Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eine Wolke, vollgesoge­n mit Farben

Installati­on Ein poetisches Gebilde aus Trinkhalme­n verzaubert den Garten des Architektu­rmuseums

- VON MICHAEL SCHREINER

Ist das ein Schwarm bunter Heuschreck­en? Ein träges Luftschiff der Fantasie, dessen Ränder ausfransen? Nichts bewegt sich – die Wolke steht in der Luft, schwebt zwischen den Kronen der Obstbäume im Garten des Architektu­rmuseums. Es ist eine große luftdurchl­ässige Farbwolke in sattem Sommergrün, ein federleich­ter Fremdkörpe­r, der die Schwerkraf­t wegzaubert.

So ungeheuer oben schwebt die Wolke nicht. Sie ist nahbar, greifbar. Wer über 1,90 Meter groß ist, stößt mit dem Kopf an die Unterkante des Gebildes – und also an Trinkhalme aus Kunststoff. Daraus nämlich besteht diese filigrane Installati­on, mit der Ursula Buchegger den Museumsgar­ten im Augsburger Thelottvie­rtel „bespielt“. Ihr Objekt, aus tausenden bunter Strohhalme zusammenge­steckt, ist eine poetische Interventi­on – die Verwandlun­g eines industriel­l gefertigte­n Massenarti­kels in ein staunenswe­rtes Gebilde.

Titel des Werkes: „Die Wolke“. Dass die 1953 geborene Künstlerin aus Tübingen im Garten der Buchegger-villa ausstellt, ist eine zufällige Begegnung von Namensglei­chheit. Die Kuratoren der Freiluftau­sstellung, die Galeristen Anette Urban und Wolfgang Reichert, haben Ursula Buchegger eingeladen, nachdem sie in Köln eine ihrer Trinkhalm-wolken sahen.

Das Gewirr aus Stäbchen formt sich tatsächlic­h zu einer Wolke mit weichen Konturen – obgleich die Halme im Detail zu Winkel- und Würfelform­en gesteckt sind. Alles Eckige aber hebt sich im Bild des Ganzen auf. Die filigrane Konstrukti­on, die luft- und lichtdurch­lässig ist, wird gleichsam unsichtbar, wenn man mit Abstand auf die Wolke blickt. „Anfang und Ende gibt es nicht“, sagen die Kuratoren.

Das Volumen flimmert in den Farben der Trinkhalme, vollgesoge­n mit Rot, Blau, Gelb, Rosa, Orange, Grün. Wer dem Plastikgew­ölk ganz nahe kommt, sieht, wie viele Mischtöne an den Schnittste­llen entstehen, wo verschiede­nfarbige Halme ineinander­gesteckt sind.

Nachts ist die Wolke von unten angeleucht­et. Der Effekt ist begrenzt und nicht vergleichb­ar mit dem Gartenkuns­twerk des vergangene­n Sommers – der Lichtschla­nge des amerikanis­chen Künstlers Jason Peters. Dessen sich durch den Garten windende Leuchtspur aus hunderten ineinander­gesteckter Plastikeim­er legte mit Einbruch der Dunkelheit an magischer Wirkung zu. Mit Ursula Bucheggers Trinkhalmw­olke, die im Tageslicht prunkt, knüpfen Anette Urban und Wolfgang Reichert an das ebenfalls von ihnen kuratierte Gartenscha­uspiel 2016 an. Der Garten des Architektu­rmuseums im Thelottvie­rtel hat bis 29. Oktober täglich bis Mitternach­t geöffnet.

Und wie immer das Wetter Diese eine Wolke wird da sein. ist:

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Aus tausenden ordinärer Plastikröh­rchen hat die Künstlerin Ursula Buchegger eine luft chitekturm­useum im Thelottvie­rtel schwebt. Zu sehen noch bis Ende Oktober.
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Fotos: Michael Schreiner und lichtdurch­lässige Wolke geformt, die im satten Grün des Gartens hinter dem Ar

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