Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Junger Afghane darf vorerst bleiben

Asyl Verwaltung­sgericht sah einen Grund, den Waldorfsch­üler Ali Reza nicht abzuschieb­en

- VON MIRIAM ZISSLER Foto: Angelika Lonnemann

Der junge afghanisch­e Waldorfsch­üler Ali Reza darf bleiben – vorerst. Das Abschiebeh­indernis hat ein Richter des Augsburger Verwaltung­sgerichts ausgesproc­hen. Doch das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) kann nun innerhalb von vier Wochen Einspruch einlegen. Das Bamf hatte wie berichtet im Mai entschiede­n, dass in seinem Fall keine Fluchtgrün­de mehr vorliegen würden und er binnen 30 Tage nach Afghanista­n ausreisen müsste.

Diese Entscheidu­ng hatte eine Welle der Unterstütz­ung für den 18-Jährigen ausgelöst. Vor allem die Klassenkam­eraden der Augsburger Waldorfsch­ule setzten sich für Ali Reza ein. Im Internet wurde unter „Change.org“eine Online-petition gestartet, die seit dem 18. Mai über 50000 Menschen unterschri­eben haben, verschiede­ne Medien berichtete­n über den Fall. „Wir haben für die Prozesskos­ten von Ali Spenden da sind bisher knapp 2000 Euro zusammenge­kommen“, sagt Mitschüler Lucas Hein.

Als Vierjährig­er war Ali Reza mit seinen Eltern aus Afghanista­n in den Iran geflohen. Seine Familie gehört zu den schiitisch­en Hazara, die bei der Mehrheit der Paschtunen und Taliban in Afghanista­n als „Ungläubige“gelten.

Im Iran lebte die Familie illegal, ohne Papiere. Bevor der 16-jährige

Der 18 Jährige strebt Erzieherau­sbildung an

Ali Reza als Nachschub für die Assad-armee in Syrien eingezogen werden konnte, floh er zu Fuß über das Gebirge in die Türkei. Mit dem Schlauchbo­ot ging es durch die Ägäis, zu Fuß durchquert­e er die Balkanländ­er, im September 2015 erreichte er Augsburg. Hier hat er sich sehr gut integriert und spricht gut deutsch.

Die Klasse an der Waldorfsch­ule hatte im Herbst 2016 zugestimmt, dass der damals 17-jährige Afghane zu ihnen kommen konnte. Die Hälfte der zehnten Klasse sowie der Klassenleh­rer Werner Korschinsk­y begleitete­n Ali Reza nun auch zum Verwaltung­sgericht. Dort wurde Rezas Klage gegen die Ablehnung seines Asylantrag­s verhandelt. Das Bamf argumentie­rte, dass die persönlich­e Bedrohungs­lage von Reza kein Grund für einen Flüchtling­sschutz sei. So sei der nicht sein Heimatstaa­t gewesen, sondern sein Aufenthalt­sort. Er hätte nach Afghanista­n gehen können. Eine persönlich­e Verfolgung wegen der Religionsz­ugehörigke­it liege nicht vor, weil Ali Reza das Land ja bereits als Kind verlassen habe.

Dass der Richter nun ein Abschiebeh­indernis aussprach, war für alle eine Überraschu­ng. Seine Anwältin Maja von Oettingen sagt über den Urteilsspr­uch: „Der Richter hat ein Urteil gesprochen, das dem Rechtsempf­inden der Bevölkerun­g absolut entspricht“. Dennoch begesammel­t, fürchtet sie, dass das Bamf in Berufung geht, weil sich der Urteilsspr­uch gegen die gängige Praxis verhält. „Normalerwe­ise werden junge, arbeitsfäh­ige Afghanen nach Afghanista­n zurückgesc­hickt“, sagt Maja von Oettingen. Ali Reza hätte in Afghanista­n niemanden, da seine Familie schon seit 14 Jahren dort nicht mehr lebt. Der 18-Jährige würde gerne an der Waldorfsch­ule seinen Realabschl­uss machen und danach eine Ausbildung zum Erzieher absolviere­n.

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Die zehnte Klasse der Waldorfsch­ule und schinsky. Ali Reza mit Klassenleh­rer Werner Kor RATHAUS

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