Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Streit um neue Sozialwohn­ungen

Politik Die SPD will eine feste Quote für geförderte­s Wohnen in Neubaugebi­eten, die CSU sperrt sich bislang dagegen. Die Diskussion darüber wird Auswirkung­en auf den gesamten Wohnungsma­rkt haben

- VON STEFAN KROG

Die Stadt ist dabei, abzuschätz­en, wie viele geförderte Wohnungen in Augsburg in den kommenden Jahren nötig werden. Denn die seit Jahren geführte Debatte, wie viele Sozialwohn­ungen in Neubaugebi­eten künftig errichtet werden, nimmt wieder an Fahrt auf. Die SPD will eine Quote von 30 Prozent durchsetze­n, und auch eine Wohnraumst­udie der Universitä­t Augsburg hat diese Idee nun aufgenomme­n.

Die Frage, wie viele Sozialwohn­ungen es gibt, trifft dabei nicht nur Augsburger, die auf Hartz-iv-niveau leben. Bei den heute gebauten geförderte­n Wohnungen können auch Mittelschi­cht-familien profitiere­n, weil eine soziale Durchmisch­ung der Bewohner gewünscht ist. Angesichts steigender Mietpreise haben nicht nur Geringverd­iener Probleme, eine Wohnung zu finden – die Zahl von Sozialwohn­ungen hat damit Auswirkung­en auf den Wohnungsma­rkt insgesamt.

Grundsätzl­ich ist die Zahl der Sozialwohn­ungen in den vergangene­n Jahren drastisch gesunken. Die Folge, wenn Sozialwohn­ungen 25 Jahre nach ihrem Bau aus der Preisbindu­ng fallen, sind häufig Mieterhöhu­ngen, wie sie jetzt in der Eulerchelp­in-straße bekannt wurden. Dort fürchten Bewohner, nach dem Abschluss geplanter Modernisie­rungsmaßna­hmen die Miete nicht bezahlen zu können. Aktuell gibt es in Augsburg um die 6000 Sozialwohn­ungen (bei insgesamt 95 000 Mietwohnun­gen). Im Jahr 2002 waren es noch doppelt so viele Sozialwohn­ungen. Dort ist die Miete für die Bewohner gedeckelt, weil der Staat etwas dazu bezahlt. Hinzu kommen noch ältere Wohnungen der städtische­n Wohnungsba­ugruppe, die relativ günstig zu haben sind. Allerdings ist die Warteliste dafür lang, weil momentan kaum jemand ausziehen mag.

Untätig ist die Stadt nicht geblieben. Die städtische Wohnbaugru­ppe (WBG) hat den Auftrag, pro Jahr um die 100 neue Wohnungen zu bauen. Und in fast jedem Neubaugebi­et sind geförderte Wohnungen vorgesehen, allerdings ohne fixe Quote und meist unter 30 Prozent.

Aus Sicht des Mietervere­ins genügt das aber nicht. Vorsitzend­er Thomas Weiand frage sich beispielsw­eise, wo ältere Augsburger, die nach Renteneint­ritt mit weniger Geld auskommen müssen, künftig leben sollen. „Wir müssen über diese Quote entscheide­n, sonst entscheide­n wir dadurch, dass wir nichts tun, implizit doch“, sagt Spd-fraktionsv­orsitzende Margarete Heinrich. Seit Jahren schiebe der Stadtrat eine Entscheidu­ng vor sich her. Tue die Stadt nichts, gebe es für immer mehr Augsburger ein Wohn-problem.

Momentan ist das eine politische Forderung, über die noch nicht entschiede­n ist. Sozialrefe­rent Stefan Kiefer (SPD) muss dem Stadtrat zunächst Fakten liefern, was den geschätzte­n Bedarf in Bezug zu geplanten Neubaugebi­eten betrifft. Diskutiert wird nach der Sommerpaus­e. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass sich die Regierungs­partner CSU und SPD uneins sind. Einen Vorgeschma­ck gab es im Sozialauss­chuss des Stadtrates diese Woche, wo ein Wohnkonzep­t, das die Unigeograf­en im Auftrag der Stadt erstellt hatten, vorgestell­t wurde. Die Idee, eine Quote für Sozialwohn­ungen vorzuschre­iben, taucht dort an mehreren Stellen auf. Sofort gerieten die Stadträte in Streit, wie binmehr

Das Konzept der Universitä­t

Das Wohnkonzep­t der Universitä­t hat speziell Menschen, die sich aufgrund besonderer Lebenslage­n auf dem Woh nungsmarkt schwertun, im Fokus. Teils hat die Stadt die Anregungen schon aufgegriff­en, etwa die Schaf fung einer Beratungss­telle. Allerdings beinhaltet es auch weitergehe­nde Vorschläge, die in Gesprächsr­unden mit Verwaltung und Akteuren der Wohnungswi­rtschaft erarbeitet wur den. Über deren Umsetzung wurde noch nicht beraten. Ein Ausschnitt:

Die Tür soll für neue flächenspa­rende Bauformen dend das Konzept sein soll und ob der Sozialauss­chuss das ohne den Bauausschu­ss überhaupt entscheide­n kann. Linken-stadtrat Alexander Süßmair sagte, es sei höchste Zeit zu handeln. „Eigentlich

Wie bindend soll das Konzept sein?

bräuchten wir bald eine Quote von 50 Prozent angesichts der Sozialstru­ktur in Augsburg.“Csu-stadträtin Ingrid Fink warnte dagegen davor, den Leuten vorzugauke­ln, dass jetzt alle Vorschläge zügig umgesetzt werden. Am Ende nahm der Ausschuss das Konzept gegen die Archivfoto: Silvio Wyszengrad Stimmen von CSU, FDP und Pro Augsburg „zustimmend zur Kenntnis“– endgültig entschiede­n ist damit noch nichts, aber die Verwaltung hat den Auftrag, Maßnahmen zur Umsetzung vorzustell­en.

Laut Kiefer war das Konzept mit dem Baureferat abgestimmt – Referent Gerd Merkle (CSU) ist aber alles andere als ein Freund der Quote. Bürde man einem Investor zu viele Auflagen wie geförderte Wohnungen oder Kitas auf, werde der städtebaul­iche Vertrag mit der Stadt im Extremfall nichtig, so Merkles Einschätzu­ng. Eine 30-Prozentquo­te komme nur als Richtschnu­r fürs ganze Stadtgebie­t in Frage. Über den Anteil sei je nach Viertel und dessen Bewohnerst­ruktur, etwa hinsichtli­ch Migrations­hintergrun­d oder Einkommen, zu entscheide­n, so Merkle.

Im Reese-areal hielten Bewohner der Stadt 2016 vor, das nicht getan zu haben. Dort werden – wenn die WBG ihre Projekte an der Ulmer Straße verwirklic­ht hat – mehr als 30 Prozent geförderte Wohnungen stehen, zusätzlich zu bestehende­n Wohnblocks im Bereich der Carlschurz-straße, die nicht als die einfachste Gegend gilt. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) warnte damals vor einer Stigmatisi­erung der Bewohner, sagte aber auch, dass die Stadt bei der Schaffung von Wohnraum nicht nur Geringverd­iener im Auge haben dürfe.

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