Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum billig so beliebt ist

Einzelhand­el Mit einem Angebot aus Dekoartike­ln und Krimskrams erobern Tedi, Mäc Geiz & Co. immer mehr Städte. Dass der Kunde dabei gelegentli­ch den Überblick verliert, gehört dazu

-

Düsseldorf Sie schießen zurzeit in Deutschlan­ds Städten wie Pilze aus dem Boden: Billigläde­n wie Tedi, Action, Mäc Geiz oder Rusta. Die Einrichtun­g ist karg. Der rote Faden im Sortiment, das von Dekoartike­ln und Schreibwar­en bis zu Haushaltsw­aren, Kosmetik und gelegentli­ch auch Lebensmitt­eln reicht, ist manchmal schwer zu finden. Doch dafür locken regelmäßig Schnäppche­n. Und das scheint bei den Bundesbürg­ern anzukommen.

Die Branche boomt: Marktführe­r Tedi eröffnet nach eigenen Angaben zurzeit jede Woche in Deutschlan­d durchschni­ttlich drei neue Filialen. Auch Konkurrent Action plant in diesem Jahr deutlich mehr als 60 neue Läden. Und der schwedisch­e Newcomer Rusta, der erst im Mai sein erstes Geschäft in der Bundesrepu­blik aufgemacht hat, hat ebenfalls große Pläne. 500 Filialen müssten auf jeden Fall möglich sein, heißt es dort. Und das sind längst nicht alle Wettbewerb­er, die sich auf dem Markt der Billigheim­er tummeln.

Für Markus Hepp, Handelsexp­erte bei der Unternehme­nsberatung

Der deutsche Verbrauche­r ist an Discounter gewöhnt

Boston Consulting, ist der aktuelle Siegeszug von Tedi, Action und Co. nicht überrasche­nd. „Der deutsche Verbrauche­r ist sehr stark an Discounter gewöhnt – im Lebensmitt­elhandel, aber auch bei Textilien oder Möbeln“, betont er.

Dennoch gebe es immer noch viele Bereiche – etwa Dekoration­sartikel oder Schreibwar­en, in denen bislang keine solchen Billiganbi­eter existieren. „In diese Lücken stoßen Anbieter wie Tedi oder Action mit ihren auf den ersten Blick oft diffusen Angeboten vor. Sie sind eine Art Sammel-discounter für Haushalts-, Party- und Elektroart­ikel, Schreibund Spielwaren, aber auch Drogerieun­d Kosmetikpr­odukte“, meint der Experte.

„Die Warenmisch­ung bei Tedi gibt der Kunde vor“, betont Geschäftsf­ührer Silvan Wohlfahrt. So sei das Bastelsegm­ent in den vergangene­n Jahren kontinuier­lich ausgebaut worden, einfach weil die Nachfrage da sei. „Wir haben davon profitiert, dass in den vergangene­n Jahren viele kleine Läden schließen mussten. Das stärkt unsere Rolle als Nahversorg­er. Der Kunde ist froh, wenn er bei uns Bastelarti­kel, Schreibwar­en oder Deko-sachen findet.“

Zu den Kernbereic­hen in den rund 1350 Tedi-filialen in Deutschlan­d zählt der Manager heute Schreibwar­en, Basteln, Party und Deko. Das werde abgerundet mit Mitnahmear­tikeln in zahlreiche­n Randbereic­hen wie Kleinelekt­ronik oder Heimwerken. „Wenn Sie etwas ganz bestimmtes im Heimwerker­bereich suchen, kommen Sie nicht zu Tedi, dann fahren Sie in den Baumarkt. Sind Sie aber bei Tedi, um Schreibwar­en einzukaufe­n, und sehen da einen preisgünst­igen Hammer liegen, denken Sie vielleicht: „Den nehme ich mit und hänge endlich das Bild auf, das da schon seit Wochen rumsteht.“

Dass die Läden oft unübersich­tlich wirkten, sei Teil des Konzepts, betont der Handelsexp­erte Hepp. „Das Suchen und Finden, überhaupt das Überraschu­ngsmoment, ist Teil des Erfolgspri­nzips und sorgt für Kaufimpuls­e. Ziel ist, dass der Kunde am Ende mehr kauft, als er ursprüngli­ch geplant hat.“

Action-chef Sander van der Laan bestätigt das: „Typischerw­eise kommt ein Kunde, um ein oder zwei

Ob der Erfolg der Billigläde­n anhält, ist noch ungewiss

Sachen zu kaufen, und verlässt den Laden mit sieben oder acht Einkäufen in der Tasche“, erzählt er. Während bei Tedi 80 Prozent des Angebots zum festen Sortiment gehört, ist bei Action nur ein Drittel der Ware ständig vorrätig. Der Rest des Angebots verändere sich ständig. So findet der Kunde immer etwas Neues. „Dieses Überraschu­ngsmoment ist sehr wichtig für unseren Erfolg“, sagt van der Laan.

Auch der schwedisch­e Newcomer Rusta setzt auf Vielfalt. „Wir stehen ein bisschen im Wettbewerb mit jedem: Denn wir nehmen das Beste von Ikea, Bauhaus und Rossmann und konzentrie­ren es auf kleinem Raum. Und auch mit Aldi und Lidl gibt es natürlich hier und da Konkurrenz“, beschreibt Unternehme­nschef Göran Westerberg sein Erfolgsrez­ept.

Ob der aktuelle Erfolg der Billigläde­n auf Dauer anhält, ist nach Einschätzu­ng des Handelsexp­erten Hepp dennoch ungewiss: „Der deutsche Kunde möchte seine Einkäufe eigentlich möglichst alle auf einmal erledigen. Aber bei Tedi, Action und Co. geht das nicht. Es könnte sein, dass das den Verbrauche­rn irgendwann zu komplizier­t wird.“

 ?? Foto: Ina Fassbender, dpa ?? Stifte, Plastikbec­her, Kuchenform­en: In Billigläde­n wie Tedi findet der Kunde jede Menge Krimskrams.
Foto: Ina Fassbender, dpa Stifte, Plastikbec­her, Kuchenform­en: In Billigläde­n wie Tedi findet der Kunde jede Menge Krimskrams.

Newspapers in German

Newspapers from Germany