Mehrzahl sichtlich über fünfzig, folgen nur zu gern Buchners Aufruf zum Schnipsen, Klatschen, ja sogar zum Schunkeln – was der Bandchef eigentlich für echt blöd, aber auf dieser weiß-blauen Party für absolut passend hält („da ma’s“). Zumal die Schuhplatt­ler auftreten, die schon auf Haindlings Chinatour ihr Bestes gegeben haben. Und auch wegen der kuschelige­n Nähe, vor der man sich im Alltag eher scheut. In den Rängen der Freilichtb­ühne findet Haindlings Gemeinde harmonisch zusammen. Hier verspüren die Leute Freude am Leben, diese groovige Musik weckt die Lebensgeis­ter und es wird wahr: „Du schaust da guat aus heit.“

Für einen Spaß auf der Bühne sind die niederbaye­rischen Musiker allweil zu haben. Als Plastikmül­lorchester haben sie sich grasgrüne Folien wie Schürzen und Pluderhose­n angelegt, als Mützen Schaumstof­fnetze aufgezogen und leere Plastikfla­schen als Trommeln mitgebrach­t. Dann wird geraschelt und gepatscht und getrommelt wie narrisch, wie es passt zum Spottsong „Du Depp, du Depp, du depperter Depp du“. Für diese Komödistüc­kerl allein lohnt es sich, zu Haindling live zu kommen. Auch wenn man alle Lieder kennt.

Wirklich alle? Buchner ist weiterhin produktiv. Für Joseph Vilsmaiers neuen Film „Bayern – sagenhaft“hat er eine mystisch aufgeladen­e Musik komponiert mit sonoren Alphörnern, Glöckchenb­immeln, Klackern auf vier Holzstäben, kernigen Bläsern und Trommelsol­o. Ein bisserl Tibet also. Dann spielt Buchner noch ein Klavierstü­ck von der neuen CD: schwelgeri­sch-verträumt, wie er eben auch sein kann. eigentlich schon

 ??  ?? Sogar Schuhplatt­ler hatte Hans Jürgen Buchner mit seiner Band Haindling auf der Augsburger Freilichtb­ühne dabei.
Sogar Schuhplatt­ler hatte Hans Jürgen Buchner mit seiner Band Haindling auf der Augsburger Freilichtb­ühne dabei.

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