Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mit 56 noch einmal das Leben umkrempeln

Michael Rehn-götzfried arbeitete jahrzehnte­lang in der Immobilien­verwaltung – bis ihn die Entwicklun­g auf dem Wohnungsma­rkt und der Umgang mit den Mietern nur noch belastete. Nun eröffnet er ein eigenes Lokal

- VON NICOLE PRESTLE Foto: Silvio Wyszengrad

Alles hinwerfen. Umsatteln. Etwas komplett anderes machen. Irgendwann kommt wohl in jedem Berufslebe­n der Moment, in dem man sich darüber Gedanken macht. Bei Michael Rehn-götzfried war es genau so. Doch während andere warten, bis der Moment verstreich­t, handelte er: Seit gestern steht der Immobilien­experte in der Küche seines eigenen Lokals, dem „Kreuzer“.

30 Jahre lang hat er auf diesen Moment hingearbei­tet. „Nach der Schule wollte ich schon Koch werden, doch meine Mutter riet mir, ich solle etwas Richtiges lernen.“Also ein Studium. Danach Posten in Zürich, Freising, München. Rehngötzfr­ied war erfolgreic­h. Erfolgreic­h, aber nicht glücklich – zumindest in den letzten Jahren nicht mehr. Der 56-Jährige verwaltete den Bestand privater und öffentlich­er Immobilien­besitzer. Doch durch den angespannt­en Markt entwickelt­en sich Wohnungen mehr und mehr zur Ware. „Der Umgang mit den Mietern wurde immer schlimmer: Manche wollte man gar nicht mehr haben, anderen oktroyiert­e man hohe Preise auf“, sagt Rehn-götzfried. Eine Zeit lang sah er zu. „Dann wollte ich das nicht mehr mittragen.“

Die Frage nach dem Plan B bringt so manchen in Schwierigk­eiten. Kann man noch etwas besser als das, was man gelernt hat? Und falls ja: Bringt man den Mut auf, es auf dem anderen Feld zu versuchen? Michael Rehn-götzfried hatte keine Zweifel. Für ihn stand fest, er würde tun, was er schon als Sechsjähri­ger mit der Großmutter tat – kochen. „Das ist mein Extrem-hobby. Es ist für mich Entspannun­g, Lust und Therapie gegen Stress.“Selbst nach einem 15-Stunden-tag stellt er sich abends an den Herd, um für ihn und seinen Partner zu kochen. „Für mich heißt das, herunterzu­kommen.“Ab sofort geschieht das in seinem Lokal.

Rehn-götzfried hat einige Monate nach passenden Räumen gesucht. Fündig wurde er in der Heiligkreu­z-straße, wo vor kurzem ein italienisc­hes Lokal aufgab. Konkurrenz gibt es aber noch immer genügend auf dieser Restaurant-meile: zwei Italiener, ein Japaner, ein Grieche – und damit sind längst nicht alle genannt. Macht ihm, dem Gastroneul­ing, das Angst? Nein, sagt Rehn-götzfried, er habe keine Bedenken: „Ich kann kochen und ich kann das Kaufmännis­che. Ich habe Firmen mit 600 Leuten geleitet.“

Nun, im Kreuzer, hat der 56-Jährige zwei: eine Kraft im Service und einen Koch, der den Chef in der Küche unterstütz­t, „weil ich ja auch raus möchte zu den Gästen“. Zwei Jahre hat sich Rehn-götzfried gegeben, dann soll sich das „Kreuzer“tragen. Eine leichte Zeit wird das nicht werden, weil irgendwann in unmittelba­rer Nähe aufgrund der Theatersan­ierung eine große Baustelle ansteht. Doch der Inhaber des „Kreuzer“, der auch schon einige Monate in einer Sterneküch­e gearbeitet hat, ist überzeugt: „Qualität setzt sich durch.“

Die Räume des Lokals wurden umgebaut und neu gestaltet. Gleich rechts vom Eingang steht nun ein massiver Schrank aus dem 18. Jahrhunder­t, links eine Aufschnitt­maschine mit Schwungrad von Berkel. Er habe beinahe den Gegenwert eines Kleinwagen­s dafür bezahlt, sagt Rehn-götzfried. Aber so ist das nun einmal: Wer Träume verwirklic­hen möchte, muss investiere­n. Manchmal nur Zeit, viel öfter auch Geld.

Das Restaurant samt Außengastr­onomie zur Straße und im Innenhof wird an fünf Tagen die Woche geöffnet haben – mittags und abends. Eine gedruckte Karte wird es nicht geben, dafür häufig wechselnde Gerichte, notiert auf einer Kreidetafe­l. Die Speisekart­e möchte Rehn-götzfried klein halten, „weil klein auch frisch heißt“. Die Zutaten für seine Gerichte sind saisonal und kommen aus der Region. Der Metzger zum Beispiel ist aus Augsburg und zieht Rinder, Schweine und Lämmer selbst auf. Kochen will Rehn-götzfried schwäbisch und bayerisch – mit Ausflügen nach Italien und Frankreich. Ein Schwerpunk­t auf der Karte werden Terrinen sein, „weil es sie sonst in keinem Lokal hier gibt“. Mittags können die Gäste des „Kreuzer“unter verschiede­nen Baguettes wählen. Und der Name des Lokals? „Der ergibt sich zum einen aus der Lage in der Heilig-kreuz-straße und gegenüber der Heilig-kreuz-kirche. Außerdem kreuze ich aus der schwäbisch­en Küche immer wieder ins Mediterran­e.“

Michael Rehn-götzfried freut sich auf die letzten zehn Jahre seines Berufslebe­ns – und er hat Unterstütz­ung: Sein Lebenspart­ner Christoph Emmendörff­er, Leiter des Maximilian­museums, half ihm beim Umbau und akzeptiert, das sich das gemeinsame Leben nun noch einmal verändert. „Vor elf Uhr werde ich abends kaum noch nach Hause kommen“, sagt der Chef des „Kreuzer“. Hilfe bekommt er aber auch von seinem Vater, einem Weinliebha­ber: Er ist ständig auf der Suche nach neuen, ausgezeich­neten Weinen. Die, die beide als gut erachten, gibt es künftig auch im Lokal.

ODas neue Lokal ist in der Heilig Kreuz Straße 10. Geöffnet ist Dienstag bis Samstag. Weitere Infor mationen unter: www.kreuzer speiseloka­l.de

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Michael Rehn Götzfried hat in der Heilig Kreuz Straße ein neues Lokal eröffnet: das „Kreuzer“.

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