Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die „Schnapsidee“eines Küchenchefs
Ein Mann bewirbt sich mit einem gefälschten Zertifikat als Chefkoch bei einer Augsburger Gaststätte. Nachdem er eingestellt wird, kommt es in dem Betrieb zu finanziellen Unregelmäßigkeiten
Wegen Diebstahls und Betrugs hat ein Schöffengericht des Augsburger Amtsgerichts einen 38-jährigen Koch zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Mann hatte seinen Arbeitgeber bestohlen und ihn zudem mit einem falschen Chefkoch-zertifikat betrogen.
Gesucht worden war laut Inserat ein Chefkoch für eine Augsburger Gaststätte. Weil er eine entsprechende Befähigung nicht nachweisen, den Job aber gut brauchen konnte, griff ein 38-jähriger Koch in die Trickkiste. Von einer einschlägigen Seite im Internet, so gestand er jetzt vor Gericht, ließ er sich für eine Gebühr aus der Schweiz ein Zertifikat mit seinem Namen und Geburtsdatum samt Unterschriften und Stempel anfertigen, das ihn auch ohne bestandene Prüfung zum Chefkoch beförderte. Er hätte sich ebenso ein Diplom als Fahrradfahrer bestellen können, erklärte der Mann bei der Hauptverhandlung.
Mit diesem Zertifikat erlangte er die Anstellung als Chefkoch der besagten Gaststätte. Dort kam es in der Folgezeit zu Unregelmäßigkeiten. Der 38-Jährige räumte die Vorwürfe in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ein. Ja, er habe Bedienungsgeldbörsen leer geräumt, ei- nen Umschlag mit Bargeld kassiert und bei Warenlieferungen Geld unterschlagen. Insgesamt habe er seinen Arbeitgeber um knapp 1800 Euro bestohlen. Als Grund führte der Angeklagte Geldforderungen aus seiner Vergangenheit an. Die Beträge habe er aber nicht offiziell bezahlen wollen, um seine Ehefrau nicht zu beunruhigen. „Eine Schnapsidee“, wie er seine Taten jetzt bewertete.
Der Arbeitgeber des Angeklagten berichtete im Zeugenstand über die Vorkommnisse aus seiner Sicht. Während der Monate, in denen der Koch zwischen Herbst 2015 und Frühjahr 2016 für sein Unternehmen gearbeitet hatte, sei es zunehmend zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Erst als zwei zunächst Verdächtigte entlassen worden waren, sich an der Schieflage trotzdem nichts änderte, sei der Verdacht auf den vermeintlichen Chefkoch gefallen und die Polizei eingeschaltet worden. In der Angelegenheit besteht, so zeigte die Verhandlung vor dem Amtsgericht auch, ein zivilrechtlicher Dissens zwischen beiden Parteien.
So fordert der ehemalige Arbeitgeber von seinem fristlos entlassenen Koch rund 10 000 Euro Schadenersatz – darunter über 6000 Euro, die er als Differenzbetrag zwi- schen einem normalen und seinem Chefkoch-gehalt unrechtmäßig bezogen habe. Im Angebot sei derzeit aber nur der Ausgleich des Diebstahlschadens von rund 1800 Euro. Ein arbeitsgerichtliches Verfahren ist anhängig.
Erschwerend für den Angeklagten war der Blick in sein Strafregis- ter. Sieben Eintragungen (darunter Diebstahl, Betrug, Körperverletzung) seit dem Jahr 2000 fanden sich darin, er saß bereits in Haft.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft forderte in ihrem Plädoyer für die Diebstähle, Unterschlagungen und den Betrug eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Verteidiger Rainer Denzinger sah eine viel niedrigere Strafe von sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, als ausreichend an. Sein Mandant befinde sich in psychologischer Behandlung, stehe als Familienvater in der Verantwortung und gehe seit 15 Monaten einer geregelten Tätigkeit nach.
Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Ulrike EbelScheufele verhängte gegen den Koch wegen Diebstahls und Betrug eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Als Auflage muss er 2000 Euro an den Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) bezahlen. Immerhin habe er das Vertrauen seines Arbeitgebers aufs Gröbste missbraucht.
Das Gericht erkannte aber die große Bereitschaft des Angeklagten an, bei der Aufklärung der Straftaten mitzuwirken. Auch sehe es bei dem den 38-Jährigen derzeit keine Gefahr für einen Rückfall in die Illegalität. Zu groß sei das Risiko, dass er seine Familie und seinen Beruf verlieren könnte.
Das bestätigte der 38-Jährige in seinen letzten Worten, als er sich bei den Geschädigten für seine „Schnapsidee“entschuldigte und seine Bereitschaft zur Wiedergutmachung erklärte.