Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie uns Werbegeschenke beeinflussen
Studie Animieren uns der geschenkte Kugelschreiber oder Wandkalender wirklich zum erneuten Einkauf in einem Geschäft? Was ein Augsburger Uni-professor herausgefunden hat und was Händler und Kunden sagen
Ein Junge tritt an der Kasse der Spitzwegapotheke in Hochzoll ungeduldig hin und her. Schließlich zupft er seine Mama an der Jacke und flüstert „Wo bleibt denn heute der Traubenzucker?“.
Der junge Mann heißt Jonah und seine Mama ist Kundin der Apotheke. Heute kaufen die beiden Nasenspray für Schwester Amelie. Und Jonah will unbedingt den obligatorischen Traubenzucker dazu. „Manchmal gibt es auch eine kleine Holzfigur oder ein Büchlein geschenkt“, erzählt er. Tatsächlich kommt seine Mutter Iris Eckle nicht nur wegen der guten Beratung in die Spitzwegapotheke, sondern auch der netten Geschenke wegen. „Da fühle ich mich gut aufgehoben und wertgeschätzt“, sagt sie.
Apotheker Michael Günther hat demnach alles richtig gemacht und geschickt über den Sohn die ganze Familie Eckle als Kunden gewonnen. Doch wie er selbst sagt, sind solche Szenen kein Ergebnis gezielter Marketing-strategien. „Mir macht es einfach Spaß, den Kindern eine Freude zu machen. Bei den Eltern bedanke ich mich für den Einkauf
Rabattsysteme funktionieren beim Kunden am besten
und ihre Treue“, erzählt er. Nur indirekt setze er kleine Geschenke als Marketing-mittel ein. Denn: „Fraglich ist, ob das überhaupt einen Beitrag zum Erfolg meiner Apotheke leistet. Messen kann ich das nämlich nicht.“
Ein Argument, das viele Einzelhändler und Unternehmen kennen dürften. Lohnt sich der finanzielle Aufwand für Werbegeschenke überhaupt? Locken Kugelschreiber und Wandkalender den Kunden wirklich erneut in mein Geschäft?
Michael Paul, Marketing-professor an der Universität Augsburg, hat die Antwort. Zusammen mit drei Kollegen hat er untersucht, ob Werbegeschenke tatsächlich wirken und Unternehmen einen finanziellen Nutzen bieten. Die Ergebnisse: Wer das richtige Geschenk passend überreicht, kann das Einkaufsverhalten der Kunden beeinflussen und einen finanziellen Vorteil für sein Unternehmen erzielen. Eine Erkenntnis, die es auf wissenschaftlicher Basis seiner Aussage nach bisher so nicht gab.
Aber wie konkret lassen sich Kunden nun durch Werbegeschen- ke beeinflussen? Apotheker Michael Günther verlässt sich auf sein Gefühl und setzt auf Abwechslung und Freundlichkeit. „Wir übergeben die Kleinigkeit mit netten Worten und wechseln durch. Mal gibt es Taschentücher, mal Halspastillen“, erklärt er und trifft damit – ganz unbewusst – voll ins Schwarze. „Wenn die Übergabe einer kleinen Aufmerksamkeit mit einem Dankeschön seitens des Unternehmens verbunden ist, kommt es sehr gut an. Es wird als Geschenk gewertet und als solches angenommen“, zieht Michael Paul ein Fazit aus seiner Studie. Eine Strategie, die auch bei der Stadtsparkasse Augsburg bereits erfolgreich angewandt wird. „Bei uns stehen hauptsächlich Kinder und Jugendliche im Fokus. Für sie gibt es verschiedenste Präsente – von der Geburt bis zur Volljährigkeit. Zuge- schnitten auf den jeweiligen Anlass und das Alter“, beschreibt Ursula Brandhorst-burk, Leiterin des Marketings. Mal sei es ein „Dankeschön“, mal ein Angebot, Kunde zu werden. Einen mittleren sechsstelligen Betrag gibt die Sparkasse ihren Angaben nach für sämtliche Kundenpräsente aus und will deshalb nur wenig dem Zufall überlassen. Das betrifft auch die Auswahl der Geschenke.
Denn auf die kommt es besonders an. Ein Geschenk muss wertvoll sein, besagt die Uni-studie. „Und zwar im Sinne dessen, dass es dem Kunden nutzt“, so Marketing-experte Paul. Wer wahllos Gegenstände verschenke, werde damit keinen Erfolg haben, egal, wie nett er sich bedankt. „Wenn sie mal wieder eine Tasse oder einen Schlüsselanhänger übergeben, die weder dem Kunden nutzen noch in Bezug zu ihrem Unternehmen stehen, kann das unter Umständen sogar negativ wirken.“Die Geschenke müssten vielmehr hochwertig sein, und zwar im Sinne
Das ist die Studie
Wer hat was untersucht Der Augsburger Uni Professor Michael Paul, Inhaber des Lehrstuhls für Va lue Based Marketing, ist zusammen mit drei Kollegen der Frage nachgegan gen, wie Werbegeschenke beim Kun den ankommen und ob sie eine Wir kung erzielen, die dem Unternehmen anschließend finanzielle Vorteile bringen.
dessen, dass sie dem Kunden etwas bedeuten, so Paul. Effektiv seien neben Präsenten auch Loyalitätsprogramme und Rabatte. „Wer dem Kunden einen Preisnachlass bei weiteren Einkäufen einräumt – auch wenn es nur wenige Cent sind –, kann davon als Unternehmen profitieren“, so Paul. Die Rabattmarken verschiedener Drogerieketten setzten auf dieses Phänomen. Eine Erfahrung, die auch Apotheker Günther mit seinen neu eingeführten
Wie wurde untersucht Die Studie wertete die Daten von 2000 Fluggästen einer deutschen Flugge sellschaft aus. Diese erhielten während eines Feldexperiments unterschied liche Werbegeschenke. Danach wurde untersucht, welche Gruppe am häu figsten weitere Flüge bei der Airline buchte und aus welchem Grund. (nist)
Rabattcoupons für frei verkäufliche Ware gemacht hat. Die Stadtsparkasse setzt auf Startguthaben bei der Kontoeröffnung oder vergünstigte Eintritte zu verschiedenen Freizeitangeboten. Sie sind Kunden und Knax-club-mitgliedern vorbehalten. „Damit haben wir bisher gute Erfahrungen gemacht und sicher den ein oder anderen motiviert, zur Sparkasse zu kommen oder bei uns zu bleiben“, ist Brandhorst-burk sicher.