Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
„Umparken im Kopf“ist für Sparer Pflicht!
Gespräch mit den Anlageexperten der Augsburger Aktienbank
Florian Tautz und Stefan Wittmeier sind Anlagespezialisten der Augsburger Aktienbank. In Zeiten von Nullzins und Inflation sehen sie mehr denn je Handlungsbedarf bei den Themen Vermögensaufbau und Vorsorge.
Zahnarzt, Steuererklärung, Finanzangelegenheiten – alles Themen, um die viele sich eher ungern kümmern? Stefan Wittmeier: Tatsächlich beschäftigen sich viele Leute ungern mit den Themen Vermögensaufbau und Vorsorge. Urlaub, Freizeit oder Auto erzeugen angenehmere Assoziationen. Das liegt aber bestimmt auch daran, dass Finanzprodukte und Dienstleistungen nicht direkt greifbar sind. Und es fehlt der aktuelle Bezug zum Alltag.
Dabei ließe sich die Brücke zum täglichen Leben sehr leicht schlagen! Florian Tautz: Viele Menschen leben rein in der Gegenwart, genießen den Augenblick und blenden die Zukunft aus. Doch wussten Sie, dass Sie, wenn Sie als Mann heute 45 Jahre alt sind, statistisch ziemlich sicher 88,1 Jahre alt werden. Mit einer Wahrscheinlichkeit von fast 50 Prozent werden Sie sogar 90 Jahre alt. Eine heute 45-jährige Frau wird über 92 Jahre! Das sollte jeder vor Augen haben und sich fragen, ob bis dahin das Ersparte reicht. Der jährliche Rentenbescheid müsste somit dafür sorgen, dass viele Ihrer Kunden bei Ihnen Schlange stehen? Tautz: Das Problem ist, dass wir einen radikalen Zeitenwandel erleben. Unsere Kunden kennen noch Zeiten, in denen sich das Ersparte binnen 17 Jahren verdoppelte. Bei einem Guthabenzins von vier Prozent war das mit Zinseszinseffekt machbar. Beim heutigen Zinsniveau von 0,5 Prozent im Jahr dauert eine Verdopplung 139 Jahre, unberücksichtigt von Inflation und Steuer. Wer das erkennt, sucht nach Alternativen. Wittmeier: Ja, nur es erfordert ein deutliches „Umparken im Kopf“. Was früher Zinserträge waren, könnten heute beispielsweise Dividenden sein. Es gibt zahlreiche Unternehmen weltweit, die regelmäßig Dividende an ihre Aktionäre ausschütten. Und das seit fünf, zehn oder 20 Jahren. Je nachdem, wie viele Anteile ein Kunde in seinem Depot hält, ist der jährliche Dividendenertrag entsprechend hoch. Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten des Vermögensaufbaus. Wichtig ist es heute, in Sachwerte zu investieren, statt auf die Vermehrung von Kapital mittels Zins zu hoffen. Tautz: Es ist unseres Erachtens besser, in Sachwerte zu investieren, als sein Geld auf Sparbuch, Festgeld oder Tagesgeld zu parken und zu hoffen, dass es sich nennenswert vermehrt. Der Kauf einer Immobilie, der Erwerb von Rohstoffen wie Gold oder die Investition in Unternehmen, sei es mit Aktien oder Fonds, sind überlegenswerte Alternativen. Bei allen Investitionen ist die Streu- ung extrem wichtig. Hier neigen viele Menschen dazu, auf ein Pferd zu setzen, anstatt sich breit aufzustellen. Ein Stuhl, der auf Immobilien, Wertpapiere und Rohstoffe setzt, steht garantiert stabiler als ein Einbein.
Wieso „parken“dann Bürger im Kopf um? Wittmeier: Weil es bei Wertpapieranlagen keine feste Garan-
wenig tie einer Wertsteigerung gibt. Auch Verluste können bei diesen Anlageformen entstehen. So gibt es beispielsweise ein Kursänderungsrisiko, wenn der Wert eines Fonds oder einer Aktie während der Laufzeit fällt und deutlich unter dem Erwerbspreis liegt, oder ein Währungsrisiko, das dann entsteht, wenn sich der Wechselkurs der Fondswährungen zum Nachteil des Anlegers ändert. Ich muss mir als Anleger darüber im Klaren sein, dass ich ohne Risiko heute keinen Ertrag erzielen kann. Das ist die harte Wahrheit.
Was antworten Sie Menschen, die kein Risiko eingehen möchten? Tautz: Wir sind im Alltag von Risiken umgeben, doch beim Umgang mit Finanzen verhalten Menschen sich nicht rational. Oft beobachten wir eine schizophrene Situation in der Einstellung gegenüber Wertschwankungen: Menschen sind bereit, sich einen Neuwagen zu kaufen, der mit der Zulassung mehrere Tausend Euro an Wert verliert. Aber wenn die Aktie eines Autoherstellers um einige Prozentpunkte sinkt, bricht Panik aus. Oder Kunden kaufen ein iphone X, obwohl sie genau wissen, dass das Gerät in drei Jahren völlig veraltet ist. Wieso investieren die Menschen nicht in gleichem Maße in Aktien ihres bevorzugten Unternehmens? Dieses irrationale Kundenverhalten bei Finanzentscheidungen ist übrigens auch das Thema von Richard H. Thaler, der diese Woche den Wirtschaftsnobelpreis erhalten hat.
Risiko = Spekulieren. Assoziieren viele Menschen das beim Thema Aktien? Wittmeier: Ja. Das Thema Geldanlage lässt sich bildlich mit der A9 vergleichen. Wer in Dividendenaktien investiert, der fährt auf der Überholspur. Dort geht es schneller voran, aber man muss auch häufiger Gas geben und bremsen. Und das Risiko ist höher. Auf der mittleren Spur bewegt man sich mit durchschnittlichem Tempo. Das entspricht der Investition in Immobilien. Auf der rechten Spur gab es früher risikoloses Tagesgeld, Festgeld, Sparbuch und Staatsanleihen. Doch diese Spur ist seit mehreren Jahren komplett gesperrt. Und ein Ende der Baustelle ist nicht in Sicht! Parallel zur Autobahn gibt es die ICEStrecke. Das sind quasi Mischfonds, die auf Aktien und Anleihen setzen. Hier geht es schnell, risikoärmer und mit wenigen Stopps voran.
Das Bild ist gut. Aber es gibt viele Autobahnen und Bahnstrecken, die zum Ziel führen. Tautz: Genau da sehen wir unsere Expertise. Ziel ist es, dass unsere Kunden gut und schnell zum Ziel kommen. In unserer Beratung steht nicht der Produktverkauf im Vordergrund, sondern die Kundenzufriedenheit. Wir zeigen Möglichkeiten auf, ohne unseren Kunden einen festen Weg vorzugeben. So führen wir beispielsweise regelmäßig Informationsabende für Interessierte und Kunden durch, die alle Sachwertanlagen beleuchten. Hier kann man sich einen ersten Eindruck verschaffen. Und es hilft jedem, „im Kopf umzuparken“!