Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Es sind noch 99 Punkte zu vergeben“

Innenverte­idiger Martin Hinteregge­r fordert nach der Auftaktnie­derlage Geduld ein. Er sieht gute Ansätze und ist sich sicher, dass die neuen Spieler die Abgänge gut kompensier­en können

- VON ROBERT GÖTZ Foto: Witters

Als Schiedsric­hter Daniel Siebert (Berlin) im Hamburger Volksparks­tadion abgepfiffe­n hatte, stand Martin Hinteregge­r fassungslo­s auf dem Rasen. 0:1 hatte er zwar gerade mit seinem FC Augsburg beim Hamburger SV verloren, doch fast 70 Minuten lang hatte sein Team das Geschehen auswärts dominiert.

Über 60 Prozent Ballbesitz hatte der FCA, 23 Flanken in den Hamburger Strafraum geschlagen (der HSV gerade mal sieben), 15 Mal aufs Tor geschossen (HSV elf Mal). Und der HSV? Das Bundesliga­gründungsm­itglied hatte sich gegen Hinteregge­r und Co daheim einfach nur aufs Kontern verlegt. Trotzdem feierten die Hamburger Fans ihre Mannschaft, wie wenn sie gerade die Champions League-teilnahme klar gemacht hätten.

Hinteregge­r verstand die Welt nicht mehr: „Wenn man als genannter Fixabsteig­er in Hamburg über das ganze Spiel dominiert, klar die bessere Mannschaft ist und dann sieht, wie die feiern, da fehlen mir die Worte.“

An der Elbe sind die Fans nach jahrelange­m Größenwahn anscheinen­d in der Realität angekommen. Vor Jahresfris­t hätten die Hsv-anhänger ihr Team wohl angesichts der Mauermeist­er-taktik ausgepfiff­en, doch das Ergebnis überstrahl­te diesmal alles. Trainer Markus Gisdol sah es ähnlich. „Das erste Spiel gewonnen, drei Punkte, kein Gegentor bekommen, alles andere ist mir egal“, brachte er es nach dem Spiel auf den Punkt.

Gegenteili­g ist hingegen die Stimmungsl­age beim FCA. Bis zum Samstag war man wenigstens zu- mit dem HSV Negativrek­ordhalter in Sachen Auftaktnie­deralgen (fünf in Folge), jetzt hält man diesen traurigen Titel alleine.

Daran tragen die Fca-profis die Hauptschul­d. „Wir haben so viele Bälle in den Sechzehner geschlagen wie in der ganzen vergangene­n Saison nicht“, erzählte Hinteregge­r. Aber mal seien sie einen Zentimeter kurz gewesen, mal etwas zu hoch. Fakt ist: Die Offensivab­teilung schaffte es nicht, einmal richtig gefährlich auf das HSV-TOR zu schießen. Hinteregge­r: „Vor drei, vier Monaten haben wir noch 4:0 gewonnen, jetzt haben wir einfach kein Tor gemacht.“

Hinteregge­rs Abteilung, die Defensive, hingegen erledigte ihre Arsammen beit (fast) tadellos. Bis auf die 8. Minute und ein, zwei Kontern in der Schlusspha­se waren Hinteregge­r und Co immer Herren der Lage. Beim Gegentreff­er durch Nicolai Müller nahm Hinteregge­r seinen Torwart Marwin Hitz in Schutz: „Da waren zwei Zentimeter frei und der haut den Ball direkt da rein.“

Mit seinem Partner Jeffrey Gouzu weleeuw bildet der österreich­ische Nationalsp­ieler ein Innenverte­idiger-duo, das zum gehobenen Bundesliga-niveau gehört. Und das mit Linksverte­idiger Philipp Max und auch mit Raphael Framberger, der als Verhaegh-nachfolger die rechte Seite abschirmt, eingespiel­t ist. Da gibt es keine Abstimmung­sprobleme.

Probleme hat der FCA im Vorwärtsga­ng. Da ist Trainer Manuel Baum noch auf der Suche nach der richtigen Mischung. Dass der FCA durch die Abgänge von Paul Verhaegh, Raul Bobadilla, Halil Altintop und Dominik Kohr Qualität und auch viel Erfahrung verloren hat, will Hinteregge­r gar nicht abstreiten, doch darauf hinausrede­n will er sich nicht: „Es waren Klassespie­ler, aber wir haben gute Neuverpfli­chtungen und die werden auch noch richtig einschlage­n. Wir werden das schon kompensier­en.“Hinteregge­r sagt: „Es macht uns Mut, wie wir aufgetrete­n sind, wie wir gekämpft haben, wie wir die Sachen teilweise spielerisc­h gelöst haben.“

Mutmacher scheint ein Teil der Anhänger nötig zu haben. Dort ist schon nach dem ersten Spieltag die Stimmung in die Nähe des Meeresspie­gels gesunken. Hinteregge­r bittet um Geduld: „Druck ist noch keiner da. Es war das erste Spiel, es sind noch 99 Punkte zu vergeben.“

Er weiß aber auch, dass ein Sieg oder wenigstens ein Punktgewin­n „die Sache leichter gegen Gladbach gemacht hätte. Aber wir haben sie zuletzt zu Hause auch geschlagen.“Es war am 17. Dezember, der erste Sieg nach der Beurlaubun­g von Trainer Dirk Schuster. Der FCA gewann 1:0 und das Tor erzielte – Martin Hinteregge­r.

 ??  ?? Martin Hinteregge­r trennt hier Bobby Wood vom Ball. Die Augsburger Defensive war gegen den HSV stabil. In der Offensive war man aber harmlos, erzielte kein Tor und verlor das sechste Saison Auftaktspi­el in Folge.
Martin Hinteregge­r trennt hier Bobby Wood vom Ball. Die Augsburger Defensive war gegen den HSV stabil. In der Offensive war man aber harmlos, erzielte kein Tor und verlor das sechste Saison Auftaktspi­el in Folge.

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