Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Bloß keinen Esel überfahren
Winfried Riedler aus Breitenbronn ist begeisterter Enduro-motorradfahrer. Vergangenes Jahr nahm er an der Albanian Raid Rallye teil – das ist mitunter ganz schön gefährlich
Dinkelscherben breitenbronn Winfried Riedler lässt den Motor kurz aufheulen, dann lenkt er sein Motorrad in den Bergfluss. Das Wasser spritzt. Sofort ist er komplett durchnässt und kann sich nur schwer orientieren. Irgendwie gelingt es ihm, seine Maschine durch das Wasser zu manövrieren, bald ist eine der vielen Flussüberquerungen geschafft.
Wenn der passionierte Motorradfahrer aus Breitenbronn von seiner Teilnahme an der Albanian Raid Rallye erzählt, spürt man die Begeisterung, die er seit Kindertagen für den Motorsport hegt. Mit seinem Freund Gerald Baptist entschloss er sich im vorigen Jahr, einen Kindheitstraum zu verwirklichen: Sie meldeten sich für dieses sechstägige Rennen an, das die Fahrer über fast 1500 Kilometer unentwegt fordert.
Es gibt in Europa etwa fünf solcher Rallyes, die alle speziell für geländetaugliche Enduro-räder konzipiert sind, erklärt Riedler. Und so verlief auch die Strecke in Albanien mal durch dichte Wälder, mal über schroffe Felskuppen. „Wir hatten bei einer Etappe ganze 21 Flussüberquerungen“, erzählt er. Obwohl etwa 50 Fahrer an der Rundfahrt teilnahmen, seien sie bei manchen Etappen den ganzen Tag über keinem einzigen Mitstreiter begegnet. Die Strecken waren zwischen
250 und 400 Kilometer lang. „Das ist so, als ob man von hier aus landeinwärts mit dem Motorrad zum Gardasee fährt“, erklärt Riedler. Und betont, dass die zwölf bis 16 Stunden, die sie täglich im Sattel saßen, an den Kräften zehrten.
Sein Training holt sich der
51-Jährige, der hauptberuflich eine Reifenwerkstatt betreibt, im Enduropark des Motorsportclubs Augsburg und bei seinen ausgedehnten Motorradreisen durch ganz Europa, auf denen er unvergessliche Erlebnisse sammelt. Es waren eben diese Reisen, die seine Leidenschaft für das Motorradfahren ab den 1980ern entfachten.
„Meine Eltern hatten einen Bauernhof. Da sind wir kaum weggekommen“, erzählt Riedler. Als jungen Erwachsenen zog es ihn dann aber nach Skandinavien und Irland. Immer dabei: sein Motorrad. Später folgten Trips nach Rumänien, in die Pyrenäen und eben nach Albanien.
Als leidenschaftlicher RallyeFan, der keine Ausgabe der legendä- ren Rennen in Afrika und Südamerika verpasst, hatte er schon immer den Traum, selbst mal teilzunehmen. Bei der Albanien Raid konnte er sich diesen dann erfüllen – für eine vergleichsweise geringe Teilnahmegebühr von 1000 Euro.
Obwohl die Rallye kein Wertungsrennen ist, sondern es einfach nur um die Erfahrung geht, fühlte Riedler sich gleich wie ein Profi: „Wir hatten sogar ein eigenes Ser- vice Team“, erzählt er begeistert. Zunächst musste er jedoch seine Enduro rallyetauglich machen: größerer Tank, eine neue Verkleidung und ein angepasstes Fahrwerk.
Mit den Zweirädern auf dem Hänger fuhren die beiden Freunde schließlich im Herbst nach Albanien. Dort erhielten sie dann ein sogenanntes Roadbook, mit dessen Hilfe sie anhand des Kilometerstandes ihre aktuelle Position und die Schlüsselstellen der Route identifizieren konnten. „Gleichzeitig muss man auf den Verkehr achten, und dass man keinen Esel überfährt“, berichtet er und lacht.
Verfahren haben sie sich trotzdem häufig. Einmal hätten sie zwei Stunden gebraucht, um wieder den richtigen Weg zu finden. Auch dass ein Fahrer liegen bleibt, sei keine Seltenheit. Für diesen Fall steht ein Team der Rallye-leitung mit einem Jeep bereit. Bis dieser eintrifft, kann es allerdings dauern: „Ein Teilnehmer hat ganze vier Stunden auf seine Bergung gewartet“. Das Rennen hat eben auch gefährliche Seiten.
Der Enduro-fan würde sich wünschen, dass seinem Sport eine größere Aufmerksamkeit zuteilwerden würde. Winfried Riedler selbst will aber auch in Zukunft weitere solcher Rallyes fahren. In vager Planung sind hier bereits Rennen in Kroatien und Griechenland, für die er sein Rad in seiner eigenen Werkstatt auf Vordermann bringt.
Serie In loser Folge stellen wir auf „Region Augsburg“Menschen vor, die im Urlaub keine Souvenirs sammeln, son dern Erlebnisse – Alpenpässe, Kultur hauptstädte, Pilgerwege, Sonnenaufgän ge oder was auch immer – und darüber tolle Geschichten erzählen können.