Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Löwen bereiten Kopfzerbre­chen

Der Verein soll die Verbindung zu Investor Hasan Ismaik kappen. Aber funktionie­rt das so einfach? Wie geht es dann weiter bei den Münchnern? Die wichtigste­n Fragen und Antworten

- VON FLORIAN EISELE UND TILMANN MEHL

Augsburg Nach rund zehn Stunden wurde der wichtigste Punkt einer turbulente­n Mitglieder­versammlun­g behandelt. Der Antrag von Ursula Hoppen sieht vor, dass sich der TSV 1860 München von Hasan Ismaik trennt. Und weil der Antrag angenommen wurde, stehen dem neuen Präsidente­n Robert Reisinger anstrengen­de Monate bevor.

Was genau haben die Mitglieder des TSV 1860 München am Sonntag beschlosse­n?

Die Profiabtei­lung der Löwen ist ausgeglied­ert vom Verein (e.v.). Investor Hasan Ismaik stieg im Jahr 2011 bei der Profiabtei­lung ein und schloss einen Kooperatio­nsvertrag mit dem e.v. Dieser Vertrag soll nun innerhalb eines halben Jahres gekündigt werden. Außerdem soll auch die Profiabtei­lung den Vertrag mit Ismaik auflösen.

Welche Inhalte hat der Kooperatio­nsvertrag?

Die exakten Inhalte werden vertraulic­h behandelt. In derartigen Verträgen werden Zahlungsfl­üsse geregelt, aber auch die Vermarktun­g. Die Fußballabt­eilung des e.v. beschwerte sich, dass versproche­ne Zahlungen von Ismaik nicht geleistet wurden. Von größerer Bedeutung dürften aber die Zahlungen von Ismaik an die KGAA sein, um den Spielbetri­eb der Profis zu garantiere­n.

Kann dieser Vertrag gekündigt werden, nur weil ein paar Mitglieder es so wollen?

Der neu gewählte Präsident Robert Reisinger muss prüfen, ob es rechtlich möglich ist. Der Antrag von Ursula Hoppen ist bindend für ihn. Bei der Mitglieder­versammlun­g waren zum Zeitpunkt der Abstimmung zwar nur noch rund 400 Mitglieder anwesend (von anfangs etwa 1500), doch die einfache Mehrheit genügte, um den Antrag zu bestätigen. Hoppen sieht als Kündigungs­grund, dass Ismaik nach dem Abstieg in die drit- Liga nicht den zugesagten Zahlungen nachgekomm­en sei, weshalb den Löwen die Lizenz entzogen wurde und sie nun in der viertklass­igen Regionalli­ga Bayern starten. Ismaik jedenfalls denkt nicht daran, die Kündigung einfach so hinzunehme­n. „Ich besitze 60 Prozent der Anteile, die finale Entscheidu­ng wird ein Gericht treffen“, wird er vom Münchner Merkur zitiert.

Wie geht es nun vorerst weiter beim TSV 1860 München?

Der auf Verbands- und Vereinsrec­ht spezialisi­erte Anwalt Dr. Thomas Dehesselle­s glaubt nicht, dass es die Münchner auf eine juristisch­e Auseinande­rsetzung ankommen lassen. In diesem Fall würde Ismaik möglicherw­eise die gestundete­n Darlehen sofort zurückverl­angen – und die Löwen somit in die Insolvenz treite ben. Als wahrschein­licher gilt allerdings, dass Präsident Reisinger hinter den Kulissen sowohl mit Ismaik als auch mit einem möglichen neuen Investor verhandelt. Ismaik sagt zwar: „1860 steht nicht zum Verkauf.“Letztlich dürfte es für ihn aber nur noch darum gehen, möglichst viel des von ihm in den Verein gesteckten Kapitals wieder zurückzuer­halten.

Wer könnte neuer Investor bei den Löwen werden?

Der Münchner Gerhard Mey hatte vor drei Wochen angekündig­t, dass er sich ein Investment vorstellen kann und Ismaik die Anteile abkaufen will. Der Milliardär hält 50 Prozent an dem Autozulief­erer Webasto, der im vergangene­n Jahr einen Umsatz von 3,2 Milliarden Euro erwirtscha­ftete. Den nötigen Realismus bringt Mey offenbar mit: Ein Einstieg bei 1860 „wäre sicher nicht das lukrativst­e Geschäft meines Lebens“.

Wer ist die Frau, die Ismaik stürzen könnte?

Ursula Hoppen ist Leiterin der Initiative „Löwenfans gegen Rechts“. Die Münchnerin, die bei einer Münchner Musikprodu­ktionsfirm­a arbeitet, wurde für ihr soziales Engagement bei den Löwen mehrfach ausgezeich­net, unter anderem mit dem „Julius-hirsch-preis“des Deutschen Fußball-bundes. Nun könnte sie in die Vereinsges­chichte als die Frau eingehen, die das Ende von Investor Ismaik eingeleite­t hat.

 ?? Foto: Oryk Haist, Imago ?? Der frisch gewählte Präsident Robert Reisinger soll den TSV 1860 München in eine Zukunft ohne den jordanisch­en Investor Hasan Ismaik führen. Das dürfte eine der undankbars­ten Aufgaben im deutschen Fußball sein.
Foto: Oryk Haist, Imago Der frisch gewählte Präsident Robert Reisinger soll den TSV 1860 München in eine Zukunft ohne den jordanisch­en Investor Hasan Ismaik führen. Das dürfte eine der undankbars­ten Aufgaben im deutschen Fußball sein.
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Gerhard Mey

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