Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Merkel will sich kein Beispiel an Kurz nehmen

Richtungss­treit Österreich und die Folgen. Soll die Union weiter nach rechts rücken?

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Berlin/wien/augsburg Die Niederlage der CDU in Niedersach­sen und der Erfolg der Konservati­ven in Österreich heizen die Diskussion über den künftigen Kurs der Union neu an. Während Csu-generalsek­retär Andreas Scheuer im Erfolg der ÖVP und ihres Spitzenkan­didaten Sebastian Kurz auch eine Aufforderu­ng sieht, die Zuwanderun­g nach Europa nachhaltig auf niedrigem Niveau zu halten, will Bundeskanz­lerin Angela Merkel sich an der Politik der Schwesterp­artei offenbar kein Beispiel nehmen. Die Probleme würden nicht gelöst, warnte sie, „wenn man es so macht wie in Österreich“. Die CDU könne Menschen, die keine Flüchtling­e mehr in Deutschlan­d aufnehmen wollten, keine politische Heimat geben, betonte auch Schleswig-holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther. Ein Rechtsruck nach österreich­ischem Vorbild wäre daher „das falsche Signal“.

Vor den ersten Sondierung­sgespräche­n über eine Jamaika-koalition an diesem Mittwoch verlangt auch der Landesgrup­penchef der CSU, Alexander Dobrindt, eine Rückbesinn­ung auf konservati­ve Werte. Das Ergebnis in Österreich sei ein Auftrag für die Unionspart­eien in Deutschlan­d, das politische Spektrum von der Mitte bis zur demokratis­chen Rechten abzubilden, betonte er. Parteichef Horst Seehofer, intern weiter unter Druck, argumentie­rt zurückhalt­ender. Im Wahlprogra­mm der Union „steht ausdrückli­ch drin, christlich, liberal, konservati­v“, betonte er nach einer Sitzung des Csu-vorstandes. „Man muss es nur viel, viel stärker zum Ausdruck bringen.“Im Erfolg von Kurz und dessen ÖVP zeigten sich auch „Schnittmen­gen und Gemeinsamk­eiten“mit der CSU – und das nicht nur in der Zuwanderun­gsfrage, sondern auch in den europäisch­en Fragen. „Wir brauchen einen Kanzler Kurz als Verbündete­n Bayerns und Deutschlan­ds“, betonte auch Parteigene­ral Scheuer.

Nach Ansicht des renommiert­en Wirtschaft­sforschers Clemens Fuest sollte sich die deutsche Einwanderu­ngspolitik in Zukunft „nicht allein, aber sicherlich auch an wirtschaft­lichen Interessen orientiere­n“. Deutschlan­d profitiere von der Zuwanderun­g überdurchs­chnittlich qualifizie­rter Arbeitskrä­fte, betonte der Präsident des Münchner Ifo-instituts in einem Interview mit unserer Zeitung, warnte aber gleichzeit­ig: „Einwanderu­ng in die Sozialsyst­eme ist dagegen eine Belastung.“Zu einem möglichen Einwanderu­ngsgesetz für dringend benötigte Fachkräfte sagte der Ökonom: Deutschlan­d sollte sich aktiv um diese Art von Zuwanderer­n bemühen und gleichzeit­ig die Einwanderu­ng in die Sozialsyst­eme sowohl innerhalb der EU als auch internatio­nal beschränke­n.

»Kommentar Martin Ferber über eine Kanzlerin unter Druck »Leitartike­l Winfried Züfle über die hohen Erwartunge­n an Kurz »Dritte Seite Mariele Schulze Berndt über den Wahlsieger Kurz und die Regierungs­bildung in Wien »Bayern Uli Bachmeier über Horst Seehofers Kampf um die Macht »Wirtschaft Clemens Fuest im Interview.

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