Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Fiakerpferde haben hitzefrei
Tradition Wiener und Touristen sorgen sich bei diesen Temperaturen um die Tiere
Wien Es ist heiß in Wien. Tagsüber zeigt das Thermometer mehr als 35 Grad in der Innenstadt, wo sich die Hitze staut. Wenn diese Marke überschritten ist, heißt es für die leidenden Fiakerpferde: heim in den schattigen Stall. „Dann ist der Betrieb einzustellen“, sagt Leopold Bubak, Leiter der zuständigen Magistratsabteilung.
Zwei seiner Beamten und zwei Mitarbeiter des Veterinäramts kontrollierten ab Dienstagnachmittag streng, dass die Standplätze vor dem Stephansdom, dem Burgtheater oder dem Michaelerplatz geräumt wurden. Sollte sich ein Fiakerkutscher einfallen lassen, später am Tag zurückzukommen, muss er mit einer Geldstrafe zwischen 140 und 3500 Euro rechnen. Wenn ein Betrieb wiederholt gegen den Tierschutz verstößt, läuft er Gefahr, die Konzession zu verlieren. Die Touristen tragen es mit Fassung: „Die Fiaker-fahrt ist ohnehin viel zu teuer“, sagt Vincent, ein Student aus Birmingham in Alabama. Wer unbedingt herumfahren möchte, kann einen klimatisierten Bus entlang der Sehenswürdigkeiten nutzen. Andere fahren Segway, leihen sich eins der vielen Stadtfahrräder. Schon in der ersten heißen Sommerwoche hatten viele Touristen Mitleid mit den Pferden und verzichteten auf die Tour. „Den Fiakerpferden geht es nicht besser als den Stieren beim Stierkampf in Spanien“, empört sich eine ältere Dame, die einer Kutschfahrt bei gemäßigten Temperaturen nicht abgeneigt ist, die langen Standzeiten der Pferde in der prallen Sonne aber für Tierquälerei hält. Das ist Wasser auf die Mühlen der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“. Kampagnenleiterin Martina Pluda ist sicher: Wien könne problemlos auf Fiaker verzichten oder ihre Stellplätze zumindest in grüne Anlagen verlegen. Fiaker gehören seit Ende des 17. Jahrhunderts zum Straßenbild von Wien. Auf das Geklapper der Pferdehufe möchten weder Besucher noch Bewohner verzichten. Doch die Sommer sind heißer geworden. Dieser Juli gehörte in Wien zu den 20 heißesten seit 1767, dem Beginn der Messungen.
Im Mai 2016 wurden neue Regeln zum Schutz der Fiakerpferde beschlossen. Ab 30 Grad kontrollieren Tierärzte jetzt, ob an den Standorten genug Frischwasser vorhanden ist. Zudem dürfen die Pferde nur an achtzehn Tagen im Monat arbeiten, um 22 Uhr ist Schluss.