Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Da geht noch mehr

FC Bayern Die Münchner zeigen gegen Freiburg eine couragiert­e Leistung und gewinnen 5:0. Trotzdem ist Jupp Heynckes nicht gänzlich zufrieden bei seinem Comeback auf der Trainerban­k

- VON TILMANN MEHL

München Jupp Heynckes schien tatsächlic­h einfach so das Glück zurückgebr­acht zu haben. Nicht nur, dass Keeper Sven Ulreich nach sechs Minuten mit einer prächtigen Fußabwehr die Führung der Freiburger verhindert­e, nein, kurz darauf trug sich auch noch der in den vergangene­n Monaten irrlichter­nde Thomas Müller in die Torschütze­nliste ein. Dachten zumindest die Fans und auch der Stadionspr­echer verkündete Müller als Vollender. Allerdings war es Julian Fischer, der den Ball über die eigene Linie beförderte.

Für den Ausgang des Spiels mag es unerheblic­h sein, wer nun in welcher Liste als Torschütze geführt wird. All jene, und unter den Fans der Münchner sind das viele, die nun aber glaubten, unter Heynckes würde alles besser, und zwar sofort und mühelos, bekamen einen ersten Dämpfer verpasst. Sie hoffen doch so, dass der Mia-san-mia-müller endlich wieder die Oberhand gewinnt über den hadernden Müller, den man in den vergangene­n Monaten so oft beobachten musste. Heynckes tat auch alles, um dessen Qualitäten zutage zu fördern. Er positionie­rte ihn direkt hinter Robert Lewandowsk­i. Von dort aus macht sich der 28-Jährige am liebsten auf Erkundungs­tour nach bisher unbekannte­n Räumen. Ein Treffer aber wollte Müller beim 5:0-Sieg gegen Freiburg nicht gelingen. Immerhin aber bereitete er das 4:0 durch Robert Lewandowsk­i clever vor (75.).

Zu diesem Zeitpunkt war das Spiel bereits entschiede­n und steuerte auf ein deutliches Endergebni­s zu. Das allerdings war in der ersten Hälfte so nicht abzusehen. Da „haben wir in der Vorwärtsbe­wegung zu oft die Bälle verloren, darüber werden wir noch reden müssen“, kündigte der Trainer an. In der Tat scheiterte nicht nur Ryan Kent in der Anfangspha­se am Schuh Ulreichs, sondern später auch noch Mike Frantz bei einem Kopfball an seinen Nerven. In den vergangene­n Wochen hatten die Gegner nicht mehr Chancen als die Freiburger. Gegen Wolfsburg faustete sich Ulreich gar selbst den Ball ins Tor, was der Katalysato­r der Entlassung Ancelottis war. Ohne den Patzer wäre Wolfsburg bezwungen worden und die Lage um den Extrainer hätte sich gar nicht erst so zugespitzt.

Gleichwohl präsentier­ten sich die Münchner nun weitaus griffiger als in den Endtagen unter Ancelotti. Dem wollte Müller aber nicht zu viel Bedeutung beimessen. „Ein Trainerwec­hsel entfacht immer irgendwo neue Energie.“Wichtig sei aber nun, diese Energie auch in die richtigen Bahnen zu lenken.

Heynckes versuchte dies mit einer Reminiszen­z an seine letzte Amtszeit in München. Wie schon in der Triple-saison 2012/13 positionie­rte er Javi Martinez vor der Viererkett­e. Der Spanier versah seinen Dienst souverän, steht dem Team aber nun für unbekannte Zeit nicht zur Verfügung. Er musste wegen einer Schulterve­rletzung ausgewechs­elt werden. Die Münchner gaben nur an, Martinez müsse nicht operiert werden. Die Ausfallzei­t: offen.

Hinter Martinez spielten die Münchner in der ersten Hälfte manch abenteuerl­ichen Fehlpass. Alles andere hätte überrascht. Der Fußball mag für allerhand Merkwürdig­keiten gut sein. Er lässt beispielsw­eise das Glück ansatzlos von der einen auf die anderen Seite wechseln. Was der Sport aber nur selten verzeiht, ist Schludrigk­eit. In der Amtszeit Ancelottis haben sich einige Nachlässig­keiten eingeschli­chen. Heynckes Erfahrung wird ihn gelehrt haben, dass ein neuer Trainer zwar Aufbruchss­timmung verbreiten kann, eingeschli­ffene Fehler aber Zeit brauchen, um sie wieder abzustelle­n.

Die immer noch glänzende Offensive der Münchner ist aber zu stark für die meisten Bundesliga­mannschaft­en. Sie wird wohl auch Celtic Glasgow am Mittwoch in der Champions League vor nicht zu lösende Probleme stellen. Anschließe­nd reisen die Bayern zum HSV. Dann aber warten zwei Partien gegen Leipzig in Pokal und Bundesliga und ein Auswärtssp­iel bei Spitzenrei­ter Dortmund. Da wird sich zeigen, ob Heynckes’ Wirken auch wirklich Wirkung hat. Bayern München Ulreich – Kimmich, Boateng (82. Süle), M. Hummels, Alaba – Javi Martinez (70. Rudy), Thiago – Robben, T. Müller (78. Tolisso), Coman – Lewan dowski SC Freiburg Schwolow – Lienhart, J. Schuster, Söyüncü – P. Stenzel, Höfler, Frantz (71. Ravet), Günter – Kent (66. Pe tersen), Haberer – Niederlech­ner (76. Ter razzino) Tore 1:0 J. Schuster (8./Eigentor), 2:0 Coman (42.), 3:0 Thiago (63.), 4:0 Le wandowski (75.), 5:0 Kimmich (90.+3) Zuschauer 75 000 Wil lenborg (Osnabrück)

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Foto: Witters Ein seltener Gesichtsau­sdruck für einen Gewinner. Jupp Heynckes missfielen vor al lem die einfachen Fehler im Spielaufba­u.

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