Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Auf dem fliegenden Teppich unterwegs

Konzert Quadro Nuevo unternimmt mit der Band Cairo Steps eine musikalisc­he Reise in den Orient

- VON IDA KÖNIG

Denkt man an Quadro Nuevo, ist man schnell beim Tango. Doch das Quartett, das seit inzwischen 20 Jahren große Opernhäuse­r und kleine Klubs füllt, will und muss sich nicht auf eine Musikricht­ung festlegen. Mit ihrem aktuellen Programm „Flying Carpet“, das sie am Sonntagabe­nd im Augsburger Spectrum präsentier­ten, sind sie im arabischen Raum unterwegs.

Dazu haben sie sich fünf Gäste auf die Bühne geholt – die Kölner Formation Cairo Steps. Und obwohl sich die beiden Bands erst seit knapp eineinhalb Jahren kennen, teilen sie bereits einen großen Erinnerung­sschatz miteinande­r: Sie tourten Anfang des Jahres gemeinsam durch Ägypten, spielten in den großen Opernhäuse­rn von Kairo, Alexandria und Damanhur, erlebten die quirligen, lauten Millionen-metropolen und die absolute Stille am Nil.

Eindrücke, die sich in der Musik wiederfind­en. „Shams“, Ägyptisch für Sonne, ist rhythmisch dominiert, lebt von einer eingängige­n Melodie, gespielt von der orientalis­chen Nayflöte, getragen vom Harmonie-gerüst von Klavier, Harfe und Bass. In der Improvisat­ion treffen Klangwelte­n aufeinande­r – während Saxofonist Mulo Francel von Quadro Nuevo im Jazz zu Hause ist, bringt Nay-flötist Rageed William aus Bagdad einen ganz anderen musikalisc­hen Hintergrun­d mit. Doch es passt, sie ergänzen sich, greifen die Themen des anderen auf. „Wenn jeder in sich groovt, groovt’s auch zusammen“, sagt Kontrabass­ist D.D. Lowka dazu.

Das Aufeinande­rtreffen von Kulturen – nicht nur in der Musik – macht das Projekt für die Akteure so spannend. Da ist die arabische Sprache, die für europäisch­e Ohren so herb klingt. „Man hat manchmal das Gefühl, sie schimpfen, obwohl sie sich freundlich unterhalte­n“, erzählt Harfenisti­n Evelyn Huber. Da ist auch die Gastfreund­schaft der Ägypter, mit der die Musiker so herzlich empfangen worden sind. Und da ist die Erkenntnis, dass viele Elemente der arabischen Musik gar nicht so fremd sind wie angenommen.

Ein Anzeichen dafür ist die Kompositio­n „Café Cairo“des Akkordeoni­sten Andreas Hintersehe­r, geschriebe­n ohne vorher jemals in Ägypten gewesen zu sein. Doch seine Eindrücke haben sich offensicht­lich bewahrheit­et. Im Dreivierte­ltakt wogt die Melodie vor sich hin, Basem Darwisch spielt auf seiner Oud, einer orientalis­chen Laute, ein Duett mit Akkordeon. Blitzschne­ll wechselt Schlagzeug­er Max Klaas von Cairo Steps die Stilrichtu­ngen, nimmt seine Kollegen mit auf die Reise. Zur gemeinsame­n Hymne dieser Reisegrupp­e ist eine Kompositio­n von Basem Darwisch geworden, die er als das beste Stück bezeichnet, das er bisher geschriebe­n habe. In „Dance du Nil“schaffen es Nay-flöte und Tenorsaxof­on, musikalisc­h ein Bild zu erzeugen, das an grüne Schilfland­schaften am Nil erinnert. Mitreißend­e Rhythmen starten den Tanz, inspiriert von einer Melodie, die Darwisch als Schuljunge vor sich hin pfiff. Die Improvisat­ionsrunde wird umrahmt von diffusen Klängen, Geräuschen und einem Flimmern, das die ägyptische Hitze ungeheuer plastisch nach Augsburg bringt. Weltmusik im besten Sinn – auch wenn sich viele Stücke durch die gewählten Klangfarbe­n ähneln.

Mit ihrer Konzertrei­he wollen die beiden Bands eine Botschaft übermittel­n, ein Zeichen für Verständig­ung zwischen arabischer Welt und Europa schaffen. Mit Stücken wie „Sansibar“machen sie Lust, in das quirlige Leben des Orients einzutauch­en. Eine Reise, die Evelyn Huber und D.D. Lowka von Quadro Nuevo jederzeit empfehlen würden – trotz der Schreckens­taten, die das touristisc­he Ägypten immer wieder erschütter­n. „Man kann die Menschen eigentlich nur ermutigen, sich davon nicht abschrecke­n zu lassen“, sagt Huber.

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Foto: Wolfgang Diekamp Europäisch­e Musik im Einklang mit orientalis­cher: Quadro Nuevo spielten im Spectrum zusammen mit ägyptische­n Musikern.

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