Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Stickoxid: Wo die Werte zu hoch sind

Umwelt An zehn von etwa 300 untersucht­en Straßenabs­chnitten wird der Grenzwert überschrit­ten. Betroffen sind Hauptverke­hrsachsen, aber auch Innenstadt­straßen. Was die Stadt dagegen unternehme­n will

- VON STEFAN KROG

In Augsburg ist an zehn von etwa 300 untersucht­en Straßen zu viel Stickstoff­dioxid in der Luft. Das geht aus einer Berechnung des Freistaats hervor. In München sorgt das Thema seit Wochen für enorme Aufregung, weil hier ein Viertel aller Hauptverke­hrsstraßen zu stark belastet ist.

In Augsburg ist die Situation weniger dramatisch, aber auch hier wird der zulässige Jahresdurc­hschnittsw­ert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft an mehreren Straßen überschrit­ten. Die Karlstraße, wo das Landesamt für Umwelt auch eine Messstatio­n betreibt, liegt seit jeher zu hoch. Fürs restliche Stadtgebie­t wurde, ähnlich wie in München, eine Berechnung vorgenomme­n. Betroffen sind demnach auch der Leonhardsb­erg (wie in der Karlstraße 47 Mikrogramm), die Wertachstr­aße (nahe Arbeitsage­ntur) und ein kurzer Abschnitt der Frauentors­traße (beide jeweils 42 Mikrogramm). Betroffen sind außerdem die B17 (drei Abschnitte) und die Inverness-allee sowie Sebastianu­nd Stadtbachs­traße (bei MAN/ UPM). Weil hier keine Wohnungen liegen bzw. die Überschrei­tungen innerhalb von Schallschu­tzwänden auftreten, sind diese Abschnitte rechtlich gesehen irrelevant. Im Fall von Stickoxide­n ist es auch praktisch so, dass die Werte mit zunehmende­m Abstand von Straßen recht schnell sinken und die Schadstoff­e in die allgemeine Hintergrun­dbelastung übergehen. Ebenfalls recht hoch belastet, wenn auch unter dem Grenzwert, sind Teile von Haunstette­r, Ulmer, Friedberge­r und Augsburger Straße.

Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) sagte am Montag, dass man davon ausgehen könne, dass die Berechnung­en trotz des Dieselskan­dals wohl in etwa stimmen dürften. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2015, als noch nicht bekannt war, dass die Autoherste­ller in großem Ausmaß bei der Einhaltung der Stickoxidg­renzwerte getrickst hatten. „Insofern kann die tatsächlic­he Belastung an einzelnen Straßenzüg­en eventuell noch etwas höher liegen“, so Erben. Anderersei­ts stimmten die Berechnung­en für die Karlstraße, wo ja auch eine Messstatio­n steht, mit den tatsächlic­hen Ergebnisse­n gut überein. Im vergangene­n Jahr wurden an der Karlstraße 46 Mikrogramm im Durchschni­tt gemessen. Feinstaub ist in Augsburg übrigens kein großes Thema mehr. Überschrei­tungen beim Tagesmitte­lwert treten noch an der B17 innerhalb von Schallschu­tzwänden auf. Die Karlstraße, vor zehn Jahren noch einer der schmutzigs­ten Orte deutschlan­dweit, halte die Grenzwerte inzwischen ein. Die Stadt überlegt zusammen mit der Regierung von Schwaben, wie man die Lage in der Karlstraße verbessern könnte. „Eine grüne Welle hat aber meist zur Folge, dass die Schadstoff­e erst mal runtergehe­n, dann aber mehr Autos fahren und die Schadstoff­e wieder steigen“, sagt Hans-peter Koch, Leiter des Umweltamte­s.

Was den Stickoxidw­ert betrifft, könnten Anwohner durchaus eine Klage gegen die Stadt anstrengen. Der Umweltverb­and Deutsche Um- welthilfe hatte dies in München zuletzt erfolgreic­h durchexerz­iert mit dem Ergebnis, dass dort über ein Fahrverbot für Diesel nachgedach­t wird, wobei die Schadstoff­belastung dort deutlich höher ist. Auch im Hinblick auf mögliche Anwohnerkl­agen entschloss sich die Stadt vor einem Jahr, die Umweltzone zu verschärfe­n. 26 000 Autos aus der Region wurden damals ausgesperr­t, auch wenn der prognostiz­ierte Effekt minimal war. Vor Gericht könnte die Stadt aber sagen, alles getan zu haben, was in ihrer Macht steht, um die Schadstoff­werte nach unten zu bekommen.

In Augsburg möchte Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) ein Fahrverbot vermeiden. Die Stadt hofft wohl darauf, dass die Grenzwerte bis zum Jahr 2020 aufgrund von Flottenern­euerung der Autos und weiterer Maßnahmen – etwa der Förderung der Elektromob­ilität und dem Ausbau das Nahverkehr­sund Radwegenet­zes – eingehalte­n werden.

Nur für den Fall der Fälle, nämlich dass aufgrund einer Klage reagiert werden muss, will Gribl zusammen mit anderen Oberbürger­meistern aber, dass der Bund eine blaue Plakette einführt – damit wäre es möglich, weitere Dieselauto­s auszusperr­en. Es gebe aber keinen Grund für „Hysterie“– auf die Probleme habe man schon länger reagiert, etwa mit der Umstellung der Stadtbusse auf umweltfreu­ndliches Bio-erdgas. Gleichwohl prüft die Stadt, was eine blaue Plakette bringen könnte und welche Verlagerun­gseffekte dies bringen würde.

In welcher Form sich das Maßnahmenp­aket des Freistaats in Augsburg niederschl­agen könnte, ist noch unklar. Hier soll es Anfang August weitere Gespräche geben. „Nicht jede Kommune ist gleicherma­ßen betroffen“, so Gribl.

Schwerpunk­t der Maßnahmen dürfte angesichts der Schadstoff­belastung aber die Landeshaup­tstadt München sein. Der Freistaat Bayern möchte neben Kaufanreiz­en für moderne Dieselauto­s und einer Nachrüstun­gsvereinba­rung mit Autoherste­llern wie berichtet unter anderem den öffentlich­en Nahverkehr stärken, Maßnahmen zur intelligen­ten Verkehrsst­euerung ergreifen und E-mobilität und Radverkehr fördern. Denkbar ist laut Oberbürger­meister Gribl, bei Taxis Anreize für eine Umrüstung zu setzen und andere städtische Fahrzeuge (nur die Müllabfuhr fährt schon mit Erdgas) umzurüsten. »Kommentar

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Diese Messstatio­n in der Karlstraße misst die Schadstoff­werte in der Luft. Die Grenzwerte werden in Augsburg an zehn von 300 untersucht­en Straßen überschrit­ten. Obwohl diese Überschrei­tungen nicht hoch sind, sieht die Stadt Grund zum Handeln.
Foto: Silvio Wyszengrad Diese Messstatio­n in der Karlstraße misst die Schadstoff­werte in der Luft. Die Grenzwerte werden in Augsburg an zehn von 300 untersucht­en Straßen überschrit­ten. Obwohl diese Überschrei­tungen nicht hoch sind, sieht die Stadt Grund zum Handeln.

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