Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Jahr mit besonderen Begegnungen
Das Jubiläum der Augsburger Synagoge hat zu besonderen Besuchern in der Stadt geführt. Das hat Wirkung hinterlassen. Nun steht der Europäische Tag der jüdischen Kultur an
Es ist nicht nur für die israelitische Kultusgemeinde in Augsburg ein besonderes Jahr. Auch für das jüdische Kulturmuseum steht das Jubiläum der Synagoge klar im Mittelpunkt. Vor 100 Jahren wurde das Bauwek errichtet. Es ist eines der wenigen jüdischen Gotteshäuser, die nicht von den Nationalsozialisten zerstört wurden. „Wir schauen auf ein sehr erfolgreiches erstes Halbjahr zurück“, sagt Benigna Schönhagen, die Leiterin des Jüdischen Kulturmuseums. Und das nicht nur wegen des Festakts in der Synagoge, zu dem Bundespräsident FrankWalter Steinmeier kam, sie denkt auch an die Begegnungen mit den Nachfahren der jüdischen Familien, die einst in Augsburg gelebt haben. „Aus anfangs 30 Gästen sind 99 geworden“, sagt Schönhagen. „So ein Treffen passiert nicht oft.“Dieses Treffen war nicht nur eine Geste gegenüber den Nachkommen, es gab nicht nur ein touristisches Programm, in gemeinsamen Workshops seien auch die Geschichten und Lebenswege der ehemals Augsburger Familien festgehalten worden. Voraussetzung für die besonderen Begegnungen sei die Lebenslinien-reihe gewesen, in der die Kontakte zu den Überlebenden des Holocaust über Jahre geknüpft worden sind. Bewegend für Schönhagen war auch der Moment, als gemeinsam Erinnerungsbänder eingerichtet worden sind – etwa in Kriegshaber. 26 Nachfahren der Einstein-familie seien da gewesen, zwei reisten dafür sogar aus Australien an. In den Gesprächen hat sich herausgestellt, dass die Familienmitglieder in Australien auch Ritualgegenstände der ehemaligen Synagoge in Kriegsha- ber aufbewahren. Möglicherweise bekomme das Museum die Stücke, aber das sei noch nicht hundertprozentig sicher. Für Schönhagen und ihr Team ist der Blick längst wieder nach vorne gerichtet. Zum Beispiel gleich einmal auf den Europäischen Tag jüdischer Kultur, der in diesem Jahr am Sonntag, 3. September, stattfindet. „Das Motto lautet: Diaspora“, sagt Schönhagen. „Das passt wunderbar zu dem, was wir gerade in Augsburg in diesem Jubiläumsjahr erlebt haben.“Sie hat das Augenmerk darauf gerichtet, Diaspora an diesem Tag erlebbar zu machen. Für jüdische Gemeinschaften reicht der Ursprung der „Zerstreuung“zurück bis in biblische Zeiten. Nach der Zerstörung des Tempels in Jerusalem im Jahr 70 nach Christus wanderten viele Juden aus Palästina aus und wurden letztendlich über die ganze Welt zerstreut. Erst seit 1948, erst seit der Staat Israel gegründet worden ist, gibt es für Juden überhaupt wieder die Möglichkeit, die Diaspora für sich selbst zu beenden.