Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Mehr Platz für Psychiatrie Patienten
Medizin Das Bezirkskrankenhaus nimmt heute einen Anbau für 14 Millionen Euro in Betrieb. Er soll für Entlastung in der Klinik sorgen, die jährlich um die 15 000 Patienten behandelt. Die nächste Erweiterung ist schon geplant
Nach rund zwei Jahren Bauzeit eröffnet das Bezirkskrankenhaus am heutigen Montag einen 14 Millionen Euro teuren Erweiterungsbau, der Platz für 66 Betten bietet. Damit verschafft sich das psychiatrische Krankenhaus, das zwischen Klinikum und der Grenze zu Westheim liegt, mehr Raum. Der ist auch dringend nötig, denn zuletzt war das Haus im Durchschnitt zu 107 Prozent ausgelastet, war also chronisch überbelegt. Platz blieb kaum – wo ein Bett hinpasste, musste eines stehen, auch wenn es dort nicht geplant war. Thomas Düll, der Chef der schwäbischen Bezirkskliniken, spricht von einer „Mangelverwaltung, die wir über Jahre hatten“.
Mit dem Anbau, in dem 100 Beschäftigte arbeiten werden, wächst die Psychiatrie jetzt auf 326 stationäre Plätze. „Der Ballungsraum Augsburg wächst bei der Bewohnerzahl, und das macht sich auch bei den Patientenzahlen bemerkbar“, sagt Prof. Max Schmauß, Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses. Mit Krankheiten wie Demenz, Depression und Sucht hätten fünf der zehn häufigsten Volkskrankheiten weltweit eine psychische Ursache.
Mit dem Anbau schaffe man es zudem, das Behandlungsangebot weiter zu differenzieren, so Schmauß. Neben allgemein-psychiatrischen oder Suchtstationen gibt es beispielsweise auch eine Station für junge Erwachsene oder Stationen der Alterspsychiatrie.
Die Zimmer des neuen Traktes sehen wohnlich aus. „Es muss nicht stärker nach Krankenhaus aussehen als nötig“, sagt Düll. Der Kunststoff-boden ähnelt optisch einem Holzparkett, in den Gängen hängen Kunstwerke. Es ist nicht selten, dass Patienten in schwierigen Phasen auch drei bis vier Wochen im Krankenhaus bleiben. Mit Musik-, Kunst- oder Sporttherapie sollen Patienten eine geordnete Tagesstruktur erhalten. Es gibt Grünflächen zwischen den flachen Gebäuden, damit die Patienten draußen spazieren gehen können. „Bei uns sollen sie nicht den Tag über im Bett liegen. In einem psychiatrischen Krankenhaus geht es darum, die Patienten zu aktivieren“, sagt Schmauß.
Über 80 Prozent der jährlich rund 4500 stationären Patienten kommen freiwillig in die Einrichtung, weil sie Hilfe suchen, etwa wegen einer Depression oder Suchterkrankung. Die anderen knapp 20 Prozent werden meist von der Polizei gebracht, etwa weil sie verwirrt wirken und für sich oder andere gefährlich werden könnten. Verurteilte psychisch kranke Straftäter sind im Augsburger Bezirkskrankenhaus nicht untergebracht.
Um der steigenden Patientenzahlen Herr zu werden, haben die Bezirkskliniken inzwischen das frühere Gebäude des Blutspendedienstes an der Westheimer Straße gekauft. Hier sollen in voraussichtlich zwei Jahren nach einer Kernsanierung die psychiatrischen Ambulanzen konzentriert werden. 10000 bis 12000 Patienten pro Jahr werden momentan ambulant behandelt, mitunter im Nachgang zu einem stationären Aufenthalt. Bei niedergelassenen Ärzten müssten Patienten mitunter wochenlang auf einen Termin warten. Auch mit diesem Schritt verschaffe man sich etwas mehr Platz, so Düll. Denn inzwischen sind keine Erweiterungsflächen mehr zwischen Klinikum und Westheim mehr übrig.
Künftig wird am Bezirkskrankenhaus auch geforscht werden, wenn es Teil der Uni-klinik wird. Weil das Klinikum keine psychiatrische Klinik hat, wird das Bezirkskrankenhaus diesen Part übernehmen. Es bleibt aber in Trägerschaft des Bezirks und wird nicht vom Freistaat übernommen. Der Nachfolger von Schmauß, 66, wird nicht nur Ärztlicher Direktor sein, sondern auch Lehrstuhlinhaber an der Medizinfakultät der Augsburger Uni. Mit 350 Betten (die Tagesklinik mitgezählt) werde man die größte Fachklinik der Uniklinik sein, so Düll.