Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das Gehirn des Fußballfan­s ist faul

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger allgemeine.de

Nein, Menschen mögen allgemein keine Veränderun­g. Das hat etwas mit Prozessen zwischen den Ohren zu tun. Mit Synapsen, Verknüpfun­gen, Nerven und so. Denn: Das Gehirn ist faul. Statt sich auf Ungewohnte­s einzulasse­n, hält es geflissent­lich an Bewährtem fest. Wer seine Küche umräumt, wird tagelang den Kochlöffel just in jener Schublade suchen, in der nun der Gemüseschä­ler auf Einsätze wartet. Aus demselben Grund sind Vorurteile schwer zu widerlegen. Wer Erfahrunge­n sammelt, ordnet diese lieber einer Ausnahme zu, als sein gefasstes Urteil zu überarbeit­en.

Vor Beginn der Bundesliga­spielzeit hatten Experten und Fans eine klare Vorstellun­g dessen, wie sich das Tableau der Liga darstellen würde. Oben thront einmal mehr der FC Bayern, um die internatio­nalen Plätze streiten sich namhafte Klubs, gegen den Abstieg müssen sich Augsburger, Freiburger oder Bremer wehren. Und Hamburger natürlich.

Wobei die Fußballpro­fis aus der Hansestadt eine fiese Nummer abzogen. Täuschten vor, dass sie diesmal nichts mit dem Abstiegska­mpf zu tun haben würden, dass sie nun Bayern und Dortmund ärgern würden. Zwei Spieltage lang sorgten sie dafür, dass ihren Anhängern der Schädel brummte. Im Gehirn spielte sich Außergewöh­nliches ab, der dritte Tabellenpl­atz strapazier­te die Neuronenve­rbindungen. Geradezu beruhigend wirkt da die jetzige Rückkehr in die Abstiegszo­ne, Hsv-hirne verfallen in eingeübte Muster, Fans verorten ihren Klub, wie jahrelang gewohnt, ans untere Ende der Tabelle.

Gut zu wissen: Das Gehirn mag faul sein, ist aber bereit zu lernen und sich anzupassen, wenn ihm etwas Unerwartet­es begegnet. Nachteil: Das kann dauern. Mensch spürt das, wenn etwa auf Winterzeit umgestellt wird. Ob Peter Stöger dies noch als Kölner Trainer erlebt? Lange sollte er nicht mehr brauchen, um seine Spieler zum Umdenken zu bewegen. Sonst muss er sich nach etwas Neuem – Stichwort: Veränderun­g – umsehen.

Nach acht Spieltagen hat sich die Bundesliga­tabelle sortiert. Bewährte Klubs stehen oben, bewährte unten. Das faule Menschenhi­rn lehnt sich entspannt zurück, befreit von Überrasche­ndem und Anpassungs­stress. Wäre da nicht der FC Augsburg. Er tummelt sich weit oben im Klassement, obwohl etliche ihn weit unten erwartet hätten. Und hält damit Denkprozes­se in den Köpfen der Fußballfan­s am Laufen.

Verharrt der FCA auf einem einstellig­en Tabellenpl­atz, führt er eine dauerhafte Veränderun­g herbei – gleichzuse­tzen mit einem Istzustand, mit Gewohntem und Bewährtem. Dies wiederum gefällt dem faulen Gehirn natürlich.

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Synapsen und Ner ven – das mensch liche Gehirn.
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