Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

CSU reagiert auf die Friedhofsa­ffäre

Strafverfa­hren Gerd Koller, der in illegale Geschäfte auf dem Nordfriedh­of verwickelt sein soll, will sein Amt bei der Innenstadt-csu ruhen lassen. Warum Parteikoll­egen scharfe Kritik üben

- VON JÖRG HEINZLE UND NICOLE PRESTLE

Es gab Leute im Innenstadt-ortsverban­d der CSU, die vor dem Debakel gewarnt haben. Als Gerd Koller, 65, sich in der vorigen Woche zum neuen Ortsvorsit­zenden wählen ließ, ergriff der Csu-stadtrat Marc Zander das Wort. Er merkte an, dass Koller wegen der Ermittlung­en in der Friedhofsa­ffäre belastet sei. Auch der Kreisvorsi­tzende der Partei im Augsburger Westen, Leo Dietz, warnte die Parteifreu­nde in der Innenstadt in den Tagen vor der Wahl vor dem Schaden in der Öffentlich­keit, den die Friedhofsa­ffäre für die Partei anrichten könnte.

Gerd Koller kandidiert­e dennoch. Und mit ihm für den Vorstand weitere Männer, die in die Affäre verwickelt sind. Sie wurden von der großen Mehrheit der Mitglieder gewählt. Nun aber hat die Staatsanwa­ltschaft Anklage gegen Koller erhoben, weil er als Verwalter des städtische­n Nordfriedh­ofs in illegale Geschäfte seiner Mitarbeite­r verwickelt gewesen sein soll. Im Kern geht es bei den Vorwürfen darum, dass die Friedhofsa­rbeiter während normalen Dienstzeit schwarzgea­rbeitet und damit in die eigene Tasche gewirtscha­ftet haben sollen. Koller soll das, so die Ansicht der Ermittler, als Verwalter geduldet und teils sogar unterstütz­t haben.

Augsburgs CSU-CHEF Johannes Hintersber­ger ging am Freitag deutlich auf Distanz zu Koller und weiteren Vorstandsm­itgliedern, die jetzt in der Affäre angeklagt worden sind. Hintersber­ger sagte unserer Zeitung, er habe Koller nahegelegt, sein Amt als Vorsitzend­er der Innenstadt-csu so lange ruhen zu lassen, bis ein Urteil gefallen ist. „Ich habe Herrn Koller am Freitagvor­mittag angerufen, nachdem ich mich zuvor mit dem Bezirksvor­stand besprochen hatte“, sagte Hintersber­ger. Zum Zeitpunkt der Wahl Kollers sei lediglich bekannt gewesen, dass gegen ihn und weitere Friedhofsm­itarbeiter ermittelt wird. „Wenn nun Anklage erhoben ist, geht das natürlich weiter.“

Koller selbst äußerte sich am Freitag nicht zur aktuellen Entwicklun­g. Laut Hintersber­ger will der Ortsvorsit­zende für Montag aber eine außerorden­tliche Sitzung des Vorstands einberufen. Hintersber- ger geht davon aus, dass Koller und sein mitangekla­gter Stellvertr­eter, der als Schlüsself­igur der mutmaßlich­en Betrügerei­en gilt, danach bekannt geben, dass sie ihre Ämter vorläufig ruhen lassen. Bis zu einem Urteil könnten zwei weitere Stellvertr­eter die Geschäfte der Innenstadt-csu führen.

Deutliche Worte wählt der Kreisvorsi­tzende der CSU im Westen der

Parteimitg­lieder hatten vor der Wahl gewarnt

Stadt, Leo Dietz. „Es ist erschrecke­nd, dass durch solche schlechten Nachrichte­n die gute Arbeit, welche die Partei derzeit in Augsburg leistet, in den Hintergrun­d tritt“, sagte er. Er hält es für einen Fehler, dass Gerd Koller für das Amt des Vorsitzend­en kandidiert­e – auch wenn bis zu einer möglichen Verurteilu­ng die Unschuldsv­ermutung gelten müsse. Im Vorfeld der Wahl habe man ihm versichert, dass an den Vorwürfen nichts dran sei, so Dietz. Die Anklage nun sei aber ein „gravierend­es Ereignis“. Dass er mit einer Reihe von Aktiven im Innenstadt-ortsder verband im Moment nicht einer Meinung ist, daraus macht er keinen Hehl. Er sei verblüfft, sagt er, über die „kontinuier­lichen Fehleinsch­ätzungen“in diesem Ortsverban­d.

Der vor einigen Wochen gescheiter­te Versuch, Leo Dietz als Kreisvorsi­tzenden zu stürzen, war auch aus den Reihen der Innenstadt-csu mit organisier­t worden. Der bisherige Ortsvorsit­zende, Thorsten Große, hatte die Gegenkandi­datin Iris Steiner unterstütz­t. Große und seine Mitstreite­r wurden nach dem gescheiter­ten Putsch vom Dietz-lager politisch abgestraft. Sie gingen bei weiteren Abstimmung­en während der Kreisversa­mmlung leer aus.

Deshalb entschied Große sich dazu, sein Amt aufzugeben. An der Nominierun­g und Wahl von Gerd Koller als Nachfolger soll auch Rolf von Hohenhau beteiligt gewesen sein. Der langjährig­e Stadtrat und Ehrenvorsi­tzende der WEST-CSU gilt als einflussre­icher Strippenzi­eher in der Partei. Allerdings hat sein Lager zuletzt deutlich an Gewicht verloren. Mehrere von ihm geförderte Politiker konnten sich in der Augsburger CSU politisch letztlich nicht durchsetze­n. »Kommentar

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„Probleme gelöst und Zukunft gesichert“: Diesen Spruch druckte die Augsburger CSU im Kommunalwa­hlkampf 2014 auf einige ihrer Plakate. Für den mitglieder­stärksten Ortsverban­d der Partei trifft er aktuell allerdings nicht zu. Der Vorsitzend­e in der...

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