Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Das Gehirn des Fußballfans ist faul
Nein, Menschen mögen allgemein keine Veränderung. Das hat etwas mit Prozessen zwischen den Ohren zu tun. Mit Synapsen, Verknüpfungen, Nerven und so. Denn: Das Gehirn ist faul. Statt sich auf Ungewohntes einzulassen, hält es geflissentlich an Bewährtem fest. Wer seine Küche umräumt, wird tagelang den Kochlöffel just in jener Schublade suchen, in der nun der Gemüseschäler auf Einsätze wartet. Aus demselben Grund sind Vorurteile schwer zu widerlegen. Wer Erfahrungen sammelt, ordnet diese lieber einer Ausnahme zu, als sein gefasstes Urteil zu überarbeiten.
Vor Beginn der Bundesligaspielzeit hatten Experten und Fans eine klare Vorstellung dessen, wie sich das Tableau der Liga darstellen würde. Oben thront einmal mehr der FC Bayern, um die internationalen Plätze streiten sich namhafte Klubs, gegen den Abstieg müssen sich Augsburger, Freiburger oder Bremer wehren. Und Hamburger natürlich.
Wobei die Fußballprofis aus der Hansestadt eine fiese Nummer abzogen. Täuschten vor, dass sie diesmal nichts mit dem Abstiegskampf zu tun haben würden, dass sie nun Bayern und Dortmund ärgern würden. Zwei Spieltage lang sorgten sie dafür, dass ihren Anhängern der Schädel brummte. Im Gehirn spielte sich Außergewöhnliches ab, der dritte Tabellenplatz strapazierte die Neuronenverbindungen. Geradezu beruhigend wirkt da die jetzige Rückkehr in die Abstiegszone, Hsv-hirne verfallen in eingeübte Muster, Fans verorten ihren Klub, wie jahrelang gewohnt, ans untere Ende der Tabelle.
Gut zu wissen: Das Gehirn mag faul sein, ist aber bereit zu lernen und sich anzupassen, wenn ihm etwas Unerwartetes begegnet. Nachteil: Das kann dauern. Mensch spürt das, wenn etwa auf Winterzeit umgestellt wird. Ob Peter Stöger dies noch als Kölner Trainer erlebt? Lange sollte er nicht mehr brauchen, um seine Spieler zum Umdenken zu bewegen. Sonst muss er sich nach etwas Neuem – Stichwort: Veränderung – umsehen.
Nach acht Spieltagen hat sich die Bundesligatabelle sortiert. Bewährte Klubs stehen oben, bewährte unten. Das faule Menschenhirn lehnt sich entspannt zurück, befreit von Überraschendem und Anpassungsstress. Wäre da nicht der FC Augsburg. Er tummelt sich weit oben im Klassement, obwohl etliche ihn weit unten erwartet hätten. Und hält damit Denkprozesse in den Köpfen der Fußballfans am Laufen.
Verharrt der FCA auf einem einstelligen Tabellenplatz, führt er eine dauerhafte Veränderung herbei – gleichzusetzen mit einem Istzustand, mit Gewohntem und Bewährtem. Dies wiederum gefällt dem faulen Gehirn natürlich.