Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Als wieder Leben in die Fuggerei einkehrte
Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurden vor 70 Jahren die ersten Häuser in der Sozialsiedlung eingeweiht. Wie viele Touristen die Sehenswürdigkeit pro Jahr besuchen
Vor 70 Jahren versammelten sich am 4. September 1947 die Gäste in der mit Girlanden und dem Lilienwappen geschmückten Herrengasse zur Einweihung der ersten wiederaufgebauten Häuser in der Fuggerei. Sieben Wohnungen der beim Bombenangriff in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 1944 teilweise völlig zerstörten Häuser konnten mehr als zwei Jahre nach Kriegende wieder bezogen werden.
In Anwesenheit der Mitglieder des Hauses Fugger, dem damaligen Bayerischen Arbeitsminister Roßhaupter, Vertretern der Stadt und der amerikanischen Alliierten übergab der damalige Vorsitzende des Fuggerschen Familienseniorats Josef Ernst Fürst Fugger von Glött den künftigen Bewohnern ihre neuen Wohnungsschlüssel. Bevor Bischof Joseph Kumpfmüller die wiedererbauten Häuser und Wohnungen segnete, sprach er zu den Arbeitern, die vorrangig aus der Fuggerei kamen, und dankte ihnen für die Wiederherstellung der Fuggerei.
Die Fuggerei wurde bei zwei Luftangriffen im Februar 1944 zu zwei Dritteln zerstört. Nur wenige Tage nach der Bombennacht beschlossen die Mitglieder des Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Familienseniorats, sofort mit dem Wiederaufbau der Sozialsiedlung zu beginnen. So konnten kurz vor der Währungsreform erste FuggereiBewohner ihre neuen, modernisierten Wohnungen beziehen. Die Häuser wurden nach historischem Vorbild unter der Leitung von Architekt Baron Doblhoff wiederaufge- baut oder repariert, die Wohnungen mit fließendem Wasser, Gasheizung und einem Bad modernisiert. Außerdem wurde eine Erweiterung beschlossen, da es rund um die Fuggerei zerstörtes Gelände gab, sodass noch mehr bedürftige katholische Augsburger für eine Jahreskaltmiete von damals 1,71 Reichsmark eine Wohnung erhalten konnten. Der Einweihungsfeier vor 70 Jahren folgten viele Jahre des Aufbaus, bis die Fuggerei als älteste Sozialsiedlung der Welt wieder in altem Glanz erstrahlte. „Über die beherzte Entscheidung des damaligen Familienseniorats, die Fuggerei wiederaufzubauen, können wir uns heute sehr glücklich schätzen. So können die Stiftungen jetzt 142 Wohnungen für 88 Cent Jahreskaltmiete vergeben“, erklärt Wolf-dietrich Graf von Hundt, Administrator der Fuggerschen Stiftungen.
Heute ist die Fuggerei eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Rund 200 000 Besucher pro Jahr kommen im Schnitt – Tendenz weiter steigend. Die Fuggerei profitiert damit von der allgemeinen Zunahme an Touristen in Augsburg; und natürlich vom eigenen Bekanntheitsgrad. Denn wer nach Augsburg reist, kommt mit ziemlicher Sicherheit auch in die Sozialsiedlung. (Az/ziss)