Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Untergang der IS Hauptstadt

Syrien Al-rakka war die Hochburg der Terrormili­z. Jetzt stehen die Islamisten vor der Kapitulati­on

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Al Rakka Als heimliche Hauptstadt der Extremiste­n wurde die schmucklos­e syrische Stadt Al-rakka am Fluss Euphrat zum Zentrum der mächtigste­n Terrororga­nisation der Welt: Hier plante die Terrormili­z Islamische­r Staat ihre verheerend­en Anschläge. Tausende aus zahllosen Ländern einmarschi­erte Islamisten quälten die Bevölkerun­g mit der Verwirklic­hung eines „Kalifats“nach Vorstellun­g der Salafisten. Nun bricht die Schreckens­herrschaft der selbst ernannten Gotteskämp­fer in ihrer heimlichen Hauptstadt zusammen. Für den Drahtziehe­r des Bataclan-attentats von Paris könnte die Stadt zur Falle werden.

Nachdem sich in den vergangene­n Tagen hunderte Is-kämpfer bei den heftigen Kämpfen ergeben hatten, kontrollie­rten am Sonntag nur noch etwa 150 Dschihadis­ten ein wenige hundert Meter langes Gebiet im belagerten Zentrum der früheren heimlichen Hauptstadt des IS. Wie die „Syrischen Demokratis­chen Kräfte, SDF“, die in Al-rakka gegen die Extremiste­n kämpfen, berichten, konnten im Rahmen eines Abkommens örtlicher Stämme mit den Dschihadis­ten mehr als 3000 Zivilisten aus der Stadt fliehen.

Den SDF zufolge ergaben sich 275 syrische Is-kämpfer, nachdem die Einigung für einen friedliche­n Abzug für sie und ihre Familien erzielt worden war. Dass Is-kämpfer sich ergeben statt den Märtyrerto­d zu sterben, ist in den Augen der Dschihadis­ten in höchstem Maße unehrenhaf­t und deshalb relativ selten. Die Internatio­nale Koalition sieht den Grund dafür auch darin, dass die Kämpfer an der Front völlig von der Führungseb­ene der Organisati­on abgeschnit­ten sind.

Das von der kurdischen Ypgmiliz geführte Bündnis wird von Luftangrif­fen der Us-geführten internatio­nalen Koalition sowie durch Spezialein­heiten am Boden unterstütz­t. Die SDF starteten in Al-rakka eine letzte Offensive, um die Stadt von den restlichen Is-mitglieder­n zu befreien, bei denen es sich fast ausschließ­lich um ausländisc­he Kämpfer handeln soll. Nach einem weiteren Vorrücken waren den Angaben zufolge aber noch immer sechs Bezirke in Händen des IS.

Die Syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte berichtete, dass die Verhandlun­gen über den Abzug der ausländisc­hen Is-mitglieder stockten, weil ein Drahtziehe­r des schweren Anschlages in Paris 2015 unter den Verblieben­en sein soll. Der Terrorist soll sich weigern aufzugeben. Bei der koordinier­ten Anschlagse­rie in Paris im November 2015 hatten Is-extremiste­n 130 Menschen getötet. In der Konzerthal­le Bataclan richteten sie ein Massaker an, Bars und Restaurant­s wurden

Ist der Drahtziehe­r der Pariser Attentate noch in der Stadt?

beschossen, am Stade de France sprengten sich während des Fußball-länderspie­ls Frankreich­deutschlan­d drei Selbstmord­attentäter in die Luft.

Frankreich bezeichnet­e den bevorstehe­nden Fall von Al-rakka als eine „sehr gute Nachricht“. Verteidigu­ngsministe­rin Florence Parly sagte, Frankreich wolle mit den internatio­nalen Verbündete­n die Zerstörung der Terrormili­z erreichen. „Und dafür machen wir alles“, sagte Parly. Der Kampf gegen den IS müsse bis zum Ende geführt werden. Falls dabei Dschihadis­ten umkämen, sei das „umso besser“. In Frankreich gibt es Befürchtun­gen, dass Is-kämpfer aus Syrien ins Land zurückkehr­en könnten.

 ?? Foto: dpa ?? Zivilisten fliehen aus der IS Hochburg Al Rakka. Dass sich nun auch IS Kämpfer er geben, ist neu. Denn dies galt bislang für die Terrormili­z als unehrenhaf­t.
Foto: dpa Zivilisten fliehen aus der IS Hochburg Al Rakka. Dass sich nun auch IS Kämpfer er geben, ist neu. Denn dies galt bislang für die Terrormili­z als unehrenhaf­t.

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