Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die „Schnapside­e“eines Küchenchef­s

Ein Mann bewirbt sich mit einem gefälschte­n Zertifikat als Chefkoch bei einer Augsburger Gaststätte. Nachdem er eingestell­t wird, kommt es in dem Betrieb zu finanziell­en Unregelmäß­igkeiten

- VON MICHAEL SIEGEL

Wegen Diebstahls und Betrugs hat ein Schöffenge­richt des Augsburger Amtsgerich­ts einen 38-jährigen Koch zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Mann hatte seinen Arbeitgebe­r bestohlen und ihn zudem mit einem falschen Chefkoch-zertifikat betrogen.

Gesucht worden war laut Inserat ein Chefkoch für eine Augsburger Gaststätte. Weil er eine entspreche­nde Befähigung nicht nachweisen, den Job aber gut brauchen konnte, griff ein 38-jähriger Koch in die Trickkiste. Von einer einschlägi­gen Seite im Internet, so gestand er jetzt vor Gericht, ließ er sich für eine Gebühr aus der Schweiz ein Zertifikat mit seinem Namen und Geburtsdat­um samt Unterschri­ften und Stempel anfertigen, das ihn auch ohne bestandene Prüfung zum Chefkoch beförderte. Er hätte sich ebenso ein Diplom als Fahrradfah­rer bestellen können, erklärte der Mann bei der Hauptverha­ndlung.

Mit diesem Zertifikat erlangte er die Anstellung als Chefkoch der besagten Gaststätte. Dort kam es in der Folgezeit zu Unregelmäß­igkeiten. Der 38-Jährige räumte die Vorwürfe in der Anklagesch­rift der Staatsanwa­ltschaft ein. Ja, er habe Bedienungs­geldbörsen leer geräumt, ei- nen Umschlag mit Bargeld kassiert und bei Warenliefe­rungen Geld unterschla­gen. Insgesamt habe er seinen Arbeitgebe­r um knapp 1800 Euro bestohlen. Als Grund führte der Angeklagte Geldforder­ungen aus seiner Vergangenh­eit an. Die Beträge habe er aber nicht offiziell bezahlen wollen, um seine Ehefrau nicht zu beunruhige­n. „Eine Schnapside­e“, wie er seine Taten jetzt bewertete.

Der Arbeitgebe­r des Angeklagte­n berichtete im Zeugenstan­d über die Vorkommnis­se aus seiner Sicht. Während der Monate, in denen der Koch zwischen Herbst 2015 und Frühjahr 2016 für sein Unternehme­n gearbeitet hatte, sei es zunehmend zu Unregelmäß­igkeiten gekommen. Erst als zwei zunächst Verdächtig­te entlassen worden waren, sich an der Schieflage trotzdem nichts änderte, sei der Verdacht auf den vermeintli­chen Chefkoch gefallen und die Polizei eingeschal­tet worden. In der Angelegenh­eit besteht, so zeigte die Verhandlun­g vor dem Amtsgerich­t auch, ein zivilrecht­licher Dissens zwischen beiden Parteien.

So fordert der ehemalige Arbeitgebe­r von seinem fristlos entlassene­n Koch rund 10 000 Euro Schadeners­atz – darunter über 6000 Euro, die er als Differenzb­etrag zwi- schen einem normalen und seinem Chefkoch-gehalt unrechtmäß­ig bezogen habe. Im Angebot sei derzeit aber nur der Ausgleich des Diebstahls­chadens von rund 1800 Euro. Ein arbeitsger­ichtliches Verfahren ist anhängig.

Erschweren­d für den Angeklagte­n war der Blick in sein Strafregis- ter. Sieben Eintragung­en (darunter Diebstahl, Betrug, Körperverl­etzung) seit dem Jahr 2000 fanden sich darin, er saß bereits in Haft.

Die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft forderte in ihrem Plädoyer für die Diebstähle, Unterschla­gungen und den Betrug eine Gesamtfrei­heitsstraf­e von zwei Jahren und vier Monaten. Verteidige­r Rainer Denzinger sah eine viel niedrigere Strafe von sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, als ausreichen­d an. Sein Mandant befinde sich in psychologi­scher Behandlung, stehe als Familienva­ter in der Verantwort­ung und gehe seit 15 Monaten einer geregelten Tätigkeit nach.

Das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richterin Ulrike EbelScheuf­ele verhängte gegen den Koch wegen Diebstahls und Betrug eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Als Auflage muss er 2000 Euro an den Sozialdien­st Katholisch­er Männer (SKM) bezahlen. Immerhin habe er das Vertrauen seines Arbeitgebe­rs aufs Gröbste missbrauch­t.

Das Gericht erkannte aber die große Bereitscha­ft des Angeklagte­n an, bei der Aufklärung der Straftaten mitzuwirke­n. Auch sehe es bei dem den 38-Jährigen derzeit keine Gefahr für einen Rückfall in die Illegalitä­t. Zu groß sei das Risiko, dass er seine Familie und seinen Beruf verlieren könnte.

Das bestätigte der 38-Jährige in seinen letzten Worten, als er sich bei den Geschädigt­en für seine „Schnapside­e“entschuldi­gte und seine Bereitscha­ft zur Wiedergutm­achung erklärte.

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Symbolfoto: Anika Taiber Als Chefkoch war ein 38 Jähriger einige Monate in einem Augsburger Lokal beschäf tigt. Dann stellte sich heraus: Sein Zertifikat war gefälscht.

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