Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Archäologe­n graben Reste der Stadtmauer aus

Neben dem Theater verlief die historisch­e Befestigun­g Augsburgs – so viel war von Anfang an klar. Doch nun fanden die Grabungsex­perten noch ganz andere Zeugnisse der Vergangenh­eit

- VON STEFAN KROG

Einen guten Monat nach Beginn der Grabungsar­beiten im Zuge der anstehende­n Theatersan­ierung sind die Archäologe­n auf Überreste der Stadtmauer gestoßen. Die Fundamente liegen in etwa einem Meter Tiefe. „Man hat 1870 nur das abgerissen, was notwendig war“, sagt Stadtarchä­ologe Sebastian Gairhos. Beim Neubau des Königsplat­zDreiecks sei man in nur einem halben Meter Tiefe auf Überreste gestoßen, erinnert er sich.

In den kommenden Wochen und Monaten werden die Überreste der Stadtmauer komplett freigelegt und untersucht. „Dass sie an dieser Stelle verläuft, war keine Überraschu­ng. Das wussten wir aus alten Karten“, so Gairhos. Allerdings sei davon auszugehen, dass sie seit dem 13. Jahrhunder­t immer wieder umgebaut wurde. „In 500 Jahren haben sich schließlic­h die Angriffswa­ffen geändert, sodass man auch bei der Stadtbefes­tigung darauf reagieren musste.“Die Archäologe­n halten es auch für möglich, auf Müllansamm­lungen zu stoßen, die vor der Stadtmauer abgeladen wurden. Und: „Auch Müll kann interessan­t sein“, sagt Gairhos.

Bereits ausgegrabe­n wurden mehrere Säulen- und Fassadenfr­agmente, die wohl dem ursprüngli­chen Theaterbau aus dem Jahr 1876 zuzuordnen sind. Das Gebäude sah damals noch ganz anders aus – es war im Stil der Neorenaiss­ance entworfen und hatte eine reichhalti­g verzierte Fassade mit Statuen und Reliefbild­ern. Im Dritten Reich wünschte Adolf Hitler einen Umbau des Theaters, da der Kopfbau der zur Aufmarscha­llee umfunktion­ierten Fuggerstra­ße werden sollte. Offenbar klopften die Bauarbeite­r damals die Fassadenve­rzierungen einfach ab. Vor einigen Jahren fanden sich im Kiesbett der Wertach im Zuge der Umgestaltu­ng zu Wertach vital zwei Säulen, die dem Theater zugeordnet wurden. Offenbar hatte man sie kurzerhand zur Uferbefest­igung verwendet.

Laut dem Kulturrefe­rat der Stadt sollen die Teile der Theaterfas­sade jetzt gesichert werden. Man denke nach, ob sie künftig im Bauteil II der Sanierung (es handelt sich um einen Neubau für Werkstätte­n und einen Multifunkt­ionssaal nördlich der Ka- sernstraße) gezeigt werden könnten. „Wie und wo muss aber noch entwickelt werden“, so Stadtsprec­herin Elisabeth Rosenkranz.

Die Archäologe­n werden voraussich­tlich noch bis Anfang 2018 auf der ehemaligen Grünfläche neben dem Theater arbeiten. Die Grabung wird nach und nach auf drei Meter vertieft. Ab dieser Tiefe dürfte sich nichts Interessan­tes mehr finden. Im kommenden Jahr soll die Grube dann bis auf eine Tiefe von elf Metern ausgehoben werden. An dieser Stelle entsteht ein zweistöcki­ger Technikkel­ler fürs Theater und später ein oberirdisc­her Probensaal fürs Orchester, in dessen Erdgeschos­s auch die Theaterkas­se sein wird. Voraussich­tlich im Oktober werden die Stadtwerke ihre Fernwärmel­eitung auf einer Länge von etwa 40 Metern unter der Kasernstra­ße neu bauen. Die alte Leitung ist dem Technikkel­ler im Weg. Darum wird einige Meter parallel zur Bestandsle­itung ein neuer Strang verlegt.

Das Große Haus soll, sobald die Sommerferi­en vorbei sind, vom Theater endgültig geräumt werden. Zuletzt wurde es noch für Proben genutzt. Für Besucher war das Haus aus Brandschut­zgründen seit mehr als einem Jahr gesperrt. Ab kommendem Jahr soll das Theater dann entkernt werden. Bis 2023 wird die Sanierung dauern, die Fertigstel­lung des Anbaus ist für 2025 geplant. 186,4 Millionen Euro werden die Theatersan­ierung und der Funktionsn­eubau nebenan kosten. Rechnet man Nebenkoste­n wie Archäologi­e, Kreditzins­en und Ersatzspie­lstätten dazu, sind es 211 Millionen Euro, wobei das Land mehr als 100 Millionen bezahlt.

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Foto: Annette Zoepf Zwischen Großem Haus und Volkhartst­raße sind derzeit die Archäologe­n am Werk. Wie erwartet, haben sie dort Reste der historisch­en Stadtmauer (unser Bild) ausgegrabe­n. Doch ganz nebenbei fanden sich Überreste einer ganz anderen Epoche: Die Figuren, die...
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Foto: Stadt Augsburg Bevor die Nationalso­zialisten das Augsburger Theater umbauten, war die Fassade mit Statuen und Reliefen verziert.

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