Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Mann soll Freundin zu Tode vergewaltigt haben
Verbrechen Bei einer Wohnungsräumung stoßen Polizisten auf die Leiche einer Frau. Sie hat Verletzungen im Unterleib und ist verblutet. Bald soll sich der 57-jährige Mieter deshalb vor Gericht verantworten. Welche Strafe droht ihm?
Der Fall spielte sich im Februar in einem großen Mietshaus in der Jakobervorstadt ab. Bei der Zwangsräumung eines Ein-zimmer-apartments stießen eine Gerichtsvollzieherin und Polizeibeamte auf die Leiche einer Frau. Sie lag auf einer Matratze. Das viele Blut deutete darauf hin, dass sie verblutet sein muss. Die Tote war eine Freundin des 57-jährigen Apartment-mieters. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Mann die Frau vergewaltigt hat und sie sterben ließ.
Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen Anklage gegen den 57-Jährigen erhoben. Wie Sprecher Matthias Nickolai unserer Zeitung bestätigt, wird dem Mann Vergewaltigung mit Todesfolge vorgeworfen. Das Opfer soll den Angeklagten hin und wieder in seinem Apartment in der Paracelsusstraße besucht haben. Beide sollen der Polizei als Trinker bekannt gewesen sein. Laut Anklage soll der 57-Jährige die Frau mit mehreren Gegenständen brutal vergewaltigt haben. Eine Obduktion der Leiche in der Rechtsmedizin ergab, dass der Täter mit großer „Intensität und Kraftanstrengung“vorgegangen sein muss. Die Frau erlitt dadurch Verletzungen im Unterleib, wegen derer sie verblutete.
Als am Morgen nach der mutmaßlichen Tat die Polizisten und die Gerichtsvollzieherin gegen 9 Uhr an der Tür des Apartments geklingelt hatten, hatte ihnen der 57-Jährige selbst die Tür geöffnet. Die Anklage geht davon aus, dass er in den Stunden zuvor keine Hilfe geholt hatte, obwohl er nach Ansicht der Ermittler die starken Blutungen der Frau bemerkt haben musste. Das Apartment war klein. Es gab neben einem Zimmer nur ein kleines Bad und einen Balkon. In der verwahrlosten Wohnung lagen zudem viele blutverschmierte Lappen und Papiertücher herum.
Der Mann hatte zunächst gesagt, er habe morgens gegen 7.30 Uhr noch mit der Freundin gesprochen. Ihr sei kalt gewesen, deshalb habe er der nackten Frau ihre Kleidung angezogen. Danach habe er sich wieder schlafen gelegt. Er habe nicht gemerkt, dass sie gestorben ist. Sein Verteidiger Marco Müller sagt, sein Mandant bestreite jedenfalls, dass er den Tod der Freundin einfach so in Kauf genommen habe.
Eine Frage im Prozess wird sein, welche Rolle es spielt, dass der 57-jährige Alkoholiker ist, und offenbar auch zur Tatzeit eine Menge getrunken hatte. Bei seiner Festnahme am anderen Vormittag hatte er noch rund 1,6 Promille Alkohol im Blut. Nach Informationen unserer Zeitung gibt es auch Hinweise darauf, dass der Mann womöglich an einer psychischen Störung leiden könnte. Ein Gutachter soll diese Fragen im Prozess beantworten. Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai sagt dazu: „Aufgrund der bisherigen Ermittlungen gibt es jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für eine Schuldunfähigkeit des Angeklagten erfüllt sind“. Auch das Opfer war nach Ansicht der Ermittler nicht so vom Alkohol benebelt, dass es von der Vergewaltigung eventuell nichts mitbekommen haben könnte.
Für eine Vergewaltigung mit Todesfolge sieht das Gesetz eine Haftstrafe von mindestens zehn Jahren vor. Auch eine lebenslange Gefängnisstrafe ist möglich. Bei einer verminderten Schuldfähigkeit des Täters kann die Strafe aber auch unter zehn Jahren liegen. Der Prozess soll noch in diesem Jahr – voraussichtlich im November – vor dem Augsburger Landgericht beginnen.