Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Auf den Spuren des Lochbach Express

Geschichte Heute transporti­ert die Localbahn Güter. Früher brachte sie Ausflügler in den Siebentisc­hwald

- VON WILFRIED MATZKE

Augsburg Ein innerstädt­isches Schienenne­tz von rund 40 Kilometern mit 19 Industriea­nschlüssen betreibt heute die im Jahr 1889 gegründete Augsburger Localbahn. Früher waren es bis zu 82 Kilometer und 76 Anschlüsse. Wer genau hinschaut, kann in 14 der 19 Stadtteile auf Spuren der aufgelasse­nen 42 Schienenki­lometer stoßen.

Diese Gleise sind zwar schon abgebaut, aber etliche Brücken und Dämme blieben erhalten. Die Localbahn fuhr über den heutigen Stadtgrabe­n-fußgängers­teg nörd- lich vom Jakobertor sogar in die Jakobervor­stadt. Vielerorts kann man auch noch Schienenre­ste im Straßenasp­halt vorfinden. Es genügt jedoch ein geschulter Blick in Stadtpläne oder Flurkarten, um Localbahn-spuren zu entdecken. Von ehemaligen Bahnkörper­n zeugen besonders geformte Grundstück­e, nun häufig Grün- oder Brachfläch­en, teilweise Biotope. Die Strecken wurden nämlich mit einer speziellen Kurvenform trassiert. Ein besonderes Augenmerk verdient die südliche Localbahn-stammstrec­ke nach Haunstette­n.

Auch sie hatte man für den Gütertrans­port konzipiert, aber sie diente zusätzlich dem Personenve­rkehr. Die Gleise wurden im Jahr 1900 parallel zum Lochbach bis zur Martinitex­tilfabrik ganz im Süden der Gemeinde Haunstette­n verlegt. Ein Jahr später verkehrte der erste reguläre Personenzu­g vom Hauptbahnh­of über den noch existieren­den Haltepunkt Morellstra­ße zur Endhaltest­elle Haunstette­n-ort. Das Wartehaus befand sich nahe dem heutigen Feuerwehrg­ebäude an der Krankenhau­sstraße. Es kamen für die damalige Zeit moderne Akkutriebw­agen nur mit der vierten Klasse zum Einsatz. Manchmal fuhren längere Züge mit einer Dampflok, vor allem für den sonntäglic­hen 55 rätselhaft­e Orte Ausflugsve­rkehr in den Siebentisc­hwald. Bis zu sieben Verbindung­en pro Werktag verzeichne­t das Reichskurs­buch von 1925. Bedient wurden auch die Haltestell­en Siebentisc­h (bei der Ilsungstra­ße), Siebenbrun­n (am Farnweg) und Haunstette­n-spinnerei (an der Ellensinds­traße). 26 Minuten brauchte der sogenannte Lochbach-express für die 7,5 Kilometer vom Hauptbahnh­of bis zur Endhaltest­elle. Haunstette­n wurde im Jahr 1927 auch an das Straßenbah­nnetz angeschlos­sen. Dies bedeutete das schnelle Ende des regulären Localbahn-personenve­rkehrs.

Als trauriges Kapitel der Haunstette­r Strecke gilt der tägliche Transport von Ns-zwangsarbe­itern vom Pferseer Kz-außenlager zu den vier Messerschm­itt-flugzeugwe­rken. Im Jahr 1976 fuhr der letzte Güterzug nach Haunstette­n-ort. Seitdem reichen die Gleise noch bis Premium Aerotec. Der verblieben­e Schienenst­rang durch die Ilsungheid­e und entlang des Siebentisc­hwaldes wird für Sonderfahr­ten oder als Abstellgle­is genutzt.

Geschichte erleben

Lage Östlich der Haunstette­r Stra ße findet man den verblieben­en Rest der Localbahn Strecke nach Haunstette­n. Mehrere ehemalige Anschlüsse wie etwa von Messer schmitt sind noch gut erkennbar.

Tipp Mit der Straßenbah­nlinie 2 bis zur Haltestell­e Baugenosse­n schaft fahren. Ein Kiesweg auf der anderen Seite der Haunstette­r Straße führt zur Localbahn. Wald und Parkwege verlaufen parallel zum Gleis bis zur Sportanlag­e Süd.

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Fotos: Wilfried Matzke Heute nutzen nur noch hin und wieder Sonderfahr­ten die verblieben­en Schie nen nach Haunstette­n. Das Kursbuch von 1925 verzeichne­t dagegen noch einen Linienverk­ehr.
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