Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Hölle entkommen

- VON RUDI WAIS rwa@augsburger allgemeine.de

Linda hat Glück gehabt, großes Glück. In einem Krieg, den nur Zyniker einen heiligen nennen, hat sie überlebt. Ob die 16-Jährige aus dem sächsische­n Pulsnitz selbst gekämpft hat, ob sie nur die Terrorbrau­t eines Dschihadis­ten war oder irgendetwa­s dazwischen: Das muss am Ende ein Gericht entscheide­n. Fürs Erste kann Linda froh sein, dass sie der Hölle des Islamische­n Staates entkommen ist, in dem ein Frauenlebe­n nichts zählt und das eines Mädchens aus Deutschlan­d schon gar nicht. So naiv, den Werbern der Fundamenta­listen ein zweites Mal auf den Leim zu gehen, wird sie hoffentlic­h nicht sein.

Wie andere junge Frauen auch hat Linda S. sich schleichen­d radikalisi­ert – im Kinderzimm­er, vor dem Computer. Ihr Fall ist nur einer von vielen und doch einer der schockiere­ndsten, weil sie so jung ist, weil sie aus der vermeintli­ch gut behüteten Provinz kam und nicht wie Mädchen aus Tschetsche­nien oder Algerien von ihrer Familie mit einem Is-mann verheirate­t wurde. Umso wichtiger wäre es, wenn Linda nach ihrer Rückkehr nach Deutschlan­d ihre Geschichte erzählte. Nicht, um bekannt zu werden, sondern um andere vor dem zu warnen, was sie durchlitte­n hat.

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