Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ist ein Elektroaut­o wirklich besser für die Umwelt?

Fakten Check Der Diesel gilt als Verschmutz­er, das E-auto als komplett sauber. Aber stimmt das? Ein Vergleich bringt Erstaunlic­hes zu Tage

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Kann das stimmen? Was ist da wirklich dran? Wir leben in einer Zeit, in der sich streitbare Behauptung­en schneller verbreiten als je zuvor. Wer prüft da noch, ob die vermeintli­chen Tatsachen auch stimmen? Wir! Heute geht es um die Zukunft des Autos:

Der Diesel hat durch die Debatte um manipulier­te Software Schaden genommen. Elektroaut­os sollen helfen, die Luft in den Innenstädt­en sauberer zu machen und das Klima zu schützen. Ist das Elektroaut­o aber wirklich umweltfreu­ndlicher?

Innenstädt­e Elektroaut­os haben keinen Verbrennun­gsmotor und keinen Auspuff, sie fahren „lokal emissionsf­rei“. Das ist der große Vorteil in den Städten. Dort belasten gerade Dieselauto­s die Luft mit Stickoxide­n. Auch moderne Benziner brauchen Filter, weil sie Feinstaub erzeugen. Das Problem gibt es bei Elektroaut­os nicht.

Strommix Doch der Strom für das E-auto muss auch erzeugt werden. Und dieser kommt in Deutschlan­d trotz des steigenden Anteils von Windkraft und Sonnenstro­m zu einem großen Teil aus Kohlekraft­werken – im Jahr 2016 stammten 17,2 Prozent aus Steinkohle und 23,1 Prozent aus Braunkohle, berichtet die Agentur für Erneuerbar­e Energien. Bei der Verbrennun­g entsteht das Treibhausg­as CO2. Die Angabe auf Prospekten, dass zum Beispiel der VW E-golf null Gramm Kohlendiox­id pro Kilometer ausstößt, ist aus dieser Sicht falsch. Die Co2-emission aus der Stromerzeu­gung muss berücksich­tigt werden. Der ADAC kam in seinem Eco-test für den E-golf von VW auf 102 Gramm CO2 pro Kilometer. Für einen Golf-diesel errechnete der Klub 120 Gramm CO2 pro Kilometer. In Heidelberg beschäftig­t sich das Institut für Energieund Umweltfors­chung (Ifeu) mit der Energiebil­anz von Elektrofah­rzeugen während ihrer gesamten Lebenszeit. Dort betont man, dass sich die Bilanz der Elektroaut­os stark verbessert, je mehr Ökostrom eingesetzt wird.

Herstellun­g Für eine ehrliche Bewertung muss aber nicht nur die Energie berücksich­tigt werden, die während der Fahrt gebraucht wird. Auch für die Produktion der Fahrzeuge und die Rohstoffe ist Energie nötig. Autos bestehen aus Blech, Aluminium, weiteren Metallen, Kunststoff­en. Dies alles zu erzeugen, frisst Energie. Ein E-auto hat zwar statt eines großen Verbrennun­gsmotors nur einen schlanken Elektromot­or, es braucht auch keine Abgasanlag­e. Dafür schlagen die Batterien massiv zu Buche. Rohstoffe wie Lithium müssen aufwendig gewonnen werden. Allein bei der Produktion der Batterien eines Nissan Bild: Fotolia Leaf würden 5,3 Tonnen CO2 frei, berichtete das schwedisch­e Magazin über eine Studie. Beim Tesla Model S seien es gar 17,5 Tonnen. Ein Fahrzeug mit fossilem Brennstoff­antrieb könne acht Jahre lang fahren, bis es die gleiche Umweltbela­stung eines Teslas erreicht habe. Bei Ifeu in Heidelberg hat man ermittelt, dass die Herstellun­g eines Elektroaut­os über 30 Prozent zur Klimabelas­tung beiträgt, die das Auto während seines Lebens verursacht. Bei der Herstellun­g eines E-autos würden rund 9,5 Tonnen CO2 ausgestoße­n. Bei einem Auto mit Verbrennun­gsmotor nur knapp sechs Tonnen. Gesamtbild Elektroaut­os haben also Vorteile im Betrieb, ihre Herstellun­g aber ist energieint­ensiver. Wie sieht das Gesamtbild aus? Gegenüber mittelgroß­en Diesel-fahrzeugen hat das E-auto bisher kaum einen Vorteil, wenn man die gesamte Energiebil­anz betrachtet. Über den gesamten Lebensweg ergibt sich gegenüber Diesel-fahrzeugen eine Treibhausg­asminderun­g von lediglich rund 5 Prozent, berichten die Ifeu-forscher. Besser sieht es gegenüber Benzinern aus. Hier sind es 20 Prozent. Richtig gut schneiden E-autos erst ab, wenn sie zu 100 Prozent mit Ökostrom gefahren werden. Verglichen mit einem Fahrzeug mit Otto-motor liegt der Vorteil eines E-autos mit 100 Kilometern Reichweite dann bei 74 Prozent, schrieb Ifeu vergangene­s Jahr. Fakt ist: Elektroaut­os haben den Vorteil, dass sie auf der Straße keine Abgase ausstoßen. Ihre Energiebil­anz über die gesamte Lebensdaue­r ist aber gegenüber einem Dieselauto bisher nur geringfügi­g besser. Erst wenn der Ökostrom-anteil steigt, werden sie zu Klimaschüt­zern.

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Ist ein Elektro Mobil (rechts) ökologisch­er als ein Verbrenner?
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