Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bahn Ehe weckt Sorgen in Paris

Fusion Siemens und Alstom legen ihre Zug-sparten zusammen. Der Münchner Konzern wird knapp die Mehrheit an dem Unternehme­n halten. Das schürt Ängste in Frankreich, auch wenn es zunächst eine Arbeitspla­tzgarantie gibt

- VON STEFAN STAHL

Augsburg/paris Siemens-chef Joe Kaeser hat in den vergangene­n Wochen hoch gepokert und gewonnen. Was lange als aussichtsl­os galt, ist nun unter Dach und Fach: Der Münchner Konzern kann, wenn die Kartellbeh­örden zustimmen, seine Bahnsparte (ICE, Trambahnen, Lokomotive­n, Signaltech­nik) mit dem französisc­hen Konkurrent­en Alstom (Schnellzug TGV) zusammenle­gen.

Eine solche deutsch-französisc­he Zug-ehe hatte Kaeser schon einmal 2014 angepeilt, war jedoch gescheiter­t. Dass seinem Vorhaben nun im zweiten Anlauf mehr Glück vergönnt ist, geht nach Informatio­nen unserer Zeitung aus Industriek­reisen vor allem auf zwei Umstände zurück: Zum einen zahlte sich für den Bayern die Strategie aus, dass er parallel mit den Franzosen auch mit dem kanadische­n Bahn-rivalen Bombardier verhandeln konnte. So hat der Manager den Druck auf Paris erhöht, eine Allianz mit Siemens zu schmieden. Die Franzosen mussten nämlich befürchten, dass die Deutschen nach einem Nein zur Fusion aus Frankreich umgehend eine Partnersch­aft mit Bombardier verkünden. Alstom wäre im internatio­nal immer härter werdenden Zuggeschäf­t massiv zurückgefa­llen und in eine Krise gefahren.

Dass die Franzosen zu einer Partnersch­aft mit den noch vor Jahren misstrauis­ch beäugten Deutschen bereit sind, hängt aber auch daran, dass sich in China vor zwei Jahren der Bahn-riese CRRC gebildet hat. Das Kürzel steht für China Railway Rolling Stock Corporatio­n. Dahinter steckt der Zusammensc­hluss der beiden führenden Zuganbiete­r des asiatische­n Riesenreic­hs zu einem Unternehme­n, das weitaus größer ist als die Bahn-sparten von Siemens und Alstom zusammen.

Das allein erklärt noch nicht die plötzliche Fusionswil­ligkeit der Franzosen. Aber bei Alstom besteht die berechtigt­e Sorge, dass die Chinesen drauf und dran sind, in den europäisch­en Markt einzudring­en und damit die Anbieter in Deutschlan­d und Frankreich anzugreife­n. Das könnte nach Recherchen des

so funktionie­ren: CRRC übernimmt, wie schon lange spekuliert wird, den tschechisc­hen Bahn-anbieter Skoda Transporta­tion. Was dabei für die Chinesen so interessan­t ist: Die Tschechen wis- sen, wie in den abgeschott­eten europäisch­en Eisenbahnm­ärkten Züge zugelassen werden. Das gilt als die zentrale Tür, um einen Fuß in den europäisch­en Markt zu bekommen.

All diese Argumente konnte Kaeser in Paris als Trumpfkart­en ausspielen. So hat er Management und vor allem auch die Regierung in Paris von seinen Plänen überzeugt. Entspreche­nd gut gelaunt und mit einem Lächeln im Gesicht präsen-

Größte Zugherstel­ler

Die größten Zugherstel­ler gemessen am Umsatz (Zahlen von 2016):

1. CRRC, China, 30,5 Mrd. Euro. 2. Siemens/alstom, Deutsch land/frankreich, 15,2 Mrd. Euro.

3. Bombardier, Kanada, 7,5 Mrd. Euro.

4. GE Transporta­tion, Mrd. Euro. 5. Trinity, USA, 3,5 Mrd. Euro. 6. Hitachi, Japan, 3,0 Mrd. Euro. 7. Greenbrier Companies, USA, 2,4 Mrd. Euro.

8. Hyundai Rotem, 2,1 Mrd. Euro.

9. Stadler, Schweiz, 2,0 Mrd. Euro.

10. Transmashh­olding, land, 1,6 Mrd Euro. (dpa) USA, 4,3 Südkorea, Russ tierte sich der Siemens-chef gestern bei einer Pressekonf­erenz mit Alstom-boss Henri Poupart-lafarge. Französisc­he Journalist­en teilten allerdings nicht die Begeisteru­ng des Deutschen für das Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit Siemens. Sie verwiesen in ihren Fragen besorgt darauf, dass die deutsche Seite mit knapp über 50 Prozent die Mehrheit an dem neuen Zug-konzern hat. Da halfen auch Hinweise von Kaeser und Poupart-lafarge nicht, dass der neue Bahn-gigant seinen Hauptsitz im Großraum Paris hat und das Unternehme­n in Frankreich an der Börse notiert sein wird. Selbst dass der Alstom-chef der neue Boss des Ice-tgv-konzerns wird, beruhigt die Gemüter in Frankreich nicht.

Denn die Unternehme­r gaben auch bekannt, dass sie sich durch die Fusion jährliche Synergien von 470 Millionen Euro spätestens im vierten

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