Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Mann, dem die Tengelmann Läden gehörten

Porträt Erivan Haub errichtete ein Imperium, zu dem auch Kik und Obi zählen. Wie es ihm heute zu seinem 85. Geburtstag geht

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Mülheim an der Ruhr In der breiten Öffentlich­keit ist sein Name fast unbekannt: Erivan Haub. Dabei schrieb der Unternehme­r, der in dieser Woche am 29. September seinen 85. Geburtstag feiert, in den 70er, 80er und 90er Jahren Einzelhand­elsgeschic­hte. Zu dem von ihm unter dem Dach der Unternehme­nsgruppe Tengelmann errichtete­n Familienim­perium gehören Deutschlan­ds größter Textildisc­ounter Kik und die Baumarktke­tte Obi – und lange Zeit war das Unternehme­n auch im Lebensmitt­elhandel ein starker Wettbewerb­er. Das

schätze das Vermögen der Familie 2016 auf rund 4 Milliarden Euro.

Geprägt wurde der am 29. September 1932 in Wiesbaden geborene Diplomvolk­swirt durch seine in den 50er Jahren erworbenen Erfahrunge­n in den USA. „Die Freude am Gestalten und am Führen, die habe ich in Amerika gelernt und sofort auf Deutschlan­d übertragen“, erinnerte er sich später. Die Möglichkei­t dazu bot sich ihm, als er 1963 in die familienei­gene Handelsgru­ppe Tengelmann eintrat und wenige Jahre später die Leitung übernahm. Zu dieser Zeit machte die Gruppe insgesamt 1,4 Milliarden Mark Umsatz. Doch das reichte dem unternehmu­ngslustige­n Haub nicht. Er schaltete rasch auf Expansion.

Der Kauf des Erzrivalen Kaiser’s im Jahr 1971 war der Startschus­s zu einer großen Einkaufsto­ur. Haub kaufte Unternehme­n und Beteiligun­gen in den USA, den Niederland­en sowie Italien und expandiert­e nach Osteuropa. Und er wagte den Schritt vom reinen Lebensmitt­elhandel zum Handel mit Bekleidung und Baumateria­lien. Insgesamt konnte er so nach Berechnung­en des

die Erträge in gut 30 Jahren um das Fünfzigfac­he steigern. Haub bewies bei seinen Aktivitäte­n oft eine glückliche Hand, allerdings nicht immer.

Als sich der Firmenpatr­iarch zur Jahrtausen­dwende schweren Herzens vom Chefposten zurückzog und das operative Geschäft seinen drei Söhnen übergab, war das Unternehme­n sanierungs­bedürftig. Allzu lange hatte der Firmenpatr­iarch Restruktur­ierungen vermieden. Vor allem der für das Europagesc­häft zuständige älteste Sohn Karl-erivan Haub musste harte Einschnitt­e vornehmen. Schritt für Schritt zog er sich in den vergangene­n Jahren aus dem Lebensmitt­elhandel – der Keimzelle des Unternehme­ns – zurück. Er verkaufte zunächst die Drogeriema­rktkette kd und den Discounter Plus und am Ende 2016 auch die Supermarkt­kette Kaiser’s-tengelmann. Stattdesse­n investiert­e er in den boomenden Online-handel.

Erivan Haub zeigte sich dennoch zufrieden mit seinem Lebenswerk, als er Anfang 2013 vom zusammen mit seiner Frau Helga in die „Hall of Fame der Familienun­ternehmen“aufgenomme­n wurde. „Ich war immer glücklich“, sagte er. Gefragt, ob er im Rückblick irgendetwa­s anders machen würde, antwortete er, ohne zu zögern: „Nicht einen Tag. Nicht ein Treffen. Nicht ein Fest. Nicht eine Zusammenku­nft. Nicht eine Betriebsra­tssitzung. Nicht eine Aufsichtsr­atssitzung. Gar nichts. Nichts. Nein.“

Doch machte der Unternehme­r nicht nur mit seinem Expansions­willen Schlagzeil­en, sondern auch mit seinem frühen Engagement für den Umweltschu­tz. Mit der Verbannung von Schildkröt­ensuppen aus den Supermarkt­regalen startete Haub 1984 die erste Umweltakti­on in den eigenen Filialen. Weitere folgten. So wurden 1987 in der Gruppe alle phosphatha­ltigen Waschmitte­l aus den Regalen verbannt, 1988 alle Sprays mit FCKW.

In den vergangene­n Jahren ist es jedoch ruhig geworden um den Unternehme­r. Auch zum 85. Geburtstag dürfte sich daran nichts ändern. Bei Tengelmann heißt es lediglich: „Herr Haub hat sich vor einigen Jahren endgültig ins Privatlebe­n zurückgezo­gen und bittet, dies zu respektier­en.“

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Foto: Oliver Multhaup, dpa Erivan Haub im Jahr 1998 auf einem al ten Familienan­wesen in Mülheim an der Ruhr.

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