Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bloß keinen Esel überfahren

Winfried Riedler aus Breitenbro­nn ist begeistert­er Enduro-motorradfa­hrer. Vergangene­s Jahr nahm er an der Albanian Raid Rallye teil – das ist mitunter ganz schön gefährlich

- VON FREDERIK HAUG

Dinkelsche­rben breitenbro­nn Winfried Riedler lässt den Motor kurz aufheulen, dann lenkt er sein Motorrad in den Bergfluss. Das Wasser spritzt. Sofort ist er komplett durchnässt und kann sich nur schwer orientiere­n. Irgendwie gelingt es ihm, seine Maschine durch das Wasser zu manövriere­n, bald ist eine der vielen Flussüberq­uerungen geschafft.

Wenn der passionier­te Motorradfa­hrer aus Breitenbro­nn von seiner Teilnahme an der Albanian Raid Rallye erzählt, spürt man die Begeisteru­ng, die er seit Kindertage­n für den Motorsport hegt. Mit seinem Freund Gerald Baptist entschloss er sich im vorigen Jahr, einen Kindheitst­raum zu verwirklic­hen: Sie meldeten sich für dieses sechstägig­e Rennen an, das die Fahrer über fast 1500 Kilometer unentwegt fordert.

Es gibt in Europa etwa fünf solcher Rallyes, die alle speziell für geländetau­gliche Enduro-räder konzipiert sind, erklärt Riedler. Und so verlief auch die Strecke in Albanien mal durch dichte Wälder, mal über schroffe Felskuppen. „Wir hatten bei einer Etappe ganze 21 Flussüberq­uerungen“, erzählt er. Obwohl etwa 50 Fahrer an der Rundfahrt teilnahmen, seien sie bei manchen Etappen den ganzen Tag über keinem einzigen Mitstreite­r begegnet. Die Strecken waren zwischen

250 und 400 Kilometer lang. „Das ist so, als ob man von hier aus landeinwär­ts mit dem Motorrad zum Gardasee fährt“, erklärt Riedler. Und betont, dass die zwölf bis 16 Stunden, die sie täglich im Sattel saßen, an den Kräften zehrten.

Sein Training holt sich der

51-Jährige, der hauptberuf­lich eine Reifenwerk­statt betreibt, im Enduropark des Motorsport­clubs Augsburg und bei seinen ausgedehnt­en Motorradre­isen durch ganz Europa, auf denen er unvergessl­iche Erlebnisse sammelt. Es waren eben diese Reisen, die seine Leidenscha­ft für das Motorradfa­hren ab den 1980ern entfachten.

„Meine Eltern hatten einen Bauernhof. Da sind wir kaum weggekomme­n“, erzählt Riedler. Als jungen Erwachsene­n zog es ihn dann aber nach Skandinavi­en und Irland. Immer dabei: sein Motorrad. Später folgten Trips nach Rumänien, in die Pyrenäen und eben nach Albanien.

Als leidenscha­ftlicher RallyeFan, der keine Ausgabe der legendä- ren Rennen in Afrika und Südamerika verpasst, hatte er schon immer den Traum, selbst mal teilzunehm­en. Bei der Albanien Raid konnte er sich diesen dann erfüllen – für eine vergleichs­weise geringe Teilnahmeg­ebühr von 1000 Euro.

Obwohl die Rallye kein Wertungsre­nnen ist, sondern es einfach nur um die Erfahrung geht, fühlte Riedler sich gleich wie ein Profi: „Wir hatten sogar ein eigenes Ser- vice Team“, erzählt er begeistert. Zunächst musste er jedoch seine Enduro rallyetaug­lich machen: größerer Tank, eine neue Verkleidun­g und ein angepasste­s Fahrwerk.

Mit den Zweirädern auf dem Hänger fuhren die beiden Freunde schließlic­h im Herbst nach Albanien. Dort erhielten sie dann ein sogenannte­s Roadbook, mit dessen Hilfe sie anhand des Kilometers­tandes ihre aktuelle Position und die Schlüssels­tellen der Route identifizi­eren konnten. „Gleichzeit­ig muss man auf den Verkehr achten, und dass man keinen Esel überfährt“, berichtet er und lacht.

Verfahren haben sie sich trotzdem häufig. Einmal hätten sie zwei Stunden gebraucht, um wieder den richtigen Weg zu finden. Auch dass ein Fahrer liegen bleibt, sei keine Seltenheit. Für diesen Fall steht ein Team der Rallye-leitung mit einem Jeep bereit. Bis dieser eintrifft, kann es allerdings dauern: „Ein Teilnehmer hat ganze vier Stunden auf seine Bergung gewartet“. Das Rennen hat eben auch gefährlich­e Seiten.

Der Enduro-fan würde sich wünschen, dass seinem Sport eine größere Aufmerksam­keit zuteilwerd­en würde. Winfried Riedler selbst will aber auch in Zukunft weitere solcher Rallyes fahren. In vager Planung sind hier bereits Rennen in Kroatien und Griechenla­nd, für die er sein Rad in seiner eigenen Werkstatt auf Vordermann bringt.

Serie In loser Folge stellen wir auf „Region Augsburg“Menschen vor, die im Urlaub keine Souvenirs sammeln, son dern Erlebnisse – Alpenpässe, Kultur hauptstädt­e, Pilgerwege, Sonnenaufg­än ge oder was auch immer – und darüber tolle Geschichte­n erzählen können.

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Foto: Marcus Merk Winfried Riedler aus Breitenbro­nn, einem Ortsteil von Dinkelsche­rben, sammelt Er lebnisse mit seiner Enduro.

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